Chapter 9 - Brasil

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Ein Blitzlichtgewitter empfing mich, als ich aus dem PrivatJet stieg und kurz in die Richtung der Fotografen winkte.

Ich wusste, dass sie morgen nur über mich berichten würden, genauso wie ich wusste, dass Tommy jeden einzelnen Artikel lesen würde.

Schnell legte ich meine Finger um den Handlauf der Gangway und schritt die kurze Treppe nach unten.
Bereits jetzt stand mir der Schweiß auf der Stirn, so heiß war es.

Dennoch. Bereuen würde ich meinen kleinen Ausflug nicht.
Natürlich würde ich meine Kinder vermissen und natürlich würde ich mich auf dem Laufenden halten, was in London so geschah.

Ich winkte nochmal in Richtung der Journalisten und stieg dann in die wartende Limousine.

Mit einem etwas genervten Blick nahm James auf dem Beifahrersitz platz.

„Was ist los mit dir? Hast du etwa noch nicht ausgeschlafen nach diesen fast 12 Stunden langen Flug?", kicherte ich.

Mit einem angesäuerten Laut, welcher stark nach einem Brummen klang, entgegnete er: „Wohl eher finde ich es viel zu warm hier. Komm' bloß nicht auf die Idee dich an den Strand zu legen!".

Auch wenn ich wusste, dass er sich ein Lächeln abrang, so entgang mir dennoch nicht die Drohung in seinen Worten.

Verstehen konnte ich James.
An seiner Stelle hätte ich auch keine Lust gehabt stundenlang in Anzug und Krawatte in der heißen Sommersonne am überfüllten Strand zu stehen und auf die englische Prinzessin aufzupassen.

„Keine Sorge, wir machen was viel besseres!".

Im Rückspiegel warf mir mein Bodyguard einen halb verwunderten, halb ungeduldigen Blick zu.

Ich schenkte ihm mein breitetes Lächeln und erklärte: „Wir bauen ein Kinderheim!".

James presste die Lippen aufeinander, schüttelte kaum merklich seinen Kopf.

Ich wusste, dass er sich gerne Zeit nahm für Kinder, insbesondere wenn es ihnen nicht so gut ging.
Worin lag also sein Problem?! War es wirklich nur die Hitze?

Er verschränkte seine Arme vor der Brust, senkte seinen Kopf.

„Memo an mich: Schnellstmöglich in Rente gehen!", murmelte er sich selbst leise zu, wohl in der Annahme ich würde ihn nicht hören.

Um nicht zu verraten, dass ich James nur zu gut verstanden hatte, kniff ich meine Lippen zusammen, damit ich nicht zu lachen begann.

Er verdrehte seine Augen und begann sich leise mit dem Fahrer zu unterhalten, während ich noch immer grinsend meinen Kopf an das abgedunkelte Fenster lehnte.
_______

Da ich an diesem Abend einfach nicht zur Ruhe kam und mir das Einschlafen deshalb unmöglich schien, lief ich in der Hotelsuite, welche ich bewohnte, auf und ab.

Ich hatte Heimweh. Aber so richtig.
Jedes Mal, wenn ich versucht hatte meine Augen zu schließen, hatte ich gespürt, wie mir die Tränen kamen.

Sie hatten in meinen Augenwinkeln gebrannt und mich daran erinnert, dass ich eigentlich viel lieber Zuhause wäre als in diesem Hotel.
Dass ich vermisste.

Während ich nun also meine Füße wund lief -vorausgesetzt sowas wäre auf diesem ultraweichen Teppich überhaupt möglich- fuhren meine Gedanken mal wieder Achterbahn.

Und dann -urplötzlich- dachte ich an diesen einen ganz bestimmten Sommertag vor knapp acht Jahren. Die Erinnerung ließ mich fast schon dümmlich grinsen.

Pia und ich hatten uns eine kleine Auszeit genommen und uns in einem Anwesen in Schottland niedergelassen, zumindest für ein paar Tage.

Es war ein angenehm warmer Sommer, ganz in der Nähe des Hauses blühten wunderhübsche Sonnenblumen.
Stundenlang hatten wir am Rande der Wiese gesessen, im Schatten der Bäume, hatten einfach den Moment genossen.

„Ich liebe dich, Charlie. Du kannst dir nicht mal vorstellen wie sehr!“, hatte meine Frau dann wie aus dem Nichts gesagt und mich geküsst. Völlig unvermittelt.

Ich atmete tief durch, versuchte diesen Tag zu verdrängen. Mir war klar, dass wenn ich jetzt melancholisch werden würde, ich mich noch heute Nacht in den Flieger setzten würde und mich auf den Heimweg machen würde.

Doch stur und verletzt wie ich war, wollte ich das einfach nicht zulassen.

Duchess RainbowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt