Einzug

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Hey. Ich bin Lotta! Lotta Decker, um genau zu sein. Sorry, für das Chaos, das ich und so ziemlich alles hier gerade darstellen. Mein Shirt ist vom Streichen bunt gesprenkelt und ich weiß nicht, wann ich zuletzt die Locken, die mir widerspenstig in die Stirn fallen, gekämmt habe. Keine Ahnung, wo meine Haarbürste abgeblieben ist. Sie muss in einem der Umzugskartons verschollen sein, die sich im Flur stapeln. In den Zimmern werden schon den ganzen Tag Möbel aufgebaut und auf dem Esstisch tummeln sich offene Getränkeflaschen und benutzte Pappteller. "Lotta, Schatz, wo soll diese Lampe hin? Das ist doch nicht deine!?" Ruft meine Mutter, ich eile in den Flur. "Nein, die gehört Chrissi, glaube ich. Also in das Zimmer links." Dirigiere ich sie. "Ja, steht ja dran." Lächelt sie verschmitzt und verschwindet in dem Raum. Ich stütze mich auf den Stiel der Malerrolle und puste mir eine meiner braunen Locken aus der Stirn. Ich ziehe endlich mit Chrissi und Malte in eine WG. Eine Idee, die wir schon ewig gehabt hatten. Dieses Chaos hier war von nun an unser Zuhause. Wir hatten unsere Namen und die Zimmerbezeichnungen mit Klebeband an die alten Türen geklebt, um das Chaos ein wenig einzugrenzen. War mal wieder eine meiner genialen Ideen gewesen. "Lotta! Lotta, wo bist du?" Brüllt jetzt Malte aus dem Wohnzimmer, ich seufze. "Was ist?" Schreie ich zurück, der Blondschopf erscheint Sekunden später im Türrahmen. "Was ist?" Wiederhole ich genervt, er lächelt zaghaft. Die Grübchen erscheinen auf seinen Wangen. Ich kann nicht anders, als zurück zu lächeln. "Alles gut bei dir? Du siehst aus, als könntest du eine Pause brauchen. Soll ich weiter machen?" Bietet er an und nimmt mir die Malerrolle aus der Hand. "Mir geht's gut. Bin nur echt müde. Bist du sicher, dass wir heute schon hier schlafen können? Sieh dich nur mal um!" Ich zeige auf das Chaos um uns herum. Malte zuckt mit den Schultern. "Wenn dein Bett bis heute Abend nicht steht, kannst du bei mir pennen, das weißt du doch." Bietet er an, ich lege meine Arme um ihn. "Danke." Malte und ich haben uns schon ein Bett geteilt, als wir noch in die Windeln gemacht haben. Für uns war es das Normalste der Welt. "Die Betonung liegt auf bei dir." Scherzt meine Mutter, die unsere Unterhaltung gehört hat und schmunzelnd in Chrissis Tür steht. Ich werde rot und vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter. Malte lacht auf. "Was denkst du von mir, Karla?" "Ich denke, dass ihr das Traumpaar des Jahres wärt, aber Großmutter werden möchte ich mit 47 trotzdem nicht." Oh. Mein. Gott. "Mama! Das sagst du jedes Jahr und es wird mit jedem Mal peinlicher." Ich höre Henning und Severin im Wohnzimmer lachen. "Aber es stimmt doch! Ihr.." Fängt sie wieder an, doch Malte unterbricht sie. "Wir sind beste Freunde, mehr nicht. Wirklich, Karla!" Stellt er klar, doch Mama sieht nicht überzeugt aus. Und mein Herz.. mein Herz ist es auch nicht.

Schon lange nicht mehr.

Malte:

Am späten Abend kehrt langsam Ruhe ein, in unseren neuen, eigenen vier Wänden. Chrissi sitzt todmüde am Esstisch und raucht, Lotta ist im Bad und ich räume noch den ganzen Müll vom Tisch weg. "Bin ich fertig." Seufze ich, als ich mich endlich auch auf einen der Stühle fallen lasse. "Dito.. Ich will nur noch schlafen. Was ist jetzt mit Lotta? Steht ihr Bett? Ich hab's nicht mitbekommen.." Chrissi drückt seine Zigarette aus und gähnt ausgiebig. Ich schüttle den Kopf. "Nein. Sie pennt heute bei mir." Erkläre ich, kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Es schleicht sich einfach auf meine Lippen. "So ein Glück, was?" Chrissi wackelt vielsagend mit den Augenbrauen. "Halt die Klappe. Wir sind Freunde." Winke ich ab, er lacht. "Natürlich." Gibt er zurück und steht auf. "Dann schlaft mal gut. Ihr Freunde. Ich hau mich hin." Ich verdrehe die Augen. Chrissi verlässt die Küche und ich höre einen Moment später, wie seine Zimmertür sich schließt. Nachdenklich bleibe ich sitzen. Was sollten bloß diese Sprüche über mich und Lotta in letzter Zeit? Kopfschüttelnd erhebe ich mich auch von meinem Stuhl und mache mich auf den Weg in Lottas Zimmer. Ihr Bettzeug liegt in einer Ecke auf dem Fußboden. Bereit, um auf ihr Bett gelegt zu werden, das noch nicht steht. Ich greife mir Kissen und Decke und schleppe sie in mein Zimmer. Lege es auf mein Bett und werfe mich dann fix und fertig auf die Matratze. Ich schaue mich um. Die Wände sind noch nackt, aber wenigstens haben sie Farbe. Lotta hat heute ganze Arbeit geleistet. Ich zucke zusammen, als die Tür aufgeht und meine beste Freundin mit einem Handtuch auf dem Kopf und in Schlafsachen herein kommt. Ich habe es schon vor Jahren aufgegeben, ihr das Anklopfen bei zu bringen. "Hey." Murmelt sie, scheint fast im Stehen einzuschlafen. Ich klopfe neben mir aufs Bett. "Hey. Komm, leg dich hin. Bevor du umfällst." Scherze ich, sie grinst müde und klettert aufs Bett. Ich schnappe mir ihre Decke und decke sie damit zu. Ziehe sie so weit hoch, dass nur noch ihre Nase und Augen herausschauen. Obwohl sie wahnsinnig müde ist, schaut sie mich sanft an. "Danke, dass ich hier.. schlafen.. darf.." Sie wird immer leiser, rutscht näher zu mir. "Kuscheln?" Nuschelt sie im Halbschlaf, ich lächle und ziehe sie an mich. In meinen Armen schläft Lotta schließlich ein. "Schlaf schön." Flüstere ich und schaue ihr eine Weile beim Schlafen zu. Wieder schleicht sich dieses dumme Lächeln auf meine Lippen, von dem ich nicht wirklich weiß, was es bedeutet. Langsam fallen auch mir die Augen zu.

Nur Freunde. Schon klar, Malte. 

Warte.. was?!

Jeden Morgen - AnnenMayKantereit FanfictionWhere stories live. Discover now