Reisende

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Wir ritten nun schon seit zwei Tagen mit nur kurzen Pausen zwischendrin den Königsweg entlang. Seit drei Tagen hatte ich nur Beeren, Wurzeln und halbwegs genießbare Pilze gegessen. Mein Magen knurrte ununterbrochen und mein Rachen sehnte sich nach Wasser. Die Stark Männer gaben mir zwar zu trinken, doch nur bitteren Wein, welcher im Mund ein ätzendes Gefühl hinterließ. Ich hatte die letzte Nacht zwei Stunden geschlafen und obwohl ich von meinem Pferd getragen wurde, musste ich mich damit abmühen nicht auf der Stelle einzuschlafen und hinunter zu fallen. Feuersturm trottete brav vor sich hin, doch wurde auch ihr Gang immer schleppender und ich merkte an ihren sehnsüchtigen Blicken zum Wegrand, welcher mit saftigen Gräsern geschmückt war, dass ich nicht als Einzige einen riesen Hunger hatte. Schließlich erreichten wir auf einem Hügel eine Schenke und der Bulle erkannte, dass er mit einem Haufen ausgehungerter und übermüdeter Soldaten nicht schnell vorankam, also hielten wir vor der Hütte. Ein dicker Wirt torkelte um die Ecke und lallte: "Nana, wen haben wir denn hier? Stark Männer! Ihr seid hier willkommen, wir haben noch Betten für die Nacht und mein Weib kocht den besten Eintopf den ihr je gegessen habt. Und der Wein ist auch nicht schlecht." Das glaubte ich ihm aufs Wort. Zumindest das mit dem Wein.

Ich füllte einen Kübel voll Wasser und stellte ihn zu Feuersturm in die Box. Seit ich sie in den Stall gebracht hatte, kaute sie genüsslich auf dem frischen Heu herum. Dann setzte ich mich zu den anderen in die Stube und ich glaubte noch nie so etwas köstliches gegessen zu haben. Gierig nahm ich die Schüssel in beide Hände und trank den Eintopf in wenigen Zügen aus.

Eine Stunde später fand ich mich im Bett wieder, doch obwohl ich kurz an meinen Vater und Sansa dachte, fielen mir nach wenigen Sekunden die Augen zu und ich versank in einen Traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen brachen wir wieder recht früh auf. Die Luft wurde, je weiter wir nach Norden ritten kälter, was dazu führte, dass ich fröstelnd meine Arme um meinem Körper schlang und ununterbrochene mit den Zähnen klapperte. Der Bulle ritt an der Spitze auf seinem gewaltigen Friesen, drehte sich um und rief: "Wir sind bald da. Einen halben Tagesritt noch und wir erreichen das Lager des Königs." Vor Erleichterung stieß ich einen tiefen Seufzer aus. Lange würde ich in dem dünnen Kleidchen nicht mehr durchhalten. Stunden vergingen und ich krallte meine vor Kälte tauben Hände in Feuersturms Mähne, um wenigstens ein bisschen Wärme aufzunehmen. Meine Lippen fühlten sich mittlerweile auch schon taub an und ich biss andauernd darauf herum, um eine Bestätigung zu haben, dass sie noch nicht abgestorben waren.

Endlich machte ich ein riesiges Zeltlager aus. Hunderte Unterkünfte bildeten einen Kreis, um den tiefe Gräben ausgehoben wurden. Die Erleichterung breitete sich angenehm warm in meiner Magengegend aus und wärmte mich für kurze Zeit.

Doch die Freude verging, als ich die Verwundeten, jammernd und klagend, ja sogar schreiend erkannte. Stofffetzen waren in Blut getränkt, Männer weinten um ein verlorenes Bein und die Gesunden klagten um verlorene Freunde oder Verwandte.

Ich wuchs in einer rauen Gegend auf. In einer Stadt, wo man sich nicht darum kümmerte, ob der Perlenschmuck zum Kleid passte, sondern wann und ob die nächste Mahlzeit stattfand.

Doch soetwas furchtbares hatte ich in meinem Leben noch nie erlebt.
Die Wunden der Betroffenen konnten nicht mit Alkohol gesäubert oder mit Kräutern geheilt werden, in den schlimmeren Fällen, musste das Bein einfach abgenommen werden. Eine einsame Träne kullerte über meine Wange, als wir das Lager durchquerten. Schließlich hielt ich das Geschrei und den Anblick nicht mehr aus, deshalb schloss ich die Augen und hielt mir die Ohren zu.

Plötzlich packte jemand meinen Arm und zog mich unsanft vom Pferd. Erschrocken öffnete ich die Augen und erkannte einen Stark Gefolgsmann: "Du kommst jetzt mit in das Zelt des Königs und er wird entscheiden, ob du es verdient hast zu leben oder ob er dich als Feind ansieht und dich dem Schattenwolf zum Fraß vorwirft." Bei diesen Worten musste ich schlucken. Ein letztes Mal drehte ich mich zu Feuersturm um und konnte die Furcht in ihren Augen sehen. Mit den Lippen bildete ich die Worte:" Ich komm wieder zurück, versprochen." Natürlich konnte sie mich nicht verstehen, aber das Versprechen gab mir Kraft und einen Auftrieb. Dann wurde ich brutal weiter gezerrt und hatte keine andere Wahl, als dem König selbst gegenüber zu treten.

: "Eure Gnaden, das ist Sarah, sie gibt vor dem Adelsgeschlecht Cassel zuzugehören. Das Banner des Hauses ist ein galoppierendes Pferd. Nun bittet sie um Arbeit, um die Schulden ihres Vaters zu begleichen."

Der König sah mich prüfend an. Er war ein stattlicher junger Mann, mit Breiten Schultern, einem kurzen Bart und weichem rötlichem Haar, dass in Locken unter einer Krone hervorstand. Seine intensiven blauen Augen musterten mich von Oben nach Unten. Und sie schienen kein Detail auszulassen. Beschämt verschränkte ich die Arme vor der Brust und wartete auf eine Ansprache. Doch sein Blick schien mich nicht loszulassen wollen. Langsam wurde ich unruhig. Nervös verlagerte ich mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und wartete. Schließlich räußperte sich Robb Stark und sprach: "Das Haus Cassel hat nur einen lebenden Nachkommen und das ist ein Junge von sieben Jahren. Also sag mir Sarah, wer bist du wirklich?" Er schien weniger wütend zu sein, als neugierig. Also beschloss ich ehrlich zu ihm zu sein. Doch weigerte ich mich, mein Geheimnis vor den anderen Leuten zu offenbaren, also blieb ich stumm.

Mit einem wissenden Blick hob er die Hand und bedeutete seinen Männern, das Zelt zu verlassen. Abwartend sah er mir in die Augen. Grün traf blau. Und wieder einmal war ich mir nicht sicher, was ich vom jungen Wolf halten sollte. Er hatte etwas wildes und unzähmbares an sich.

Doch zugleich wirkte er ehrlich und gerecht. Wenn man den Geschichten Glauben schenken durfte, dann hatte er das bestimmt von seinem Vater. Ich ließ mir Zeit mit meiner Antwort. Schließlich hielt ich seinem Blick nicht mehr stand und beichtete ihm alles. Alles. Ich war nicht naiv oder dumm. Aber irgendetwas veranllasste mich, ihm meine gesamte Lebensgeschichte zu erzählen. Als ich von Joffrey erzählte, und darüber, wie er versuchte mich zu Dingen zu zwingen die ich nicht wollte, schloss sich Robbs Hand zu einer Faust. Als ich anschließend von seinen Morddrohungen erzählte und wie er Sansa behandelte, färbten sich seine Knöchel an den Fingern weiß. Wütend biss er die Zähne zusammen, als ich meinen Bericht endete: "Joffrey, dieses Schwein. Ich werde ihn büßen lassen für all seine Taten. Aber erzähl mir mehr von deiner Mutter. Wie kam es dazu, dass eine gewöhnliche Bürgerliche einen Lannister heiratet." Darauf antwortete ich mit nur einem Wort:"Liebe."

Verwundert, als würde ihn das erstaunen, riss er die Augen auf:"Aber ihr Stand ist Welten entfern. Wie konnte Tywin das nur zulassen?"

Amüsiert von seiner Unwissenheit sagte ich:"Tywin hätte solch eine Hochzeit nie im Leben genehmigt. Er ist viel zu klug, um seinen Sohn, so sehr er ihn auch hassen mag, an eine gewöhnliche Bauernfrau zu verheiraten. Tyrion tat das verbotenerweise. Vermutlich war meine Mutter die einzige Person, von der er jemals wahre Liebe erhielt. Leider wurde das zunichte gemacht, als Jaime ihm erzählte sie sei eine billige Straßrnhure. " Verbittert schüttelte ich den Kopf, um die traurigen Gedanken zu verscheuchen. Robb kratzte sich nachdenklich am Kinn:" Das wahr sehr mutig von den Beiden, zu heiraten, ohne dem Einverständnis von Tywin Lannister." Ich konnte nur nicken, weil meine Stimme vermutlich versagt hätte. Ich schluckte den Kloß hinunter und fragte schließlich mit erstickter Stimme: "Wirst du mich jetzt wegsperren und in Ketten legen, wie die anderen Lannister?" Er schien ernsthaft nachzudenken. Meine Handflächen wurden feucht und ich betete zu den Sieben, dass sie mir gnädig gesonnt sein sollen. Dies schien einmal der Fall, denn der König meinte:" Nein, vorerst nicht. Du bist nicht wie die anderen Lannister. Aber du wirst in einem Zelt in meiner Nähe schlafen, wahrscheinlich wollen dich die Hälfte meiner Männer tot sehen." Erleichtert atmete ich tief aus: "Vielen Dank, doch ich kann Ihnen eins versprechen eure Gnaden. Wenn ich Joffrey das nächste Mal sehe, bring ich ihn selbst um." Überraschung und Neugierde zugleich zeigten sich auf Robb Stark Gesicht. Schließlich schlich ein Lächeln auf seine Lippen. Er nickte zustimmend.

Gedankenverloren strich ich über den Saum meines mittlerweile zerrissenen Kleides und spürte beruhigt den Dolch an meinem Oberschenkel. In meinen Gedanken stach ich damit Joffrey in sein nicht vorhandenes Herz. Der junge Wolf verstand die Geste wohl falsch und meinte: "Ich werde dir sauberes Gewand und etwas zum Essen bringen lassen." Dankbar machte ich einen Knicks, so wie ich es in Königsmund bei der Septa gelernt hatte. Dann huschte ich aus dem Zelt und wurde anschließend von zwei Männern zu meinem Zelt begleitet.

Katherine Lannister~Hear Me Roar~GOT(Staffel 1) Where stories live. Discover now