2. Nur noch einen Kuss

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James

„Happy Birthday.", flüsterte sie mir mit ihrer engelsgleichen Stimme ins Ohr. Die ausgebreitete Gänsehaut wurde stärker und die Besen in meinem Magen ließ sie auch wieder höher fliegen. Vor einigen Sekunden war ich durch ihre sanften Lippen auf meiner Brust wach geworden. Wie sehr ich dieses Gefühl doch genoss. Es war so vertraut und aufregend zugleich. So schön und voller liebe. Lächelnd darüber entfuhr mir ein unbeachtete Seufzer, als sie ihren Weg wieder zurück machte. Wider Erwartens. Eigentlich hatte ich gehofft ich würde einen guten Morgen Kuss bekommen. Doch stattdessen schien sie daran nicht mal interessiert zu sein. Aber was sagte ich da? Sie ließ meine Haut noch immer durch ihre federleichten Küsse brennen. Doch wollte ich dieses Brennen viel intensiver spüren. Denn wenn ihre Lippen auf meinen lagen, spürte ich dieses Brennen im ganzen Körper. Und dieses Brennen machte einfach süchtig.

Wahrscheinlich war im Endeffekt auch das der Grund, weshalb ich ungeduldig wurde und unsere, noch immer nicht ganz wach, Position änderte. Und ehe sich's Lily versah, hatte ich wieder die überhand. Amüsiert über ihr überraschtes Luftschnauben, schien ich nun vollkommen wach und drückte meine Lippen nun endlich auf ihre. So sehr ich es liebte, wenn sie mich umschmeichelte, wenn ich sie richtig küssen konnte, war alles viel viel schöner. Ihre zarten Lippen auf meinen, ihre Zunge mit meiner spielend. Gänsehaut überkam mich und hinterließ dieses angenehme prickeln auf meiner Haut. Mein Herz klopfte bis zum Abschlag, ebenso sehr wie mein Körper nach Luft verlangte. Innerlich verfluchte ich mich gerade dafür, dass sie durch ihre Lippen auf meiner Haut, meine Atmung so unkontrolliert gemacht hatte, dass ich nun nicht einmal genügend Luft für diesen Kuss hatte. So löste ich mich nach weniger Zeit schweren Herzens. Doch so bald ich wieder die Augen öffnete, in ihre strahlenden Augen sah und ihre schon leicht geschwollenen Lippen erblickte, verwickelte ich sie schon wieder in den nächsten Kuss. Wenn das alles, diese Gefühle, Empfindungen und Emotionen für immer blieben, konnte ich sagen, dass ich der glücklichste Mensch auf Erden war. Zu meinem Glück war ich mir sicher, dass all das für immer bleiben würde.

Mit bebender Atmung und gierig nach Luft schnappend, wollte ich sie schon wieder in einen weiteren dieser atemberaubenden Kuss verwickeln, als sie bestimmt ihren zarten Zeigefinger auf meine Lippen legte. Damit löste sie ein so elektrisches Gefühl in mir aus, dass ich sie sogar einfach nur anstarrte. Ihre Lippen waren geschwollen, ihre Wangen gerötet, das funkeln in ihren Augen zeigte mir liebe, doch auch Bestimmtheit. Amüsiert, jedoch voller Liebe bildeten ihre Lippen, welche ich noch immer am liebsten küssen würde, ein zarten Lächeln ab. Wie hypnotisiert starrte ich auf diese und verfolgte jegliche Bewegung, als sie sprach.
„Auch wenn ich bemerkt habe, dass du das jetzt zu gern immer und immer wieder machen würdest, sollte ich vielleicht erwähnen, dass wir in einer Stunde Unterricht haben. Doch wenn du Schwänzen willst, dann würde ich möglicherweise dieses eine mal darüber hinweg sehen.", spürte ich ihr Atem an mein Gesicht prallen. Augenblicklich verspürte ich wieder dieses Brennen und bemerkte, dass ihr zarter Finger noch immer bestimmt auf meinen Lippen ruhte. Eine ganze Weile brauchte ich, ehe ich mich von all diesen Überhäufungen der Emotionen lösen konnte, und verstand, was sie gesagt hatte. Mit fragenden und frechen Augen blickte sie mir entgegen. Noch immer wartete sie auf eine Antwort.

Und wenn ich sie jetzt einfach weiter küsste? Würde das so viele Konsequenzen haben? Ich wollte sie küssen. Ständig, immer und überall. Aber sie hatte recht. Wir mussten zum Unterricht. Doch hatte sie gemeint, dass sie sogar Schwänzen würde. Irgendwie. Aber wäre es nicht falsch der Grund zu sein, weshalb sie schwänzte? Sie hasste es zu spät zu kommen und verachtete es im allgemeinen zu Schwänzen. Doch sie bot es mir an. Mir schien nichts im Wege zu stehen. Außer mein Gewissen. Ich wollte sie küssen. Mehr als alles andere. Doch ging das nicht. Wir würden wichtigen Stoff verpassen, wichtige Zeit um uns auf die Prüfungen vorzubereiten. Musste sie denn jetzt mit dem Angebot kommen?! Hätte sie das nicht vor einem Jahr vorschlagen können?! Wie ich es manchmal hasste vernünftig und weitdenkend zu sein! Argh!

„Nur noch ein Kuss.", wisperte ich gegen ihren warmen Finger. Ein mildes, aber auch zufriedenes Lächeln bildete sich auf ihrem Mund ab, ehe ich ihren Finger von meinem nahm und mir einen letzten Kuss abholte. Genießerisch und noch immer mit wild klopfendem Herzen, empfing ich wieder diese Gänsehaut. Wärme durchströmte mich und ließ mich so in eine Trance versetzen. Doch leider war meine Atmung noch nicht allzu regelmäßig gewesen, weshalb ich mich wirklich widerwillig von ihr löste. Doch nur wenige Zentimeter. Starr blickte ich wild atmend in ihre klaren grünen Augen und erkannte genau das, was ich fühlte. Liebe, Zuneigung und Wille. Doch interpretierte ich in das letzte wahrscheinlich einfach zu viel hinein. Ich würde sie zu nichts zwingen, keine Anstalten machen, dass ich es unbedingt wollte. Sie wollte. Ich würde warten können. Und das würde ich immer.

„Um ehrlich zu sein, könnte ich mich daran gewöhnen so geweckt zu werden.", grinste ich sie frech an. Ihr Lachen prallte gegen mein Gesicht und hinterließ dieses Kribbeln darauf. Manchmal fragte ich mich, ob sie wusste, was sie mit ihrem glockenklaren Lachen in mir anstellte.
„Nein, vergiss es. Dann wäre es doch nichts besonderes mehr.", grinste sie ebenso schelmisch zurück. Lächelnd darüber strich ich ihr ihre Wange entlang. Sinnlich empfing ich ihre Wärme und das Fühlen ihrer zarten Haut. Sie war so schön. Wunderschön.
„Und jetzt runter du Fettsack! Wir müssen uns beeilen, sonst kommen wir zu spät!", meinte sie wieder mit ihrer strickten Stimme, doch hörte ich auch die Unsicherheit dahinter. Sie brachte diese schier harmlose Berührung ebenso aus dem Konzept wie mich. Sowohl lachend darüber, als auch über ihren Kommentar, rollte ich mich schweren Herzens von ihr runter und betrachtete sie eingehend. Ihr rotes Haar war etwas zerzaust, fiel ihr glänzend über den Rücken und rundete das Bild ab. Wie sie im Shirt aufstand und schon fast aus dem Zimmer rannte, um die erste im Bad zu sein. Lächelnd darüber bemerkte ich mal wieder, dass ich so viel Glück in meinem Leben hatte. Allein Lily war ein Segen.

„Willst du noch duschen?", rief ich fragend aus dem Zimmer, Richtung der offenen Tür. Ich vernahm wiedermal das vertraute Klappen ihres begehbaren Kleiderschranks, ehe sie auch schon mit ihrer süßen Stimme antwortete.
„Nein, wir können uns von mir aus gemeinsam die Zähne putzen und fertig machen.", rief sie mir nun auch zu. Das ließ ich mich nicht zweimal sagen! Wie ein überglückliches Kleinkind sprang ich auf, schnappte mir meine Uniform, zog mir eine neue Boxershorts an und rannte schon fast zu Lily ins Bad. Diese begann lauthals an zu lachen, als sie mein vermutlich fett grinsendes Gesicht sah. Sollte sie doch lachen. Ich liebte es so viel Zeit wie möglich mit ihr zu verbringen. Und wenn es nur das albern während des Zähneputzens war.

Spaßig und rum albernd putzten wir dann schließlich auch die Zähne, zogen uns unsere Uniformen an und ich betrachte Lily eingehend, während sie ihre Haare bürstete. Irgendwie liebte ich diesen konzentrierten, aber zugleich liebenden Ausdruck in ihren Augen. Also nicht das ihr mich falsch versteht. Sie blickte mich anders liebend an, als ihre Haare. Also mich blickte sie intensiver an. Also, ach ihr wisst was ich meine!

„Fertig?", fragte ich sie, als sie ihre Bürste beiseite legte und schlang meine Arme um ihren Körper. Interessiert blickte ich in den Spiegel, direkt in ihre Augen und erkannte wieder den vertrauten, genießerischen Ausdruck darin. Leicht gab ich ihr einen Kuss in den Nacken, ehe sie sich umdrehte.
„Ich muss mich noch kurz anmalen, wie du es nennst. Geht schnell. Dein Geschenk bekommst du dann heute Nachmittag ja? Ich würds dir ja jetzt schon geben, nur ist es schon recht spät.", musterte sie mich fragend. Einverstanden nickte ich, wenn ich auch zu dem ersten Teil nicht besonders gut gestimmt war. Aber gut, ich ließ es mittlerweile das alles zu kommentieren. Ich wusste, dass sie es nicht übertrieb, weshalb ich auch gar nichts besonderes mehr dazu sagte. Zumal sie innerhalb von wenigen Minuten schon soweit war.
„Ok. Dann pack ich unsere Sachen zusammen.", meinte ich und ging nach ihr aus dem Bad. Ihr hinterher blickend, wie sie wunderschön zu ihrem Zimmer stolzierte, und mir ein leichtes Lächeln schenkte. Ich war hin und weg von diesem Mädchen.

Jily für immer - 2Where stories live. Discover now