07 | Es gibt kein Richtig oder Falsch

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"Es gibt kein Richtig oder Falsch"

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"Es gibt kein Richtig oder Falsch"

Das ist wohl das Resümee, was ich von diesem Wattpadjahr 2018 gelernt und mitnehmen darf.

Der Impuls, darüber einen Artikel zu schreiben, kam mir jetzt ganz spontan dadurch, dass ich die vorherigen Beiträge und besonders die Kommentare angeschaut habe. Es gibt so viele verschiedene Meinungen und Ansichten, so viele Bestätigungen aber auch Widersprüche und teilweise auch Aussagen wie "das ist nicht gut, dies sollte man nicht tun, das ist falsch etc." - und das hat mich zum Nachdenken gebracht.

Zuerst einmal ist für mich das Schreiben eine Kunst. Und Kunst ist individuell, undefinierbar und interpretierbar. Und bereits diese drei Adjektive stellen für mich diesen Satz dar. Was nicht klar definiert und interpretierbar ist, kann nie richtig oder falsch sein. Es hängt vom Blick des Betrachters ab, von seinen eigenen Ansichten, Normen und Definitionen. Man schwebt in einer Sphäre, zwischen individuellen Bewertungen, die sich gegenseitig anziehen aber auch abstossen. Und grundsätzlich ist das bewusste Erschaffen immer für einem selber das Richtige!

Aber man merkt - auch der Titel und dieser Beitrag ist gegensätzlich. Nicht nur, weil meine Meinungen auch nicht richtig oder falsch ist, sondern auch weil das Schreiben, so einige Tücken und Gegensätze hat.

Im Gegensatz zum Zeichnen, wo man (grundsätzlich) tun und lassen kann, was man möchte, unterliegen dem Schreiben dennoch so einige Regeln und formale Ansprüche. Um es besser zu erläutern, brechen wir "Schreiben" mal in drei Bereiche: Regeln, Technik, Fantasie".

Ich kann es wohl nicht abstreiten - beim Schreiben gibt es klare Regeln - nämlich die Orthographie und Interpunktion. Sie ist klar vorgegeben und dort gibt es wohl "Richtig oder Falsch". Ich schätze, dies ist besonders auf Wattpad der grösste Knackpunkt. Oftmals wird in den Kommentaren eher über Fehler diskutiert, als über die Charakterentwicklung oder die Interpretation der Geschichte. Für viele hier scheint Orthographie und Interpunktion fast schon das Wichtigste an einem Roman zu sein. Es gibt nicht nur User, die gezielt mit Duden kommen und jeder kleinste Fehler anmerken, aber den Inhalt vernachlässigen. Ausserdem gibt es auch Kommentare wie: "Der Inhalt ist eigentlich gut, aber wegen der Rechtschreibung kann ich nicht mehr weiter lesen".

Und da stellt sich für mich bereits die Auflösung dieses Gegensatzes. Ja, Schreiben befolgt gewisse Regeln, aber das macht allemal nicht die ganze Tätigkeit aus. Orthographie und Interpunktion mag wohl ein wichtiger Teil unseres Schaffens sein, aber eigentlich ist es nur ein minimales Bruchstück. Denn "unser" Schreiben unterscheidet sich zu Briefen und normalen Texten genau wegen den nächsten Punkten - die Technik des Geschichtenerzählens und unsere Fantasie.

Die Technik. Das Mittelstück zwischen "Regeln" und "Fantasie". Wie beim Zeichnen gehört zum Schreiben auch eine gewisse Technik dazu. Wie erzeugt man Spannung? Wie reihe ich die Wörter aneinander, dass es einen angenehmen Lesefluss gibt? Wie entwickle ich einen Schreibstil? Wie verbinde ich Gefühle mit Handlung und Landschaftsbeschreibungen? Wie setzte ich "show don't tell" um? All diese Fragen gehören für mich in diesen Bereich.

Und jetzt wird es knifflig! Gibt es für euch bei "Technik" richtig oder falsch? Oder ist auch hier wieder alles nur Geschmackssache?

Für mich ein jein. Wir Menschen lieben das Vertraute, das Gewohnte. Und dies zeichnet sich auch in unserem Lese- respektive Schreibverhalten ab. Besonders was Satzstruktur, Wortwahl, Schreibstil und Nutzung von rhetorischen Mittel anbelangt. Das merkt man nur schon krass auf Wattpad. Diejenigen, die lieber komplexe, hoch geschriebene und tiefgründige Romane lesen, sind die Badboysromane oftmals zu klischeehaft und stumpf. Für andere hingegen, wo lieber leichte Literatur lesen, sind die schönsten Fantasyromane zu komplex und anstrengend zum Lesen. (Wer hier gerade über die Lesegruppen urteilt, beweist gerade die Aussage hehe.)

Gewisse mögen Sätze voll mit rhetorischen Stilmittel, die zwar anstrengend zum Verstehen und den Lesefluss behindern, dafür aber runtergehen wie Honig. Andere mögen dafür knackige Geschichte, ohne grossen Schnickschnack.

Ein persönliches Beispiel wäre das Wort "welcher". Ich persönlich mag dieses Wort sehr und kann nicht verstehen, wie viele sagen, dass es unschön ist und man es nicht verwenden soll. Eine Zeit lang habe ich strengstens versucht es in meinen Texten zu vermeiden, aber aktuell bin ich an einen Punkt angelangt, wo ich einfach drauf los schreibe. Teilweise mit "der", teilweise aber auch mit "welcher".

Zusammengefasst ist es hier für jeden Geschmackssache und gibt somit auch kein "Richtig oder Falsch".

Was aber für mich persönlich klar objektiv gewertet werden kann, ist die Charakterentwicklung, Weltgestaltung und natürlich die Logik. Hier gibt es für mich klar, was schön und was unschön verarbeitet wurde. Logikfehler können klar als Fehler gezählt werden, solange sie nicht absichtlich und bewusst eingefügt wurden. So kann man wohl sagen, alles was nach gewissen Prinzipien, Regeln und Abläufen passiert, kann klar bewertet und definiert werden. Zum Beispiel das bekannte Thema "Magie" im Genre Fantasie. Wenn plötzlich der Tod überwunden werden kann oder man stärker als der Antagonist ist, ohne irgendwelche Fähigkeiten zu haben - widerspricht sich das und mindert die Glaubwürdigkeit und Tiefgründigkeit des Inhaltes.

Ein persönlicher Punkt, was ich hier noch gerne erwähnen möchte und auch zu Technik gehört, ist der Artikel "Odyssee durch die Ideenvielfalt". Besonders dort haben einige kommentiert, dass es "falsch" sei, so viele Projekte anzufangen und seinen Ideen so viel Raum zu geben. Das hat mich sehr gestört.

Denn besonders WIE man das Schreiben auslebt, kann man nicht in "richtig oder falsch" einteilen und sollte daher auch nicht andere beschuldigen oder gar verurteilen. Die Intention, ob man jetzt nur für sich schreibt oder um damit Geld zu verdienen oder die Vorgehensweise, ob man jetzt plottet oder nicht - all das ist so individuell und muss jeder Schreiberling für sich ausmachen. Vieles beim Schreiben ist so abhängig von der Intention. (Ein Thema, dass ich 2019 behandeln möchte) und kann sich Tag für Tag schlagartig ändern. Ich persönlich konzentriere mich zur Zeit auch nur auf 2 Hauptprojekte, einfach weil ich so die Zeit effektiver nutzen kann. Aber ob das richtig oder falsch ist - kann jeder für sich selber entscheiden!

Und so kommen wir auch schon zum wichtigsten Punkt. Der Teil, der für mich "unser" Schreiben ausmacht und die ganze Tätigkeit so magisch faszinierend macht - die Fantasie.

Und dort bin ich mir ganz sicher, dass es kein "Richtig oder Falsch" gibt. Die Fantasie ist grenzenlos! Man kann herumprobieren, neues erschaffen - es gibt einfach keine Grenzen. Und wenn es sie gibt, dann nur von uns oder von anderen aufgestellt. Und schlussendlich hindern uns Grenzen nur davor, unser Selbst vollkommen kreativ auszuleben. Jede Facette, jede Idee und jedes Wort.

Zusammengefasst ist das Schreiben, wie alle anderen Kunstformen, für mich eine Interpretation ein Ausprobieren, eine Freiheit, abhängig vom Auge des Betrachters. Es gibt kein richtig oder falsch - alles ist erlaubt.

Und mit diesem Motto möchte ich in das Jahr 2019 starten. Es wird für mich Zeit, Schreiben wie das Zeichnen auch individuell, experimentell und frei auszuleben. Ich möchte meinen Schreibstil entwickeln, meine Fantasie erweitern und meine Techniken verbessern. Ich möchte ausprobieren, experimentieren und mich los reissen, von den Normen und Regeln, die hier auf Wattpad so oft herumgeistern. Denn niemand ausser der Autor selber, kann entscheiden, was für EINEM "richtig oder falsch" ist.


Wie seht ihr das?

Was sind eure Erfahrungen mit Grenzen beim Schreiben?

Was sind bei euch Dinge, die man klar in richtig und falsch einteilen kann? Und welche nicht?

Was sind eure Schreibvorsätze, Schreibmottos für das Jahr 2019?


Vielen Dank fürs Lesen vom zweitletzten Artikel im Jahre 2018. Der nächste wird ein Jahresrückblick sein und dann starten wir frisch ins neue Jahr! Ich freue mich und wünsche euch eine besinnliche Adventszeit!




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