Zur Hormontherapie und anderen geschlechtsangleichenden Maßnahmen

1K 70 38
                                    


Wenn man Dysphorie beim Anblick in den Spiegel oder bei einfachen Bewegungen verspürt, ist oftmals die Lösung eine Hormontherapie (HRT) zu beginnen, bei der einem das „gegengeschlechtliche" Hormon verabreicht wird.

Bei Trans Männern ist das Testosteron, welches man in Form von einer Spritze oder in Form von Gel bekommt, Trans Frauen bekommen Östrogen, welches man als Pille oder Gel erhält.

Die Hormone sorgen dafür, dass sich der Körperbau verändert. Das Fett lagert sich bei der Einnahme von Testosteron zum Beispiel aus den Oberschenkeln in den Bauch und bei Frauen wandert das Fett wiederum vom Bauch mehr in die Hüften und Oberschenkel.

Testosteron führt zu dem Stimmbruch und zu einer tieferen Stimme, der auch mit dem Wachstums des Adamsapfels zusammenhängt, vermehrter Behaarung an Beinen, Armen und im Gesicht. Die Gesichtszüge werden kantiger und die Schultern breiter. Bei jedem wirkt das natürlich leicht unterschiedlich, zum Beispiel ist die Abfolge nicht immer gleich, aber das ist so in etwa was passiert.

Ich kenne mich mit Östrogen nicht sehr gut aus, aber meines Wissens führt es zu glatterer Haut, weniger Haaren an Armen und Beinen und zu Stimmungsschwankungen.

Man ist immerhin in der Pubertät.

Also bekommt man auch Pickel, kleine emotionale Ausbrüche und im Falle des Testosterons führt es auch zu den berühmten Hummeln im Hintern und zu mehr Appetit.

Das ist so in etwa was passiert, aber wie kommt man an die Hormone?

Leider ist es in Deutschland so, dass man die Diagnose des „Transsexualismus" benötigt, um einen Anspruch auf die HRT zu haben. Diese bekommt man bei einem Psychiater oder Therapeuten. Es gibt gewisse Lücken, die es ermöglichen, dass man an die Hormone etwas schneller kommt, aber in dem Buch des MDK (der medizinische Dienst der Krankenkassen) steht drin, dass man ein ganzes Jahr einen Alltagstest durchgeführt haben muss. Das heißt, man muss schon ein Jahr lang geoutet leben.

Wenn man also dann die Diagnose hat und mindestens ein Jahr als man selbst gelebt hat, kann man den Antrag bei der Krankenkasse stellen. Wenn dieser genehmigt ist, geht man zu einem/einer EndokrinologIn (das sind Hormonärzte, manchmal machen das aber auch Gynäkologen), wo man dann einen Vertrag unterschreibt.

Wie viel und wie schnell Hormone man bekommt, hängt von einem selbst ab. Es gibt am Anfang meist mehr, um das Level erst einmal hoch zu kriegen. Allerdings wird auch darauf geachtet, dass die Nebenwirkungen nicht zu extrem sind. Viele bekommen wie gesagt Akne und auch das Risiko auf Thrombose ist durch Testosteron erhöht. Außerdem kann zu viel Testosteron zu vermehrter Aggrression führen.

(Hier möchte ich noch einmal kurz erwähnen, dass ich kein Arzt bin und das ganze lediglich so beschreibe, wie ich es erlebt habe.)

Als ich mit meiner HRT begonnen habe, war ich 20 Jahre alt. Wenn man noch minderjährig ist, ist das ganze ein wenig komplizierter. Hier müssen die Eltern zustimmen, dass das Kind Hormone bekommen darf und es müssen zwei Gutachten von unabhängigen Therapeuten erstellt werden. (Das ist natürlich übertrieben und das Gesetz ist Schwachsinn, aber es ist ja gerade auch vieles im Wandel, also hoffe ich für alle da draußen, dass sie es etwas leichter haben, als ich es hier beschrieben habe.) Menschen, die gerade in der Pubertät sind oder noch davor, bekommen vor Testosteron oder Östrogen auch erst einmal sogenannte Pubertätsblocker, wodurch das eigene Produzieren des anderen Hormon gestoppt oder verringert wird.

Wenn ihr minderjährig seid oder es wart, als ihr mit eurer HRT angefangen habt, schreibt doch bitte in die Kommentare wie ihr das ganze erlebt habt und vielleicht habt ihr ja auch Tipps für andere, die einen Rat brauchen!

Nun gut, jetzt sind die Hormone im System. Viele hören da aber nicht auf. Natürlich ist das auf gar keinen Fall Pflicht, aber es tun eben viele. Bei mir zum Beispiel ist meine Dysphorie in der Brustregion am schlimmsten, weswegen ich vor einem Jahr eine bilaterale Mastektomie beantragt habe. Das ist die Entfernung der „weiblichen" Brust.

Dieser Vorgang ist ein Stück weit komplizierter. Ihr könnt euch die Vorraussetzungen für die Kostenübernahme gern im Internet durchlesen. Es kommt hierbei aber mal wieder am meisten auf die Meinung und Beobachtungen des Psychiaters, Arztes und Therapeuten an. Mal wieder. Weil wir ja auch keine Ahnung haben wer wir sind....

Man muss ausreichend Therapie gehabt haben, starken Leidensdruck haben, diagnostiziert mit „Transsexualismus" sein, keine anderen psychischen Störungen haben, die das ganze beeinflussen könnten, mindestens ein halbes Jahr Testosteron nehmen und über die Risiken und Möglichkeiten der Operation aufgeklärt sein.

Ja. Das ist erst einmal viel. Und viele Krankenkassen drücken sich davor das ganze zu bezahlen. Wie ich gemerkt habe, braucht man unwahrscheinlich viel Kraft und muss hartnäckig sein.

Ich wünsche euch viel Glück hierbei und hoffe, dass sich auch hier die Gesetzeslage bald ändert, damit ihr es einfacher habt als ich.

(Mal wieder kenne ich mich nicht mit dem weiblichen Äquivalent aus und entschuldige mich hundertmal dafür!)

Es gibt also einige Sachen, die man in Angriff nehmen kann. Dazu gehört bei Trans Frauen auch die Stimmtherapie, die trainiert, dass die Frauen höher zu sprechen lernen, da sich zwar bei Testosteron die Stimme verdunkelt, bei Östrogen sie aber nicht höher wird.

Ich weiß, das waren jetzt sehr viele Sachen und vielleicht fandet ihr das langweilig, aber es freut mich, falls ich die Neugierde von einigen geweckt habe oder Menschen damit auf die Sprünge helfen konnte.

Jasper

How To Be TransWhere stories live. Discover now