Primo Victoria - Von Hengsten und Mädchen

Das Kapitel über den Sportunterricht und Schulmannschaften

Donnerstag war immer dieser überflüssige Tag vor Freitag.

Meine Klasse hatte wieder zusammen mit der der Kfz-Mechatroniker Sportunterricht.
Ich saß neben Joanne, meiner besten Freundin, die gerade ihre rostbraunen Dreadlocks zu einem Zopf zusammen nahm und sich ein Kopftuch umband. Kurz darauf bemerkte sie: "Da sind schon ein paar Freaks bei... Aber einige der Jungs sehen doch ganz süß aus."
Sie redete von denen aus der anderen Klasse.

"Du meinst hoffentlich nicht den gepiercten!"

"Nee, das ist ein Idiot... Den großen Dunkelhaarigen oder den einen mit der Brille."

Ich stellte fest, dass dort mehrere mit Brille waren, und sah sie fragend an.

"Na der mit den gegelten Haaren!"

Sicher meinte sie den etwas Kleingeratenen. Ich schmunzelte. Naja, Joanne war auch nicht sehr groß, also von der Größe her passte es. Mein Augenmerk lag viel mehr auf einen anderen jungen Mann, der ebenfalls eine Brille trug und dessen Haare blond waren - er war mir auf dem Schulhof schon einige Male aufgefallen. Ich wusste, dass er einen Smart fuhr; etwas ungewöhnlich für einen Jungen von normaler Statur. Kurz: es sah ein wenig hilflos aus. Amüsant.

"Camilla, du starrst!" merkte meine Freundin an und stieß mir in die Seite. Ich war völlig geistesabwesend gewesen als sie mir plötzlich ein Klemmbrett mit einer Liste in die Hand drückte.

"Was ist das?" fragte ich verwirrt.

"Hat Herr Meyer doch gerade erklärt." entgegnete sie. "Das ist für die Schulmannschaften. Gelb für Volleyball, blau für Fußball und die orange für Basketball."

Hilflos betrachtete ich die Listen. Die Jungs aus unserer Klasse hatten sich so ziemlich alle für Fußball entschieden. Joanne sah mich an, sie hatte sich als einzige bei Basketball angemeldet.

"Warum hast du dich nicht bei Volleyball eingetragen?" erkundigte ich mich.

"Bin nicht besonders gut in den Angaben." antwortete sie schulterzuckend.

"Uff... Dann muss ich wohl ohne dich Volleyball spielen."

"Noch bin ich eh krankgeschrieben." murmelte sie und deutete auf ihren linken Arm.
Sie hatte ihn sich vor ein paar Wochen gebrochen. Zum Glück war sie Rechtshänder, sonst hätte sie es wohl noch schwerer mit alltäglichem. Immerhin konnte sie so noch selber mitschreiben.

"Na gut."

Danach teilte uns Herr Meyer in Gruppen ein, je nach Sportart. Ich durfte also zusammen mit sechs meiner Mitschüler zum Volleyballfeld gehen. Einige Jungs und ein Mädchen aus der Kfz-Truppe kamen ebenfalls herüber. Der hübsche blonde war dabei, ebenso der Typ mit den Piercings, der Sascha hieß - weder Name noch Piercings passten zu seiner unförmigen Figur und der unsympathisch großen Klappe.
Dieses Mal blieb die Sportlehrerin der anderen Klasse bei uns.

Flüsternd fragte ich meinen Mitschüler Max: "Hast du 'ne Ahnung wie sie heißt?"

Er schüttelte nur den Kopf.

Im Kommandoton teilte sie unsere Gruppen ein und wir mussten auf das Feld.
Dadurch, dass sie so viel rumkommandierte, wusste ich zumindest, dass der Smart-Fahrer Martin hieß. Gerade standen wir beide am Netz, sein Team hatte wiedermal Aufschlag. Bereit zum Eingreifen wartete ich und beobachtete den Ball.
Plötzlich flog der Ball kritisch Richtung Netz. Mein Einsatz! Ich sprang hoch um ihn zu blocken, Martin ebenso. Unsere Arme prallten gegeneinander - nur mit dem Unterschied, dass sein Arm länger war.
Bei der Landung stolperte ich wie in einem Comic rückwärts und setzte mich in Zeitlupe auf den Boden.

"WIEDERHOLUNG! NETZBERÜHRUNG!" krächzte die Sportlehrerin.

Martin reichte mir die Hand um mir aufzuhelfen.