33. Verhandlungen ✔

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Zeitsprung: im Zug, Nachmittag

Gedankenverloren saß ich neben Harry im Zug und sah aus dem Fenster. Das Treffen heute morgen mit Anne war komisch. Sie war glücklich, dass Harry noch lebte, aber sie war nicht so überrascht darüber, wie ich Anfangs gedacht hatte. Jedenfalls war sie nachdem wir ihr erzählt hatten, dass Harry ein Vampir war, eher komisch, als hätte sie es schon vermutet.
Jedoch ging es dann daran zu klären, wer was von Harry 'erbte'. Gemma und Anne waren glücklich damit, den Pflichtteil vererbt zu bekommen. Den Rest bekam ich, da es ja komisch wäre, wenn von Harry's Konto abgebucht werden würde, wenn er 'tot' ist.

Danach haben wir uns noch etwas unterhalten, bis wir letztendlich nach Deutschland los mussten. Anne und Gemma hatten uns noch zum Bahnhof gebracht und uns mit Tränen verabschiedet. Was Stella, Conner und Taylor angeht, sie blieben zu Hause und warteten darauf, dass wir wieder zurück kommen würden. Wir hätten sie zwar auch gebrauchen können, allerdings hatten sie anscheinend schon schlechte Erfahrungen mit dieser Jägergruppe gemacht und haben sich mit allen Mitteln dagegen gewehrt mit zu kommen. Also gaben wir nach einiger Zeit der Überzeugungsversuche auf.

Mittlerweile waren wir in Köln angekommen, also ging es direkt weiter zu meinen Eltern. In dem Wald von letztens angekommen, gingen wir direkt zum Haus. Ich hatte Harry darauf angewiesen mit etwas Abstand auf mich zu achten, damit sie ihn nicht direkt sahen. Nach einem letzten unsicheren Blick zurück zu Harry, klopfte ich an die stabile Holztür. Wenige Sekunden danach, wurde die Tür auf gerissen und ich wurde rein gezogen. Hinter mir wurde die Tür wieder zu geknallt, während ich gegen die nächst beste Wand gedrückt wurde. Ok, was? Als ich mich beruhigt hatte, realisierte ich erst richtig, wer dort vor mir stand. Es war mein Ex Xian.

"Wie ich sehe bist du gekommen", lachte er. "Nur wo ist dein Freund? Hatte er zu große Angst, dass er seine Freundin vor schickt?", machte er sich über meinen Freund Lustig. Wenn der nur wüsste, dass er das alles noch zurück bekommen würde. "Ich will mit meinen Eltern reden", gab ich trocken von mir und tat mal so als hätte ich ihm nicht zu gehört. "Wer hat gesagt, dass ich dich zu ihnen bringe?" - "Ich finde den Weg auch selber", sagte ich noch immer trocken. Ihn schien meine Reaktion sehr zu überraschen. Damit hast du wohl nicht gerechnet.

Er lief ohne ein weiteres Wort los und ich folgte ihm, bis er vor einer Tür zum stehen kam und mir zeigte zu warten. Er schlüpfte rein und ich stand einfach nur in dem leeren Flur und überlegte, hinter welcher dieser vielen Türen sich Paulina und Laura befinden könnten. Oh man, sie könnten überall sein, dieses Haus ist so riesig. Plötzlich öffnete sich die Tür wieder und Xian kam mir entgegen. Er trat so zur Seite, dass ich an ihm vorbei in den Raum gehen konnte. Hinter mir schloss er die Tür wieder.

Ich stand in einem kleinen Büro. Zwei Schreibtische an denen jeweils ein Stuhl stand. An den Seiten standen teilweise Uralte Bücherregale. Einfach nur schlimm diese Einrichtung. Ich fand sowas ja noch nie schön. Die modernere Einrichtung war definitiv besser. Auf den Schreibtischstühlen saßen übrigens meine Eltern, die mich interessiert ansahen. Stimmt, vielleicht sollte ich anfangen, meine Verhandlung zu starten. Noch ein letztes Mal durchatmen und los geht's. "Was wollt ihr von Harry und mir? Was haben wir euch getan?", kam ich direkt auf den Punkt, meine Eltern schienen das nicht erwartet zu haben. "Schatz, versteh doch. Er ist ein gefährliches Monster und wir wollen dich nur vor ihm beschützen", versuchte mir meine Mutter panisch klar zu machen.

"Mum, er ist kein Monster. Er ist was ganz anderes. Harry ist die Liebe meines Lebens und wenn ihr ihn töten wollt, müsst ihr erst an mir vorbei", lieferte ich tapfer meinen Vortrag. "Woher wissen wir, dass er dich nicht manipuliert hat, das zu sagen?", meldete sich mein Vater zu Wort, der die ganze Zeit schweigend daneben gesessen hatte. "Wenn er mich manipuliert hätte, hätte ich wieder diesen lilanen Schimmer in seinen Augen gesehen, außerdem kann man das maximal aus 100 Metern Entfernung machen, oder täusche ich mich", erklärte ich siegessicher und meine Eltern sahen mich beide mit großen Augen an.

"Woher?", wollte meine Mutter wissen. "Er hat es mir gesagt. Bitte, lernt ihn kennen und ihr würdet ihn mögen. Er ist der netteste Mensch, den ich je kennenlernen durfte", schwärmte ich. Okay, konzentrier dich Zoe. "Warte vor der Tür, wir werden uns unterhalten", sagte mein Vater und schob mich förmlich aus dem Büro. Das das so leicht werden würde, hätte ich jetzt ehrlich nicht gedacht, aber vielleicht würde dieses Treffen ihnen die Augen öffnen. Hoffe ich jedenfalls.
"Zoe, hörst du mich? Wie läuft es bei dir?", fragte er mich in Gedanken. Diese Art zu kommunizieren hatte ich völlig vergessen.

"Ja, ich hör dich und es läuft gut. Wahrscheinlich kommen wir gleich zu dir, damit meine Eltern dich kennenlernen können. Vielleicht lassen sie uns dann endlich in Frieden", erzählte ich ihm. Es kam zwar keine Rückmeldung mehr, aber ich war mir sicher, dass er es gehört hatte.
Es dauerte auch nicht mehr lange, dass die Tür geöffnet wurde und mein Vater mich herein bat. Ich setzte mich auf den Stuhl gegenüber von den beiden und sah sie erwartend an.

"Wir haben uns dazu entschieden, mit ihm zu reden. Uns bleibt ja keine andere Möglichkeit, weil wir sonst unsere Tochter komplett verlieren würden", lächelte meine Mutter und in diesem Moment fühlte ich mich richtig geborgen bei ihr. Mein Vater sah zwar nicht sehr begeistert von der Idee seiner Frau aus, aber das sollte mir gerade egal sein. Fröhlich schloss ich meine Mutter in meine Arme. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit, löste eine ihrer Umarmungen wieder so eine Wärme in mir aus. Es war einfach unglaublich. "Harry, wir werden jetzt kommen. Benimm dich ganz normal und sag nichts falsches", mahnte ich ihn und zog meine Eltern am Handgelenk hinter mir her.

Ich führte sie zu der Höhle, in der Harry sich verstecken sollte, solange ich im Haus war. Wir betraten die Höhle zu dritt, doch Harry war nicht zu sehen. "Und, wo ist dein Freund?", fragte meine Mutter nun merklich aufgeregt. Sie hatte es sich sicher anders vorgestellt den Freund ihrer Tochter kennenzulernen. Plötzlich hörten wir ein husten, dass direkt neben mir ihren Ursprung fand. Harry schlang seine langen Arme um mich und gab mir lächelnd einen Kuss. "Hattest du etwa Angst, Prinzessin?", fragte er schelmisch grinsend. "Oh man, Harry", kicherte ich. Wir hatten fast komplett aus geblendet, dass meine Eltern uns beobachteten.

Mein Vater musterte uns abwartend und meine Mutter hatte ihre steinharte Maske abgelegt und freute sich ehrlich für uns. "Also, erzähl mal Harry. Was magst du an unserer Tochter?", okay? Sind das so typische Vater Schwiegersohn Gespräche? "Sie ist die schönste und wunderbarste Person, die ich je kennen gelernt habe und ich möchte mit ihr einfach nur den Rest unseres Lebens verbringen", strahlte er und lächelte mich an. "Und du wirst ihr ganz sicher nichts tun?", fragte er nun erneut. "Nichts, dass sie nicht auch will", gute Antwort, strengenommen hatte er mir schon was getan. Er hatte mir mein Herz geklaut und will es nicht mehr zurück geben.

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Was bist du? (H.S. FF.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt