K A P I T E L 2

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In der Prüfungshalle ritt ich Schritt, um meine Stute zu beruhigen. Irgendwann ertönte kurz Musik und direkt danach kam die Stimme aus den Lautsprechern: ,,In der Prüfung 11, dem E-Stil-Springen gewann mit einer Wertnote von 8,5 die Programmnummer 137. Clara Schwarz mit Zimtie. ........."
Als alle beglückwünscht wurden, ihre Schleifen bekommen hatten und ihre Ehrenpreiszettel weggesteckt hatten erklang die Lautsprecherstimme erneut: ,,Wir gratulieren der Siegerin und den Platzierten und bitten zu einem Rechts-bricht-ab im Gallopp. Marsch!" Es ertönte Siegermusik und ich drehte glücklich meine Ehrenrunde mit Zimtie. An der langen Seite zog sie an und machte einen Bocksprung, den ich gekonnt aussaß. Die anderen neun Reiter verließen die Halle, während ich noch meine Einzel-Ehrenrunde genoss. Ich setzte mich tief in den Sattel und gab Zimtie Paraden. Ich trabte leicht und ritt aus der Halle. Es folgte wieder die Abschwitzdecke, meine Jacke und eine Umarmung von meinem Vater. Wir ritten direkt zum Anhänger, da der heutige Turniertag für mich vorbei war. Meine E-Dressur würde morgen erst stattfinden. Insgeheim war ich sehr aufgeregt, weil ich so eine Angst hatte mich zu vereiten. Ich könnte es meinem Vater natürlich erzählen, aber ich ließ es. Schließlich hatte er genug zu tun und freute sich jedes mal, wenn ein Turnier bevor stand. Für ihn hieß es dann einfach mal abschalten und alles vergessen. Ich musterte ihn. Er war ein starker Mann. Er hatte schon Muskeln, aber nicht zu viele, seine Haare waren Schwarz und nicht mehr überall auf dem Kopf. Als hätte er meinen Blick gespürt schaute er mich auch an. Ich erwiderte seinen Blick nicht lange und widmete mich Zimtie. Nach dem wir sie verladen hatten, stiegen wir in das Auto und fuhren los. Es herrschte Stille. ,,Papa?"-,,Ja?"-,,Was meinst du? Wie wird Mama reagieren?" Mein Vater blickte etwas traurig ,,Ich weiß es nicht, Schätzchen! Wahrscheinlich wird es ihr egal sein, aber das macht auch nichts. Ich bin stolz auf dich! Und vielleicht, wenn deine Mutter irgendwann mal nüchtern sein sollte, kann sie ja mal mit kommen. Dann ist es ihr vielleicht nicht mehr so egal." Ich zuckte mit meinen Schultern. ,,Was wünscht du dir eigentlich zum Geburtstag, Clara?"-,,Ach ich weiß nicht. Vielleicht ein Pferd, oder so." Wir mussten lachen. Ich erfasste meinen Gedanken von vorhin aus der Abreitehalle. Ich sprach das Thema "Zimtie abgeben" nicht gerne an, aber irgendwann musste ich es tun ,,Papa? Was...Also...Wie ist das eigntlich mit Zimtie, wenn ich zu groß bin? Wer reitet sie dann? Ich meine, sie ist noch zu jung um in die Rente zu gehen."-,,Mmmhh, da hast du recht. Deine Mutter wird wollen, dass wir sie Leonie deiner Halbschwester geben werden. Ich bin da allerdings nicht so für, aber psssssst! Das habe ich nie gesagt!" Wir lachten. Und im selben Moment war ich niedergeschlagen. Es lag nicht nur daran, dass ich Zimtie an Leonie geben musste, sonder daran dass ich an meine Mutter denken musste. Celina, die neue Frau meines Vaters, war nicht meine Mutter, sondern meine Stiefmutter. Wir nannten sie nur immer meine Mutter, weil ich sehr klein war als meine leibliche Mutter von uns ging und ich mich kaum noch an sie erinnerte. Nur ein altes Foto auf meinem Nachtschrank erinnerte mich an sie. Meine Vater schien zu spüren, worüber ich nachdachte und sagte: ,,Hey Clara! Mach dir keine Sorgen! Deine Mutter ist stolz auf dich, das weiß ich!" Ich lächelte schwach ,,Wenn du meinst!" Ich schaute aus dem Fenster und verlor mich in meinen Gedanken. Ich war traurig. Mein Vater erzählte mir so oft von meiner Mutter und was für eine tolle Person sie gewesen war. Eine tolle Person mit starkem Character. So, wie meine Stiefmutter ihn am Anfang hatte. Und jetzt? Es war schon ein Jahr seit der Hochzeit vergangen und es dauerte nicht lange, bis sie zur Alkoholikerin wurde. Ihre Tochter Leonie brachte sie aus ihrer 1. Ehe mit. Sie war 4 Jahre jünger als ich und ritt bis jetzt ein braunes K-Pony namens Maja. Sonderlich gut war sie auch nicht. Nur leider kam mein Vater auf die "brilliante" Idee, Leonie nach der Hochzeit zu adoptieren und so wurde sie meine Halbschwester. Alle waren von der Idee hin und weg gewesen. Und was war mit mir? Ich saß bei meiner besten Freundin Lea und heulte ohne Ende! Eigentlich sollte ich glücklich sein! Ich hatte mir schon immer eine Schwester gewünscht. Nur irgendwas hatte Leonie, dass ich sie hasste. Vielleicht war es auch einfach das Problem, dass ihre Mutter uns mit dem gesaufe einfach nur auf der Tasche saß.

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