Hurricane

390 12 1
                                    

Lotta:

Beim Hurricane Festival angekommen, schlägt uns sofort die tolle Atmosphäre entgegen. Alle wuseln aufgeregt herum, freuen sich auf ein erlebnisreiches Wochenende voller Musik. Carlo geht zur Verwaltung und fragt, wo wir hin müssen. Schnell ist der richtige Parkplatz gefunden und Henning, Mara,  Chrissi, Sevi, Malte und ich holen unsere Koffer aus dem Bus. Ich muss grinsen. Das wird so wunderbar! Wir werden in dem riesigen Zelt pennen, das uns zugeteilt war und die anderen werden im Bus schlafen. "Zelt Nummer 248 ist unsers." Wiederholt Carlo immer wieder, während alle suchend Ausschau halten. Ich laufe der Gruppe hinterher. Als die Kleinste würde ich es eh nicht entdecken. Mein Koffer klappert, als ich ihn über die Holzlattenwege hinter mir her zerre. "Da vorne! Ich hab's!" Meldet sich dann Markus zu Wort und wir erreichen unser Wochenendheim. "Ich werde mich hundertprozentig verlaufen." Seufze ich, stelle den Trolley ab. "Ich hab jetzt schon vergessen, wo wir her gekommen sind." Scherze ich, sie lachen. Ist das etwa ein Lächeln auf Maltes Lippen? Ich lächle ihn zögerlich an. Maltes Mundwinkel ziehen sich noch ein Stück nach oben, seine Grübchen erscheinen. Schmetterlinge erwachen in meinem Bauch und flattern wie verrückt herum. Wie ich sein Lächeln vermisst habe. Nur schwer kann ich meinen Blick von ihm abwenden, als Mara mich zu den Feldbetten zieht. "Du schläfst auf meiner anderen Seite! Ich will nicht neben Sevi schlafen, der schnarcht!" Ruft sie extra laut, damit Sevi es auch auf jeden Fall hört. Prompt beschwert er sich, wirft Mara ein Kissen an den Kopf. "Hey!" Pöbelt Henning, ganz der Beschützer, ihn direkt an, sie rangeln lachend miteinander. Während ich amüsiert die Szene beobachte, spüre ich, wie jemand sanft meine Hand nimmt. Malte steht neben mir und lächelt wieder so.. Süß? "Hey.. Nimmst du das Bett neben meinem?" Fragt er, unsicher. Vermutlich war das jetzt seine Entschuldigung für den Rauswurf. Seine Finger spielen mit meinen, während er sich nervös auf der Unterlippe herumbeißt. Ich nicke und drücke sanft seine Hand. "Ja. Klar." Sein Gesicht hellt sich deutlich auf. Er freut sich wirklich. Ich muss ihn einfach anlächeln. Es ist total verrückt. Ich hab das Gefühl, dass es an diesem Ort liegt, dass sich unsere Stimmung schlagartig so verändert hat. Alles hier strahlt eine wahnsinnig positive Energie aus und scheint sich auf uns auszuwirken. Carlo zerstört den Moment. "Jungs, zack zack zur Bühne. Letzte Möglichkeit für Soundcheck!" Scheucht er die Band los, Mara und ich bleiben im Zelt zurück. Sie sitzt auf ihrem Feldbett und schaut mich mit hochgezogener Augenbraue an. "Was?" Grinse ich, sie schüttelt schmunzelnd den Kopf. "Ich warne euch beide. Wenn ihr euch dieses Wochenende nicht endlich die ewige Liebe gesteht, helfe ich euch auf die Sprünge." Perplex starrte ich sie an. "Ich.. Ehh.. Malte.. Also.." Stotterte ich, völlig überfordert. Meine Wangen fühlten sich plötzlich ganz heiß an. "Jaja.. Es ist offensichtlich, Lotta." "Was? Nichts ist offensichtlich!" "Oh doch!" Widerspricht Mara, sie zieht mich neben sich aufs Bett. "Du bist sowas von verknallt. Gib es zu." Ich schüttel trotzig den Kopf. Ich will nicht, dass es irgendwer erfährt. "Nein!" "Doch! Gib es zu!" Sie fängt an, mich zu kitzeln. Ich kreische lachend auf. "Niemals!" "Gib es zu, gib es zu, gib es zu!" Verlangt sie immer wieder, während mir vor Lachen die Augen tränen. "OKAY!" Schreie ich, Mara hält inne. "Okay was?" Hakt sie nach. Wieso will sie es denn so genau hören? "Okay, ich gebe es zu.. Ich.." Die Röte schießt mir wieder ins Gesicht. "Ich hab mich in Malte verliebt." Gestehe ich schließlich, weiß nicht, wo ich hinsehen soll. "Na siehst du! War das jetzt so schwer? Wenn du es mir sagen kannst, schaffst du das bei ihm auch! Wie lange kennt ihr euch jetzt? Zwanzig Jahre?" "Noch länger. Das ist es ja gerade. Ich möchte das nicht kaputt machen." Wie jedes Mal, sammeln sich Tränen in meinen Augen. Ich wische mir mit dem Ärmel darüber. Mara legt mir einen Arm um die Schultern. "Woher willst du denn wissen, dass du es kaputt machen wirst? Wer weiß, vielleicht kommt es ja ganz anders, als du denkst, wenn du es ihm sagst? Trau dich, Lotta. Er wird dir nicht den Kopf abreißen." Ich weiß, dass sie recht hat. Aber.. Es ist so schwierig. Soll ich einfach zu ihm gehen und sagen: "Du, ich bin in dich verknallt, ich hoffe, das ist okay für dich?" Malte würde mir eine Hand auf die Stirn legen und mich fragen, ob ich Fieber habe. Ich fahre mich durch die Locken. "Ich brauche dafür mehr Zeit. Ich kann das nicht einfach so." Versuche ich, mich rauszureden. "Und überhaupt, woher weißt du das alles?" "Mehr Zeit, in der ihr euch weiter gegenseitig kränken könnt? Lotta, wirklich.." "Hat Chrissi getratscht? Oh, er hat bestimmt mit Henning telefoniert und erzählt, dass wir uns nur noch streiten, oder?" Dafür darf er sich später was anhören. "Sie haben telefoniert, ja. Aber erzählt hat Chrissi erst davon, als wir euch haben rumzicken hören, gestern Abend. Ich dachte echt, du gehst Malte an die Gurgel." Erzählt sie, mir ist das ziemlich peinlich. "Ich war eine Furie. Wie so oft in letzter Zeit. Ich hab ihm so oft weh getan. Hab es bereut, dass ich bei ihm geschlafen habe. Dass ich meine Gefühle für ihn habe stärker werden lassen.." "Tu es nicht mehr, Lotta. Bereue es nicht mehr. Lass es zu." Mara schüttelt sanft meine Schultern und sieht mich eindringlich an. "Lass es zu." Wiederholt sie, ich atme tief durch. "Okay. Du hast recht. Ich sage es ihm." Entschlossen stehe ich auf. "Was.. Jetzt sofort?" Staunt Mara, ich nicke. "Willst du jetzt mitten in den hektischen Soundcheck platzen? Dein Mut in allen Ehren, Lotta, aber ich glaube, das geht nach hinten los." Sofort verlässt mich der plötzliche Mut wieder, ich sinke aufs Bett zurück. "Stimmt. Mist." Grummel ich, nachdenklich. "Mach es nach dem Auftritt. Ganz in Ruhe." Rät Mara, ich nicke. Ich würde nach dem Konzert mit Malte reden. Wenn ich den Mut von eben irgendwie wieder fand..

Jeden Morgen - AnnenMayKantereit FanfictionWhere stories live. Discover now