Kaffee & Verwirrung

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Lotta:

Als ich am nächsten Morgen aufwache, weiß ich erstmal nicht, wo ich bin. Grelles Sonnenlicht scheint durch die Fenster, vor denen noch keine Vorhänge hängen. Ich stöhne gequält, halte mir eine Hand vor die Augen. Moment mal.. Ich sehe mich um. Das hier ist nicht mein Zimmer. Sofort ahne ich, wo ich bin. Vorsichtig drehe ich mich um, wage einen Blick und muss unwillkürlich lächeln. Malte schläft selig, die blonden Haare fallen ihm ins Gesicht. Seine Brust hebt und senkt sich gleichmäßig mit jedem Atemzug. Irgendwie verspüre ich das Bedürfnis, ihn zu berühren. Mit ihm zu kuscheln, wie gestern Abend. Ich strecke zögerlich meine Hand aus, um ihm die Strähnen aus der Stirn zu streichen. Lotta, lass es sein. Ich zucke zurück, als ich kapiere, was ich da gerade mache und setze mich abrupt auf. Ich durfte mich nicht von meinen Gefühlen überlisten lassen. Sie waren falsch, so unglaublich falsch. Wie konnte das bloß passieren? Über zwanzig Jahre waren wir befreundet, waren zusammen aufgewachsen und jetzt auf einmal.. Verdammt. Es war falsch, dass ich hier geschlafen hatte. Ich kann das nicht mehr. Eilig stehe ich auf und gehe zur Tür. Ich kämpfe gegen den Drang an, nochmal zurück zu schauen und gewinne. Schnell schließe ich die Tür hinter mir und gehe hinüber in die Küche. Chrissi lehnt schon an der Küchenzeile und trinkt Kaffee. Als er mich bemerkt, lächelt er mich müde an. Dankbar, dass er die Maschine aufgebaut hat, gehe ich zu ihm hinüber. "Morgen. Wie hast du geschlafen?" Frage ich ihn, während ich mir eine Tasse eingieße. "Wie ein Stein. Ich war echt platt gestern. Und du? Oder.. ihr?" Mir entgeht das Schmunzeln nicht, dass er hinter seiner Tasse zu verstecken versucht. Doch ich ignoriere es. "Ich habe gut geschlafen. Malte.. Keine Ahnung, pennt ja noch." Sage ich so beiläufig, wie möglich und nehme einen Schluck vom Kaffee. Ich bereue es sofort. "Aua, aua, ahhh heiß!" Fluche ich mit schmerzverzerrtem Gesicht und kippe schnell kaltes Wasser aus der Leitung hinterher. Chrissi lacht bloß schadenfroh. "Hör auf zu lachen!" Schmolle ich, nachdem ich mir den Mund abgetrocknet habe, kann mir aber das Grinsen auch nicht verkneifen. Chrissis Blick wandert zur Küchentür. Ich drehe mich um und sofort ist da wieder dieses wohlige und gleichzeitig verwirrende Gefühl. Malte steht in T-shirt und Boxershorts in der Tür. Er wuschelt sich durch die Haare und macht sich einen neuen Zopf. "Wieso seid ihr denn schon wach, ist doch noch so früh.." Murmelt Malte verschlafen. Die besserwisserische Stimme meldet sich in meinem Kopf reißt mich aus meinem Starren. Es ist falsch, Lotta. Kapier's doch endlich. Plötzlich wird meine Tasse unglaublich interessant. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen. "Je früher wir anfangen, desto mehr schaffen wir. Ich will heute in meinem eigenen Bett schlafen." Kaum, dass ich es ausgesprochen habe, merke ich, wie gemein das klang. "Okay.. Wir kriegen das mit dem Bett schon hin.." Malte hört sich verletzt an. Es tut mir leid. Ich erwürge mich innerlich für meine fiese Antwort. Jetzt kann ich ihn erst recht nicht anschauen. Ich knalle die noch volle Tasse auf die Arbeitsplatte und flüchte in mein Zimmer. Ein lauter Knall hallt durch den noch leeren Raum, als die Tür zu fliegt. Ich setze mich in der Zimmermitte auf den Teppich und versuche, mich zu beruhigen. Doch die Stimme lässt mich nicht in Ruhe. Super, Lotta. Siehst du? Ich hab doch gesagt, es ist falsch. Jetzt fängst du schon an, alles kaputt zu machen. Du hast ihm weh getan. Klasse! Ich schüttel den Kopf, um die Stimme los zu werden. Doch Tränen kullern trotzdem stumm über meine Wangen.

Malte:

Verdutzt schaue ich Lotta hinterher, als sie in ihr Zimmer rennt. Die Tür kracht lautstark in den Rahmen. Chrissi zuckt genauso zusammen, wie ich. "Was war das denn jetzt?" Murmel ich, irgendwie verunsichert. "Habe ich ihr was getan? Was Blödes gesagt?" "Nein, hast du nicht. Mach dir da keinen Kopf.. Irgendwie ist sie einfach ein bisschen durch den Wind.. Lass sie sich beruhigen und rede später mit ihr, würde ich sagen." Schulterzuckend nimmt er noch einen Schluck aus seiner Tasse. Ich nicke zustimmend. "Du hast recht.. Sie ist schon seit ein paar Tagen ein bisschen merkwürdig. Ich spreche sie nachher mal drauf an." Antworte ich und mache mir auch eine Tasse Kaffee fertig, die ich mit in mein Zimmer nehme. Mein Blick wandert sofort zu meinem Bett. Es ist doch alles so gewesen, wie sonst auch, wenn wir mal in einem Bett schliefen. Wir haben nicht mal richtig miteinander geredet, weil Lotta so müde war. Sie hat sich wie immer an mich gekuschelt und ist sofort eingeschlafen. Aber vielleicht.. liegt es gar nicht an mir?! Vielleicht hat sie nicht gut schlafen, weil alles um uns herum neu ist? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Wir sind schon so oft zusammen verreist und Lotta hat nie Probleme damit, woanders zu schlafen. Nachdenklich setze ich mich auf die Bettkante und schlürfe das heiße Getränk. Es verwirrt mich schon ziemlich. Einerseits verstehe ich nicht, warum es mich so verletzt. Ich kenne ja Lottas Launen. Andererseits kann ich mir nicht erklären, was ich getan haben könnte. Wieso war sie plötzlich so giftig zu mir? Es kommt mir so vor, als würde sie es richtig bereuen, dass sie bei mir geschlafen hat. Dabei.. Dabei finde ich es immer toll, mit ihr zu kuscheln. Es fühlt sich seit ein paar Wochen anders an, als sonst. Anders aber viel schöner. Irgendwie.

Jeden Morgen - AnnenMayKantereit FanfictionWhere stories live. Discover now