Kapitel 22

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Sophia

»Und dann sag ich so zu ihr, das Shirt ist nicht einfach nur blau, es ist auch nicht lapis, es ist azur. Und es müsste Yves Saint Laurent gewesen sein, der azurblaue Abendkleider entworfen hat, darauf folgte Louis Vuitton mit azurblauen Handtaschen bis dann schließlich -und traurigerweise- azurblau zu billigen Kaufhausshirts wie ihrem durchgesickert ist. Und so was macht mich jedes Mal wieder auf's Neue wütend.«

»Ahm... okay? Aber Soph, um beim eigentlichen Thema zu bleiben, du kannst Jason so was sagen. Wir Typen verstehen das - mehr oder weniger«, sagte Adam und schnippte sich noch etwas Karamellpopcorn in den Mund, während ich mich auf Dallas Bett zurückfallen ließ. »Wirklich?«

Das Gespräch mit Adam war nicht mal annähernd komisch oder unangenehm gewesen - im Gegenteil, es war gut jemanden zum Reden zu haben und alles mal rauslassen zu können und Adam war unglaublich einfühlsam, verständnisvoll und ehrlich an meinem Problem und einem dazugehörigen Lösungsweg interessiert, genauso daran, dass es mir besser gehen sollte. Das Beste daran war auch, dass Adam mir als Mann eben besser als jede beste Freundin sagen konnte, wie Männer eben ticken.

Ich sah ihn nicken. »Yep, tun wir. Wir sind auch nur Menschen. Auch wenn wir manchmal länger und mehrere Wiederholungen brauchen um etwas zu verstehen.«

»Komplizierte Menschen«, murmelte ich und setzte mich wieder auf. »Erzähl mir was über Dallas.«

Das Popcorn, welches er sich gerade in den Mund werfen wollte, verfehlte sein Ziel und landete auf seiner Stirn, von wo es auf den Boden fiel. Ungläubig sah Adam mich an. »Ich soll... was? Was hat das mit deinem Problem zu tun?«

Ich rollte meine Augen. »Du hast mich schon verstanden Adam, erzähl mir was über ihn, irgendwas - ich weiß so gut wie gar nichts über ihn.«

»Ahm Sophia hör zu...«, er räusperte sich unsicher. »Ich... das ist keine gute Idee. Wenn er dir nichts von sich aus erzählt, dann wirst du auch nichts erfahren«, meinte er und mich beschlich ein dunkles Gefühl, dass Dallas vielleicht doch nicht einfach nur irgendein ein Austauschschüler war. Ich schüttelte meinen Kopf. Wenn ich jetzt schon mal die einmalige Gelegenheit dazu hatte etwas von Dallas' bestem Freund, der Quelle schlechthin, zu erfahren, dann würde ich diese Chance auch ergreifen. »Adam, das Einzige, was ich von ihm weiß ist dass er Brite ist, aus Cardiff kommt und Wirtschaftswissenschaften studiert«, stöhnte ich genervt darüber, dass ich ja wirklich so gar nichts über ihn zu wissen schien.

Adam zog verwirrt seine Augenbrauen zusammen. »W-Wirtschaftswissenschaften? Das hat er dir erzählt?«

Skeptisch verschränkte ich meine Arme vor der Brust und musterte Adam prüfend. »Ja, das hat er gesagt«, bestätigte ich und zog das 'Ja' in die Länge. »Adam willst du mir da vielleicht irgendwas sagen?«

Er kratzte sich am Hinterkopf. »Ich sag dir was über ihn, Sophia: schnüffel nicht in seinem Leben herum, denn egal was du findest es wird dir nicht gefallen - Dallas hat Dinge Erlebt, nach denen sogar ich nicht frage

Mit leerem Blick starrte ich an die weiße Wand. Was er mir damit sagen wollte war klar; stell Dallas keine Fragen sonst bereust du es. Aber wieso? Was konnte es in seinem Leben so schlimmes geben, dass er mit niemandem darüber sprach und sogar versuchte mit Lügen zu verschleiern? Ich merkte fast gar nicht wie Adam sich von mir verabschiedete, sodass ich ihm nur noch ein hilfloses »Warte!« hinterherrufen konnte, doch da war er schon offline gegangen und ließ mich mit offenem Mund und wirren Gedanken zurück.

Konnte es sein, dass Dallas bisher vielleicht nicht ganz ehrlich zu uns allen war? Ja, genau so sah es aus. Denn nach Adam's Kommentar grade eben, kaufte ich ihm das mit seinem Studium kein Bisschen mehr ab. Ehrlich gesagt, glaubte ich ihm gerade gar nichts mehr. Aber wieso hatte er, was das betraf, überhaupt gelogen? Ich klappte Dallas Notebook zu uns ließ meinen Kopf zurückfallen. »Danke dafür Adam«, murmelte ich.

***

»Nur noch zwei Stunden, dann haben wir's geschafft.« völlig fertig lehnte sich Mira gegen die Spinde und gab ein Laut wie ein Fagott von sich, was mich zum Grinsen und Jason zum Lachen brachte. Ich stieß sie freundschaftlich mit dem Ellbogen an. »Sieh's mal so: ihr zwei habt jetzt Spanisch, während ich mich mit Miss Lynch in Philosophie rumschlagen, und über das Leben sinnieren darf«, sagte ich und konnte nicht anders, als bei dem bloßen Gedanken an die alte Frau mit einer besorgnis erregenden Vorliebe dafür, Schüler zu foltern, sich meine Laune um einiges verschlechterte und mein Gesicht so missmutig sein musste, dass es Mira und Jason wiederum unfassbar lustig fanden. »Komm schon Babe, du wirst es überleben.« Jase zwinkerte mir süß zu, was meine Laune dennoch nicht hob.

»Na holla, lil' Miss Sunshine«, wie immer genau dann, wenn man es am wenigsten erwartete. Ich sah zu Dallas, der mir einen schrägen Blick zuwarf, während er entspannt neben mir stehen blieb. »Du platzt ja fast vor guter Laune.«

Mira grinste verschmitzt, schulterte ihren Rucksack und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Na ja. Jase, wir müssen los. Und du Soph, hast ja noch ihn zur Verteidigung gegen Miss Lynch - ich bin sicher da bekommt sogar diese alte Hexe Angst. Wir sehen uns!« und da hatte sie sich schon meinen Freund geschnappt, dem ich noch nicht mal einen Kuss hatte geben können, was ihm gar nicht zu gefallen schien und rauschte davon.

»Ich hoffe Mira hält ihn gut fest...« jetzt warf ich Dallas einen Seitenblick zu. »Wieso? Weil er dich ansieht als würde er dich am liebsten hier und jetzt umbringen wollen?«

»Du merkst das auch?« überrascht sah er zu mir, ich zuckte meine Schultern. »Schwer es nicht zu merken.«

Als wir wenig später nebeneinander im Klassenzimmer saßen, bemühte ich mich, den Kopf unten zu halten und unauffällig zu wirken, während ich in meinem Kopf immer wieder einen Satz wiederholte, der zu einem routinemäßigen Mantra für diesen Unterricht geworden war.

Callen ich hasse dich.

Und während ich hier unauffällig herumsaß, verpasste Dallas keine einzige Gelegenheit, irgendwelche Scheiße zu machen, damit durchzukommen und auch noch nie erwischt zu werden. Wie machte er das?
Immer wenn Miss Lynch sich zu uns umdrehte, machte sie wutentbrannt jemanden zur Schnecke, nur eben nie Dallas, der es eigentlich war.

Er lehnte sich ein Stück zu mir herüber, als ich missmutig auf meinem Block herumkritzelte. »Mal so ganz unter uns«, er grinste. »Du hasst null bock hier zu sein, also, wieso hast du dann Philosophie gewählt?«

Ich seufzte leise. »Weil Callen meinen Wahlzettel manipuliert hat«, zischte ich böse. Aber mein Bruder hatte es nicht besser verdient. Nur wegen ihm saß ich hier! Dieser miese, kleine-

»Fräulein McClair!« mein Kopf fuhr hoch, sodass ich geradewegs in das Gesicht von Miss Lynch sah, die direkt vor meinem Tisch stand. »Was ist ihrer Meinung nach das menschlich Schlimmste, was man tun kann?«

Was?! Das hatte doch nicht mal annähernd irgendwas mit dem Thema zu tun! Auch wenn ich keinen blassen Schimmer davon hatte, was das Thema eigentlich war...

»Ähm... also, meiner Meinung nach wäre das Untreue.«

Sie starrte mich noch einige Sekunden lang vernichtend an, bis sie mit einem »passabel« von mir abließ, sich dann aber Dallas zuwandte. »Und Sie, Mister...«, sie schnipste ein paar Male, als würde es ihr so wieder einfallen.
»Evans«, sagte Dallas tonlos.

»Beantworten Sie mir meine Frage, Mister Evans. Jetzt.« sie versuchte anscheinend, Dallas mit einem niederstechenden Blick einzuschüchtern, was bei ihm aber nicht die geringste Wirkung zu haben schien. Was mich aber tatsächlich hellhörig werden ließ, war seine Antwort, die keine Sekunde später folgte.

»Verrat.«

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Nein, dieses Buch geht weiter. Aber dafür ist die Inspiration grade etwas gering... na ja, wir hoffen ihr seid noch mit dabei und kommentiert, lest und votet weiter fleißig mit😊

Und oh Mann, in dem Kapitel gab es so viele Anspielungen... was denkt ihr jetzt über Dallas? Theorien?

Wir sehen uns alle wieder, bis dann!
~May&Bae

Dallas - Just one Year Where stories live. Discover now