Dein Hintern ist nicht knackig genug.

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Als Niall wieder verschwindet, mache ich mich sofort wieder an die Arbeit.
Allerdings habe ich ein seltsames Gefühl dabei. Es ist wie dieses komische Gefühl, wenn jemand hinter einem steht. Allerdings auf die unheimliche Art und Weise. Meine Nackenhaare stellen sich leicht auf und ich fühle mich beobachtet.
Ob Harry wirklich vor der Kamera sitzt?
Jetzt in diesem Moment vielleicht?
Vielleicht hat Niall aber auch etwas falsch interpretiert. Vielleicht hat er gerade einfach nur die Kameras auf seinem Bildschirm gehabt, als Niall sein Büro betreten hat. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass Harry nichts anderes zu tun hat, als mich zu beobachten.

Die Stunden rasen so davon und ich bekomme tatsächlich noch mein Telefoninterview mit dem Leiter des Pflegeheims.
Erst gegen zwanzig Uhr bin ich mit allem fertig und schicke meine fertige Arbeit zur Abnahme.
Müde und gerädert packe ich meine Sachen zusammen und fahre in das Erdgeschoss, welches Menschenleer ist. Natürlich ist es das, Feierabend war schon vor drei Stunden.
Müde fahre ich mir über mein Gesicht, als ich draußen ankomme und meinen Blick das Gebäude hochgleiten lasse. Mir stockt der Atem, als ich erkenne, dass in Harrys Etage noch Licht brennt. Und beim genaueren hinsehen erkenne ich schemenhaft eine Gestalt am Fenster. Ob das Harry ist?
Es könnte aber auch eine Reinigungskraft sein, die gerade die Fenster sauber macht oder die Vorhänge zuziehen will. Allerdings beschert mir der Gedanke daran, dass es Harry sein könnte ein komisches, freudiges Gefühl im Bauch.
Ob er mir jemals verzeihen wird?
Laut Niall muss ich mir was überlegen, aber ich weiß wirklich nicht was. Harry hat alles - er braucht also keine Geschenke. Etwas Anderes fällt mir leider nicht ein.
Mehr als mich immer und immer wieder entschuldigen kann ich nicht.
Vielleicht sollte ich Liam um Rat fragen, allerdings bin ich mir sicher, dass er mich erst anschreien wird und ob er noch mit mir redet, weiß ich auch nicht. Eher nicht.

Seufzend schließe ich die Wohnungstür von Zayn auf und höre sofort Stimmen. Kaum habe ich die Tür geschlossen, verstummen diese aber und ich mache mich innerlich schon einmal auf den Anschiss meines Lebens bereit.
Ich betrete das Wohnzimmer und meine Vermutung bestätigt sich, als ich Liam und Zayn auf dem Sofa vorfinde. Ein leises "Hi", kommt aus meinen Mund, ehe ich meinen Rucksack in die Ecke stelle und unschlüssig im Raum stehen bleibe.
"Du bist spät", stellt Zayn fest und ich hebe meinen Blick, sehe in seine besorgten Augen.
"Ja ich...ich habe anscheinend noch meinen Job und  naja mein Auftrag heute hatte es ganz schön in sich", gestehe ich und sehe, wie Zayns Blick wachsam wird. "Blake hat die Kündigung ignoriert?", will er geschockt wissen, doch ich schüttele schnell meinen Kopf.
"Nein, H-Harry hat mich heute morgen angerufen und wollte wissen, warum ich zu spät bin".
Nun weiten sich Zayns Augen noch mehr und sein Blick schnellt zu Liam, der mich mit ausdrucksloser Miene mustert. "Wusstest du das?", will mein  bester Freund von ihm wissen und Liam schüttelt den Kopf. "Nein", brummt er, lässt mich nicht aus den Augen und in diesem Augenblick wünsche ich mir diesen stets besorgten Blick von Liam zurück. Zwar hat mich der Blick genervt, aber der war mir allemal   lieber als dieser emotionslose Blick hier.

Es bleibt still im Wohnzimmer und Zayns sowohl auch mein Blick liegen auf Liam, warten darauf, dass er endlich das los wird, was er zu sagen hat - doch Liam bleibt stumm.
Als weitere Minuten vergehen, ohne das auch nur irgendjemand einen Mucks von sich gibt, reicht es mir und ich stöhne genervt auf.
"Na mach schon, Liam. ", fordere ich ihn auf. "Schrei mich an, mach was du willst, aber sag endlich, was du zu sagen hast".

Wieder vergehen Minuten, bis sich Liam irgendwann räuspert und aufsteht. Noch immer sieht er mich kalt und emotionslos an, schüttelt dann den Kopf und verschwindet Kommentarlos in Zayns Schlafzimmer.
Frustriert lasse ich meinen Kopf hängen.
Das lief ja super.
"Ich werde mit ihm reden. Mir hat er ja auch verziehen", meint Zayn, lässt mich meinen Kopf heben und mit den Augen rollen. "Ja, er hat dir verziehen, weil du nackt über ihn hergefallen bist. Ich werde den Teufel tun und mich nackt zu Liam ins Bett legen".
"Das würde ich dir auch nicht raten", lacht mein bester Freund und steht auch auf. "Außerdem bist du nicht sein Typ. Dein Hintern ist nicht knackig genug".
Ich zeige ihm den Mittelfinger, ehe er leise lachend ebenfalls im Schlafzimmer verschwindet.

Toll.
Und jetzt?

Meine Laune sinkt immer mehr und als ich mich auf das Sofa lege, welches mein provisorisches Bett ist, wälze ich mich hin und her anstatt zu schlafen.
Immer wieder schaue ich auf meine Uhr, lasse Stunde um Stunde vergehen, doch der Schlaf will einfach nicht kommen. Unaufhörlich kreisen meine Gedanken um Harry. Was er wohl gerade macht? Ist er wach? Hat er wohlmöglich gerade einen Alptraum?
Bei dem Gedanken daran wird mir ganz anders.
Er sollte nicht alleine sein.
Er sollte diese Qualen nicht alleine durchleben.

Ich greife nach meinem Handy, öffne unseren Chat und schaue auf den Verlauf.
Es gibt so viel, was ich ihm noch sagen möchte, aber das passt alles nicht in eine Nachricht. Auch wäre das mehr als unpersönlich.
Traurig schaue ich mir sein Profilbild an. Mein Herz fängt an zu bluten und mir steigen die Tränen in die Augen. Wenn ich ihm schon viel eher von alledem erzählt hätte, wer weiß, vielleicht läge ich dann jetzt neben ihm. Vielleicht wären wir dann jetzt glücklich, eines dieser Paare, welches er nie sein wollte.
Die erste Träne verlässt mein Auge und bahnt sich einen Weg über meine Haut.
Verliebt sein ist doof.
Liebe ist doof.
Und ich, ich bin auch doof.
Ich habe es verkackt, so einfach ist das. Ich war zu feige um ihm die Wahrheit zu sagen und nun habe ich den Salat.
Immer mehr Tränen kommen dazu und ich versinke immer mehr im Selbstmittleid.
Als ein lautes Schluchzen meine Lippen verlässt, beiße ich mir auf meine geschlossene Faust, damit ich Liam und Zayn nicht wecke.

Ich muss das irgendwie wieder gerade biegen. Die Frage ist nur, wie?

SnooperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt