Kapitel 47

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,,Habe ich dir eigentlich schon Mal gesagt, wie sehr ich es liebe wenn du eifersüchtig bist?''

,,Nein, aber-'', der ältere hielt inne. ,,Es ist nicht so, als würdest du mir je irgendwas darüber mitteilen, wie du mir gegenüber fühlst'', erklang es anklagend. Die Luft ausstoßen verfiel der Blonde ins Schweigen. 

Er war es gewohnt auf diese Weise aus der Reserve gelockt zu werden. Naja, nicht wirklich. Jedenfalls war es die Methode, mit der Yoongi es immer versuchte. Was nicht hieß das seine Mühen belohnt wurden. Zugegeben, der Jüngere von beiden fühlte sich schlecht ihm im Dunkeln stehen zu lassen. Im Ungewissen und ohne die Bestätigung, ob seine Gefühle erwidert wurden. 

Er konnte sich gut vorstellen wie es sein musste, wenn man vergeblich an der Seite einer geliebten Person weilte, darauf hoffen irgendwann doch noch erhört zu werden. 

Die Angst, dass all die Bemühungen am Ende umsonst gewesen wären, musste so untragbar sein, so belastend und allzeit präsent, dass es ihm wunderte, wie Yoongi es schaffte nicht an der Ungewissheit zu zerbrechen.

Wie hatte er es all die Zeit überstanden?

Es musste seine bloße, tiefgreifende und alles einnehmende Hoffnung sein, die ihn dazu veranlasste bei ihm zu bleiben.  

Mit dem Wissen in seinen Gedanken und die Bestätigung so dicht neben ihm, konnte er nicht verhindern, dass der Platzt in seiner linken Brusthälfte warm wurde. Der faustgroße Muskel schien bitter süß schmerzend anzuschwellen. 

,,Da scheinst du wohl recht zu haben'', lenkte er ab. Und auch wenn Jimin über Yoongis Gefühle bescheid wusste, konnte er sich nicht dazu überwinden sie zu akzeptieren.

Ja, er hatte bemerkt, dass das, was er für Hoseok empfand, nicht über eine gewöhnliche, platonische Freundschaft hinaus ging. Aber hatte er überhaupt ein Recht darauf, Yoongis Gefühle zu erwidern? Nach all den Tagen, Monaten und Stunden in denen der Ältere unter seiner Ungewissheit gelitten hatte?

Oder war es nichts weiter als eine billige Ausrede dafür, dass er zu viel Angst hatte ihn nicht schon längst verloren zu haben?

Wer konnte ihm versichern, dass Yoongi auch weiterhin an seiner Seite weilen würde, sobald er ihm von seinen Gefühlen beichtete. Würde er bemerken, das er Jimin gar nicht mehr so sehr mochte, wie davor? Das er nur noch an bei ihm war, weil er es gewohnt war? 

Er wollte ihn nicht verlieren. 

Jimin konnte ihn einfach nicht verlieren.

Das würde er nicht überleben.

War es nicht besser im stillen Schmerz zu verweilen, solange man im Licht der strahlenden Sonne bleiben durfte? Solange es ihm erlaubt war auch nur wenige Sekunden von Yoongis warmen Sonnenstrahlen behütet zu werden. War es das nicht wert? Den Schmerz? Das wachsende Verlange das ihm zu verbrennen versuchte?

Die Antwort war ja.

Jimin würde es aushalten. Egal, ob er ihm gerne entgegen schreien würde, das er es genoss in seiner Nähe zu sein. Hauptsache er durfte an Yoongis Seite bleiben, auch wenn die Zeit, wie lange er das noch dürfe, ungewiss und düster war.

So musste Yoongi sich gefühlt haben.

Jimin wurde schlecht.

Abwesend strichen seine Finger über Yoongis Brust, die von dem dunkelroten Stoff bedeckt war. Seine Fingerspitzen fingen an verräterisch zu kribbeln.

Du hast kein Recht mehr so zu fühlen.

Es ist besser, wenn du es sein lässt. Damit tust du euch beiden einen Gefallen. 

Er zog seine Hand weg. Ja, das musste genug sein, dachte er, den Blick dem Himmel zuwenden, der sich offen über ihrem Köpfen erstreckte. Der Sternenhimmel war heute Abend klarer als sonst. Heller. Prächtiger. Ob das an Yoongis Anwesenheit lag?

Sicher nicht, wank er ab.  

Ihm über den Arm reiben versuchte Yoongi ihn aufzuwärmen. Es wunderte ihn, was ihm Kopf des Jüngeren vor sich ging. Hatte er also doch bemerkt, wie dieser stiller geworden war, seit dem er das Thema angesprochen hatte. Sich schlecht fühlen, als würde er Jimins Zustand ausnutzen, zog er ihn näher an sich ran. Nun lag der Blonde endgültig gegen seine Brust gelehnt. 

Doch dieser schien das alles gar nicht zu bemerken. Und selbst wenn, ließ er es sich nicht anmerken. 

Sein Hintern musste vom Sitzen wund sein. Seine Beine waren bereits vor Stunden eingeschlafen. Ob er es schaffen würde vom Boden aufzustehen. Seine Züge verzogen sich unerfreut, als er daran dachte mit dem Rad nach Hause radeln zu müssen.  

Das würde bestimmt damit enden, dass er dieses widerliche Armeisenkribbeln in den Beinen bekam.   

Jimins Abwesenheit nutzen, ließ er seine Gefühle überhand nehmen und fuhr ihm mit der flachen Hand durch die Haare. So weiche, fluffige Locken, dachte er. Orange, schoss es ihm durch den Kopf. Und ein feiner Hauch von Kirschblüten. Wie sehr er diesem Duft liebte, der es immer wieder aufs neue schaffte, sein Herz mehrere Oktaven höher schlagen zu lassen. 

Es war ein gute Idee hier her gekommen zu sein. 

Am Anfang war er sich nicht sicher gewesen, ob er Jimin her bringen sollte. Immerhin verband er viele seiner schönsten Erinnerungen mit diesem Ort. Damals, als er noch klein war, war er immer mit seiner Mutter her gekommen.

Nicht das gestorben wäre.

Es waren einfach die Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit, an der seine Mutter noch durch den Garten getanzt war, sich rührend um den florierenden Umgebung kümmern, die sie sich aufgebaut haben. Sie hat es ihr ,,eigenes kleines Paradies''  genannt. Und das war es auch. Er musste schmunzeln, als er daran zurück dachte, wie eifersüchtig er auf die Blumen war, die so liebevoll von ihr behütet wurden. 

,,Du magst die Blumen mehr als mich'', hatte er ihr vorgeworfen. 

Tränen haben dem kleinen Yoongi in den Augen gestanden, fest von seiner Vermutung überzeugt. ,,Von all meinen Blumen bist du mit Abstand meine Liebste. Wie eine Blume brauchst du Essen, Trinken, warme Sonnenstrahlen und ganz viel Liebe. Und es gibt keine einzige Blume mit der ich meine Liebe lieber teilen würde, als mit dir mein Schatz'', hatte sie ihm daraufhin versichert, ihn fest in ihre Arme schießen. 

Seine Arme schlossen sich unterbewusst ein winziges bisschen fester um Jimin.

Mit ein bisschen Wärme und Liebe konnte jeder noch so kleine Sprössling zu einer wunderschönen und großen Pflanze heranwachsen. Ein erfolgreiches Gedeihen geschieht jedoch nicht einfach so. Alles was es benötigte war Geduld und Zeit. Das hatte seine Mutter ihn so beigebracht. Alles braucht Geduld und Zeit. Wenn du bereit bist dies auf dich zu nehmen, dann zahlt sich dein Aufwand bestimmt auf. Und selbst wenn es anders kommen sollte, würdest du am Ende nicht ohne Ergebnis dastehen. 

Oder ohne Antworten. 

Was er jetzt bekam musste reichen. Egal wie sehr es ihn innerlich zu zerreißen vermag. 

Zeit und Geduld.

Sie würden zeigen ob ihr zartes Pflänzchen Früchte tragen wird. 

•°Forget-Me-Nots°• YOONMIN (Pausiert)Where stories live. Discover now