Kapitel 19

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,,Habt ihr schon alles ausgepackt", fragte Hoseok an die jungen Männer gewandt. Es wunderte nicht, dass diese einstimmig bejahten. Die Konversation erstarb. Nicht zum ersten Mal an diesem Abend.

Einzig und allein das Kratzen des Bestecks auf dem Geschirr war zu hören, als durch das zarte Kablsfleisch geschnitten wurde, dass einem wie Butter auf der Zunge zergang. Schmatzen, das Scharben der Stulbeine auf dem Parkett und gedämpfte aufseufzen war zu vernehmen.

,,Und eingeräumt?", ich schluckte mein Gemüse runter. Hoseok konnte es wirklich nicht bleiben lassen.

Unauffällig schwang mein Blick über die Gäste, mit denen wir die nächsten Wochen leben würden. Oder Monate. Eingeforcht in diesem Haus, ohne sich aus dem Weg gehe zu können. Der schwarzhaarigen Mann, der neben Namjoon auf der gegenüberliegendeseiten Seite des Tisches saß, war mir zwar nebenläufig aufgefallen, jedoch hatte ich mir zu Anfang keine Zeit genommen, ihn richtig zu betrachten.

Sein Gesicht war mir unbekannt.

Hatte ich ihn jemals im Manor gesehen? Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, den Grauäugigen je zu Gesicht bekommen zu haben. Vielleicht hatte ich ihn auch einfach übersehen. Wer wusste das schon.

,,Das war das erste das ich hinter mich gebracht habe", spuckte Jungkook aus, die Gabel im Mund stecken haben, sich offensichtlich nicht im geringsten darum scheren das keiner sein schmatzendes Gelaber hören wollte. Na danke, dachte ich mir, das Gesicht missbilligend verziehen, als mir die wiedliche Matschepampe in seinem Mund auffiel.

Gott, und ich dachte Taehyung wäre schlimm.

Appetitlos senkte ich mein Besteck, den Teller demonstrativ von mir schieben. Jetzt hatte ich keinen Hunger mehr, also lehnte ich mich in meinen Stuhl zurück und lauschte Hoseok bei seinem Trauerspiel eines Versuchs, eine laufende Konversation zu führen.

Doch auch das konnte mich nicht lange beschäftigen. Erst recht nicht, wenn sie so kläglich scheiterten, dass die Luft alle 30 Sekunden später von Stille geplagt wurde.

Es war traurig mit anzusehen. Fast hätte ich Mitleid mit ihm gehabt, wäre mir nicht eingefallen, das er mich gestern zum wiederhohlten Mal aus dem Bett geworfen hatte. Da fiel mir ein, ich sollte mir bald ein Türschloss anlegen.

Ob die Jungs wohl bis Weihnachten bleiben würden? Wenn der Sternschnupperegen wieder erschien, so wie jedes Jahr am 24ten des Dezembers. Die Millionen Lichter rassten am Himnel vorbei, erleuchteten die Nacht und tauchten die Atmosphäre in einen magischen Schleier aus funkelnder Schönheit.

Nur für lebende Menschen war das Spektakel nicht zu sehen.

Schade, wenn ich an die Bilder zurück dachte. Lange wandelte ich noch nicht unter den Toten, aber ich war auch nicht mehr so jung, dass ich dieses Bild der Natur nie zu Geischt bekonmen hätte. Es war das erste das meine Augen erblickte, sobald ich durch die Tore des Ratshauses trat, von der kühlen Nachtluft umfangen, und in den Himmel über der Stadt sah, die selbst so weit über den Wolken lag.

Selten haben Augen etwas vergleichbar Schönes gesehen. Da war ich mir sicher, selbst, nachdem ich jegliche Erinnerung verloren hatte.

Ob ich damals schon gerne in den Sternenhimmel hinauf gesehen habe?

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,,Das kannst du nicht machen!", rief er mir hinter, mit schnellen Schritten folgen, um mit mir aufschließen zu können. Mit wenigen Schritten hatte er aufgeholt, griff nach meinem Handgelenk und riss mich zu ihm rum, so dass ich keine andere Wahl hatte, als ihm entgegen zu stehen.

Das andere umfasste er ebenfalls.

Den Blick fest nach unten gerichtet, stierte ich den Boden an, der frisch gewischt unter meinen Schuhen blitzte und in dem ich die leicht verschwommene Reflektion meiner selbst sah, die mir fest entgegen blickte.

,,Sag mir, dass das nicht stimmt. Sag mir das du lügst", drängte er, die Stimme so dünn, ich hatte Angst sie würde zerbrechen.

,,Ich kann nicht", presste ich hervor, die Augen reuevoll schließen.

,,Gott, ich wünschte ich könnte es. Es ist nicht leicht für mich. Was soll ich den sonst sagen? Sowas wie, hey ich kann nicht mit dir zusammen sein, weil ich für euch beide etwas empfinde? Denkst du es leicht für mich? Ich bin verwirrt. Natürlich mag ich dich, das tue ich wirklich, aber ich weiß nicht, was genau ich für euch empfinde. Was ich für dich empfinde", brach es aus mir raus. Ich konnte die heißen Tränen in meinen Augen aufsteigen spüren und bemühte mich, sie nicht rausquellen zu lassen.

,,Jimin, was erwartest du von mir? Du sagst mir, dass es einen zweiten Jungen gibt? Das es sein kann, dass du eventuell ihn liebst und nicht mich. Was willst du von mir? Ich will dich bloß verstehen was du jetzt von mir erwartest. Was soll ich mit dieser Information tun?", Verzweiflung traf mich, als ich in das Gesicht des Blauhaarigen aufblickte.

Wieso mussten beide blaue Haare haben? Und einen Hund? Und Musik studieren?

,,Zeit", beantwortet ich seine Frage.

,,Ich will nur ein bisschen Zeit um mich zu sortieren, mir Gedanken zu machen und mir über alles sicher zu werden. Ich mag euch beide. Sehr. Aber die Gefühle sind verschieden, ich spüre es. Alles was ich von dir verlange, ist das du mir die Freiheit gibst herauszufinden was sie bedeuten", sprach ich, meine Augen nie von den seinen nehmen, in denen so viel Angst zu sehen war.

So viel das er verlieren konnte.

Seine Hände hatten sich von meinen Handgelenken gelöst. Fast schon schützend hatte er seine Arme um sich geschlungen. Augenblicklich fühlte ich mich noch schlechter, wobei ich meine Hand an seine Wange legte. Ich hatte nicht beabsichtigt ihn zu verletzten.

,,Du weißt das ich dich liebe", flüsterte ich, unruhig über seine Backe streichen.

Meine Hand abschüttelnd, trat er einen Schritt zurück und sagte :,,Bitte hör auf. Sag sowas nicht, wenn du dir nicht einmal sicher bist"

Seine Worte versetzten mir einen Stich. Ich streckte meine Hand nach ihm aus. Er wich zurück. Gequält ließ ich meine Hand sinken und zog sie im nächsten Moment so schnell zurück, als hätte ich mich geschnitten.

Der Blick der mich traf war kalt. Leblos. So voller Sorge und Trauer.

,,Verletzt mich nicht noch mehr", hauchte er kaum hörbar. Es kostete jedes noch so kleines Stückchen an Willenskraft, ihm nicht sofort hinterher zu stürtzen, als der Junge sich umdrehte und davon lief, mich allein in Gang zurück lassen, ohne mir auch nur ein letztes Mal einen Blick aus diesen sonst so warmen, bronzefarbenen Augen zu schenken, die mich sonst immer mit so viel Freude und Gelassenheit gefüllt haben.

Mit einem Mal war mir seltsam kalt.

•°Forget-Me-Nots°• YOONMIN (Pausiert)Where stories live. Discover now