25 - W3LC0M3 H4UM

112 8 5
                                    



Max nippte am Rest ihres ein wenig zu kalt gewordenen Kaffees, während sie aus dem Fenster in Richtung der wohl durchgängig beleuchteten Fenster des Smarthomes starrte. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, was für einen furchtbaren Stromverbrauch dieses Haus haben musste. Wrench saß neben ihr auf dem Fahrersitz und tippte irgendwas auf seinem Telefon herum, das zusammen mit den LEDs seiner Maske ein wenig den Wagen erhellte. Sie hatten beschlossen noch eine Weile zu warten und die Lage zu beobachten, bevor sie dort einstiegen. Die Erlebnisse ihrer letzten Mission hatten sie wohl doch beide etwas vorsichtiger werden lassen. Inzwischen war es dunkel geworden und seit vorhin einer der Mitarbeiter von HAUM abgeschlossen und die Alarmanlagen eingeschaltet hatte, war bis auf ein paar Menschen, die sich das Haus von der Straße aus angesehen hatten auch niemand mehr dort gewesen. Anscheinend waren einige Leute neugierig, was genau es nun mit HAUM 2.0 auf sich hatte.

"Ich glaube, so langsam können wir uns vorbereiten, oder?", fragte Max und sah zu ihm rüber. Wrench schaute auf die Uhr und nickte. "Vielleicht sollten wir noch ein bisschen warten, bis wir einsteigen, aber wenn du magst können wir ja schon mal vorbeigehen und ein bisschen die Umgebung scouten...ich mein nur, bevor wir wieder ne Fluchtmöglichkeit oder Versteck brauchen und keins haben...", scherzte sie selbstironisch.

Wrench sah sie schief an, wahrscheinlich fast ein wenig vorwurfsvoll, dass das schon wieder jemand erwähnte. "Ja, du hast ja Recht.", gab er zu. "Es sieht ja bisher gut aus, oder? Wenn wir länger hier rumstehen, machen wir uns eh nur verdächtig", antwortete er. Sie hatten zwar extra etwas weiter weg und versteckt geparkt und nicht direkt gegenüber gewartet, aber trotzdem würden sie in so einer überwachten, spießigen Gegend wahrscheinlich schon mehr als genug auffallen.

"Eben, da sind heute auch schon haufenweise Leute vorbeigegangen, die sich das Haus angesehen haben. Von denen konnte sich auch mindestens die Hälfte den Schuppen nicht leisten, da fallen wir bestimmt auch nicht weiter auf", lachte Max beim Aussteigen. Langsam gingen sie den Hang in dem für ihren Geschmack viel zu aufgeräumten Vorzeigeviertel hinauf. An der Zufahrtsstraße gab es sogar eine Schranke, um unerwünschte Besucher fernzuhalten und an allen Häusern wahrscheinlich mehr Alarmanlagen und Lichtschranken, als irgendwo sonst in der Stadt. Wahrscheinlich riefen die Leute hier sogar direkt die Cops, wenn mal ein Nachbarskind eine Blume pflückte, die über den Zaun hing. Sie fragte sich, was für Leute überhaupt gerne in so etwas leben wollten. Da zog sie es lieber vor in ihrer winzigen Ein-Zimmer-Wohnung aus dem Rucksack zu leben, mal ganz abgesehen davon, dass die Häuser alle furchtbar hässlich waren.

"Man, wie ich moderne Architektur verabscheue...", murmelte Max, als sie sich dem Ausstellungshaus näherten.

"Was ist das Problem mit moderner Architektur?", fragte Wrench ein wenig verständnislos.

"Was ist nicht das Problem mit moderner Architektur? Es ist hässlich. Das Haus ist nicht mal verputzt, ich mein, was soll das denn?", entgegnete Max ein wenig gereizt und deutete auf die sehr unfertig aussehende Fassade. "Wir haben so viele Jahrhunderte an Menschheitsgeschichte mit so krassen kulturellen und architektonischen Errungenschaften. Was die allein an künstlerischem Wert haben und nebenbei für Meilensteine der Bauingenieurskunst sind. Die Menschheit hat immer danach gestrebt immer größer zu bauen oder höher und hat immer weiter die Grenzen des Möglichen ausgetestet und verschoben. Es sind so viele Leute, beim Bau dieser Kunstwerke und der Erschaffung dieses Wissens einfach gestorben. Da sind wir jetzt in nem Zeitalter angekommen, in dem technisch alles möglich wäre und die Menschheit baut DAS. Moderne Architektur verkörpert einfach alles, was ich an der Menschheit verabscheue." Angespannt verschränkte sie die Arme vor dem Körper.

Wrench blieb stehen und sah sie erstaunt an, sagte aber nichts. Auf seiner Maske waren nur einzelne Punkte zu sehen. Anscheinend wusste er nicht so recht, was er antworten sollte. "Ich ähm...wusste ja nicht, dass das Thema so große Emotionen bei dir hervorruft...komm wir gehen dir ein Eis holen...?", antwortete er und griff vorsichtig nach ihrer Hand.

LOVE-LETTER-FOR-YOU.TXT (Deutsch)Where stories live. Discover now