03 | Gefangen im Schreiben

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"I had to create a world of my own, like a climate, a country, an atmosphere in which I could breathe, reign, and that, I belive, is the reaosn for every work of art" - Anais Nin

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"I had to create a world of my own, like a climate, a country, an atmosphere in which I could breathe, reign, and that, I belive, is the reaosn for every work of art" - Anais Nin

Heute sollte eigentlich ein anderes Thema kommen, aber da mich dieses Phänomen, dieser Zustand, welcher ich zur Zeit so stark verspüre, so beschäftigt, muss ich es einfach niederschreiben.

Ihr kennt bestimmt diese typischen Darstellung von Autoren in den Filmen? Mit verstrubbelten Haaren, einer Brille auf der Nase, chaotisch, mit dem einen Bein leben sie in ihrer Geschichte, mit der anderen in der Realität - genau so geht es mir zur Zeit.

Aktuell habe ich Ferien, noch genau 4 Woche, bevor meine Ausbildung anfängt. Da ich die letzten 7 Jahren nur in der Schule verbracht habe, so viel Ferien und Freizeit hatte und nun die harte Arbeitswelt auf mich wartet, habe ich mir vorgenommen, die Zeit noch intensiv für meine Ideen zu nutzen. Ich möchte so viel schreiben wie es geht, denn vielleicht habe ich später keine Zeit mehr dafür.

So besteht mein Tagesablauf aus, Frühstück, Schreiben, Mittagessen, schreiben, spazieren gehen, schreiben, Sport, Nachtessen, schreiben, Serien schauen, schlafen.

Und wie soll ich das erklären - ich habe langsam das Gefühl, dass ich mich immer weiter in meinen Geschichten verliere. Zur Zeit kann ich nicht aufhören, an meinem historischen Roman "Die Leiden der Nachtigall" zu schreiben.  Die Worte fliessen aus mir heraus und die Charaktere sind mir bereits so ans Herzen gewachsen. Ich träume von dieser Geschichte, fühle mich mit jedem Song , den ich höre, zu ihnen verbunden. Immer wenn ich aufstehe, freue ich mich, wieder daran weiterzuschreiben, ihre Geschichte zu erzählen. Wenn ich mal nicht schreibe, bin ich mit meinem Kopf dennoch bei meinen Charakteren. Ich lebe in dieser Welt, spreche mit den Charakteren und verliere mich darin. Bei keiner Geschichte hatte ich je einen solch starker Drang, weiter zu schreiben.

Aber auch sonst, mit meinen anderen Ideen, verhält es sich genau gleich. Ich habe das Gefühl, dass ich mit jeder Idee, welche ich zur Zeit verfolge und plane, ein Stück meiner Vergangenheit oder meines Ichs verarbeite. Ich weiss, es klingt unglaublich pseudopoetisch und spirituell. Aber tatsächlich fühlt es sich so an. Selten habe ich aus solcher Leidenschaft, aus so tiefem Herzen geschrieben, so viel Zeit investiert. Und jede Geschichte ist anders, behandelt andere Schwerpunkte, erleben andere Abenteuer und dennoch sind sie alle miteinander verbunden.

Aber leider, leider hat es auch eine dunkle Seite. Ich merke, wie ich immer mehr der Bezug zur Realität verliere. Ich habe keine Lust mehr, mit meinen Freunden etwas zu unternehmen, sondern möchte lieber schreiben. Und je mehr ich schreibe, desto mehr beschäftigen mich meine Geschichten. Wie bereits erwähnt träume ich davon und das Gefühl steckt immer tiefer in meiner Brust. Ich habe so einen Drang in mir, weiter zu schreiben. Heute zum Beispiel ist es mir sogar passiert, wie ich eine Erinnerung hatte, wobei ich meinte, sie sei mir wirklich passiert - dafür war es nur ein Traumausschnitt oder eine Geschichtsidee. Ich verliere mich immer mehr und das ist sehr ungewohnt. Es würde so einfach gehen, in seiner eigenen Welt zu verschwinden - wie Alice.

Dieses Phänomen hat mir einfach wieder gezeigt, das Schreiben Magie ist. Sie entführt uns, verändert unser Denken, inspiriert uns, beeinflusst unser Handeln - wenn wir uns vollkommen darauf einlassen. Eigentlich ist es ja auch nicht erstaunlich, denn wir erschaffen neue Welten, formen neue Charaktere, bestimmen ihr Leben - grundsätzlich spielen wir Gott. Wenn wir uns darauf einlassen, erwecken wir unsere Geschichten zum Leben. Als wären wir stille Zuschauer, welche mit Popcorn dastehen, und das Handeln unser Charaktere kommentieren und dokumentieren würden. 

Schreiben ist der perfekte Zufluchtsort, denn wir können uns unser eigenes Paradies erschaffen und uns vollkommen darin verlieren.

Aber wie bei allen Dingen sollte man die Balance zwischen Realität und Fiktion finden. Daher geniesse ich diese intensive Schreibzeit noch, aber bin dann auch froh, wenn ich einen geregelten Alltag habe und dann am Abend zurück in meine eigene Welt reisen kann.

Geht es euch ähnlich?

Lebt ihr in euer Geschichte?

Kennt ihr das, wenn man einfach nur schreiben möchte?

Wie findet ihr die Balance zwischen Realität und Fiction?

Was sind eure Gedanken dazu?


(Anmerkung: Dieser Artikel wurde im Herbst 2018 geschrieben)


Schreiberling - Ein Blog übers SchreibenWhere stories live. Discover now