Ende Februar gab es in Rheinland-Pfalz noch eine Woche Winterferien. Dankbar über die freie Zeit war ich nun jeden Tag früh im Stall um mit Primo zu arbeiten.
"Ach, Camilla. Gut, dass ich dich treffe!" Mr. Chapman kam plötzlich den Gang entlang während ich den Hengst absattelte.
"Guten Morgen, Mr. Chapman." begrüßte ich ihn verwundert. "Kann ich Ihnen helfen?"
"Ja, womöglich. Thomas ist diese Woche im Urlaub mit seiner Familie und Jörg hat sich für den Rest der Woche krankgemeldet, sodass Henning allein ist mit dem Stall. Du könntest nicht zufällig ein wenig aushelfen?"
"Klar, ich hab Zeit. Kein Problem."
"Sehr gut. Du bist meine Rettung. Henning rennt hier irgendwo rum, der kann dir auch sagen, welche Pferde zu bewegen sind."
Nachdem ich Primo Victoria versorgt hatte machte ich mich also auf die Suche nach Henna.
Schon bald fand ich ihn als er gerade einige Pferde aufhalfterte um sie zur Koppel zu bringen."Henna!" rief ich und winkte. "Ich bin für die Woche deine neue Kollegin - also wo kann ich helfen?"
Seine Miene hellte sich schlagartig auf und eine Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
"Cool, ich hab wirklich befürchtet, dass ich die Woche alleine arbeiten muss.""Nein, nein. Ich hab Ferien. Also?"
"Hier." Er drückte mir das Strick einer Stute in die Hand. "Zuerst bringen wir die sieben Damen hier raus, dann gucken wir mal, wen wir für's Reiten rauskramen."
Ich nahm mir die drei Stuten, die Henna mir zeigte und lief hinter ihm her. Er selbst manövrierte vier Stuten durch die Stallgasse, immer darauf bedacht, dass eine etwas vorlief damit die anderen genug Platz hatten. Es war unschwer zu erkennen, dass sie tragend waren und ein Fohlen erwarteten.
"Ich hab die meisten schon draußen." erklärte er. "Die ersten von den Mädchen müssen ab Mitte März etwa fohlen."
"Gar nicht mehr so viel Zeit." murmelte ich.
Tatsächlich, als wir an den Wiesen vorbeigingen waren schon zwei Koppeln belegt. Mir war nie so richtig bewusst gewesen wie viele Pferde Mr. Chapman eigentlich besaß. Da standen alleine vierundzwanzig Stuten auf den Weideflächen - wie viele davon ein Fohlen erwarteten wusste ich allerdings nicht.
Henna bog in eine leerstehende Wiese und drehte die edlen Köpfe der Pferde zum Tor. Er wartete geduldig bis ich auch soweit war ehe wir beide die Stricke von den Halfter lösten. Zwei Fuchsstuten starteten gleich los und bockten wie wild, die anderen Damen hatten es offensichtlich nicht mehr so eilig und gingen ihrer eigenen Dinge nach."Wie läuft es mit dem Schecken?" fragte Henna mich als wir zurück zum Stall liefen. "Ich hab lang nichts mehr gehört."
"Uhm... Mein Opa macht jetzt ab und an Training mit mir. Vor lauter Zirkel und Schlangenlinien bin ich gerade zu nichts anderem gekommen, aber ich denke, so langsam hab ich ihn geknackt. Morgen wollte ich mal wieder auf den Springplatz gehen. Nicht, dass der gute sich langweilt."
"Also geht's gut voran?"
"Ja, bald finden ja die ersten Reitertage statt und ich glaube, wir sind fast bereit dafür."
"Dann wird es ernst." meinte Henna mit einem Lächeln.
"Irgendwie hab ich jetzt schon ein bisschen Bammel davor."
Was blöde war, aber ich war mir nicht sicher wie Primo auf den ganzen Trubel reagieren würde. Ich stellte es mir zumindest aufregend vor. Dabei hatte ich schon so viele Turniere bestritten, aber mit Esperanza war das was ganz anderes gewesen.
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Primo Victoria - Von Hengsten und Mädchen
Teen FictionEs war alles perfekt! Camilla hatte sich mit ihrer Reitbeteiligung, der wunderbaren Stute Esperanza, für den Jugend-Fördercup qualifiziert. Doch erstens kam es immer anders und zweitens als man dachte. Die Tochter der Besitzer hatte sich ebenfalls...