K A P I T E L 12

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Mittlerweile war es Freitag Nachmittag. In den letzten Tagen ist nicht viel passiert, außer dass ich versuchte meinem Vater zu zeigen und zu erklären, dass Whisper ein ganz friedliches Pferd war. Doch diese Versuche scheiterten kläglich daran, dass mein Vater mir nicht mehr zu hörte, sobald der Name Whisper fiel. Ja, ich war sauer auf ihn, weil er sonst nicht so war und mir eigentlich immer zu hörte. Was war nur los mit ihm?

,,Clara wo bist du mit deinen Gedanken? Vergiss nicht dein Pony zu reiten, während du Däumchen drehst!" Unbehutsam riss mich die Stimme meines Vaters zurück auf den Boden der Realität. Ich gab nur ein beschämtes Nicken von mir, welches ihm signalisieren sollte, dass ich jetzt aufpasste. Denn was ich nicht mitbekommen hatte, war dass ich in der Zeit, in der ich an alles andere dachte als an meine Konzentration, keinen einzigen Sprung fehlerfrei hinter mir gelassen hatte. ,,Was ist denn los mit dir heute?" Jetzt ging Papa zu einem schärferem Ton über. ,,Konzentriere dich doch mal da oben!" Etwas erschrocken über den Ton meines Vaters brachte ich nur ein ,,Tschuldige." raus. ,,So kannst du nicht zu dem Kadertraining morgen!" Ach ja! Das hatte ich ja schon ganz vergessen. Morgen fand das Kadertraining statt, zu dem ich eingeladen war. ,,Aber das soll genug sein für heute." Sagte Papa, während er in den Stall ging.

Ich lobte Zimtie, lies die Zügel aus der Hand kauen und brachte sie anschließend, nachdem ich sie abgesattelt etc. hatte, wieder auf die Koppel.

Seit vorgestern stand Whisper auf der Koppel für unsere Pferde. Es machte mich irgendwie schon einbisschen stolz zu sehen, dass eines der besten Springpferde der Welt auf unserer Koppel stand. Schon einige male hatte ich mir vorgestellt, wie ich mit ihm durch den Parcours ritt und wir uns im Anschluss die goldene Schleife abholten. Zu schön wäre das. Nur leider werde ich ihn auch nicht reiten dürfen, wenn er wieder gesund ist, da mein Vater ja was gegen ihn hatte.

Apropros mein Vater. Ich wollte einen neuen Versuch starten, ihn von der freundlichkeit des Hengstes zu überzeugen. Also suchte ich meinen Vater um mit ihm zu reden.

,,Hey Papa. Hast du kurz Zeit für mich?"
,,Für dich doch immer, mein Engel!"
,,Okay. Dann hör mir bitte bis zum Schluss zu. Gerne kannst du dann was sagen, aber erstmal bin ich dran, ja?"
Er nickte.
,,Pass auf. Ich hab in den letzten Tagen ziemlich viel über Whisper nachgedacht."
Papa seufzte, aber ich sah in mahnend an, woraufhin er wieder schwieg.
,,Ich denke, dass etwas schlimmes mit ihm gemacht wurde, weshalb er auf seinen Reiter losging. Und da es ein Mann war, kann ich mir gut vorstellen, dass er nun Angst vor Männern und noch viel mehr vor fremden Männern hat. Und deshalb hat er Montag auch so gescheut, als du ihn streicheln wolltest. Und jetzt bist du dran."
,,Clara...Hör zu. Ich hab auch schon an so etwas gedacht. Aber wieso konnte ich denn erst so nah an ihn heran?" Ich verdrehte die Augen. ,,Woher soll ich das wissen, Papa? Vielleicht wurde ihm immer nur was angetan, wenn ihn jemand, oder halt ein Mann, festgehalten hat."-,,Mmmh...Klingt logisch." Mein Vater schaute etwas überlegend. ,,Uuuuund?" erwarten sah ich ihn an. ,,Und ich denke, dass wir einen Deal abschließen können." Er lächelte mich verschmitzt an. ,,Der da wäre?" Meine Augen leuchteten hell wie Sterne. ,,Ich erlaube dir, dass du ihn trainieren darfst. Also trainieren, im Sinne von du darfst ihn an Menschen und vorallendingen an Männer gewöhnen. Und wenn du das schaffst, bis seine Verletzung verheilt ist, dann darfst du ihn antrainieren unter dem Sattel. Schaffst du es nicht, kommt er weg." Ich wollte Purzelbäume schlagen, jubeln und die ganze Welt umarmen. Aber ich konnte nur quieken und mein Glück kaum fassen. Gerade so drückte ich ein schrilles ,,Danke!" heraus.

Ich war so überfordert mit der Situation, dass ich mich einfach von meinen Beinen tragen ließ. Und natürlich trugen diese mich in gefühlter Lichtgeschwindigkeit zu Whisper.

Sein Kopf schoß in die Höhe. Er schien meine positive Stimmung zu spüren und kam auf mich zu getrabt. Ja, es war wie im Film und ja, es war kitschig, aber ich genoss den Moment. Es schien perfekt zu sein. Alles andere fiel von mir ab, wie die Blätter im Herbst von den Bäumen.

Mein Vater schaute mir nur hinterher und lächelte. Ich glaube er war einbisschen stolz, dass ich bereits eine so enge Verbindung zu Whisper hatte. Man kann schon sagen, dass es einbisschen wie Liebe auf den ersten Blick war.

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