*28* Verliebt

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Jesley's P.o.V:

Verschlafen und erschöpft blinzle ich ein paar Mal, bis sich meine Augen an das Licht gewöhnt haben.

Ich befinde mich in einem Zimmer, das mir sehr bekannt vorkommt. Es ist mein altes Zimmer im Landhaus.

An meiner Stirn klebt eine große Mullkompresse, darunter spüre ich ein unangenehmes Pochen.

Langsam kehrt die Erinnerung von gestern zurück. Die Klippenwölfe, das völlig überfüllte Rudelhaus, meine Bekanntschaft mit der Kommode, Clayden.

Ich muss eingeschlafen sein, wie peinlich. Mit einem kurzen Kontrollblick überprüfe ich meine Kleidung. Unterwäsche und ein mir viel zu Großes T-Shirt, höchstwahrscheinlich von Clayden.

Augenrollend schnappe ich mir einen Pulli, der auf dem Boden herumliegt und ziehe ihn an. Er geht mir bis zur Mitte meiner Oberschenkel und riecht unfassbar gut. Clayden eben.

Dann gehe ich aus dem Zimmer die Treppe nach unten Richtung Küche. Dort steht Tine am Herd und wuselt mit ihren tausend Töpfen und Pfannen herum, Clayden und Cole sitzen mit viel Papierkram am Küchentisch und telefonieren.

»Hallo mein Kind, na? Gut geschlafen? Was macht der Kopf? Hast du Hunger? Magst du einen Tee? Oder Kaffee?«

Überfällt mich Tine und streichelt mütterlich meine Wange, was Clayden mit einem strengen Blick jedoch beendet.

»Danke Tine, ein Wasser reicht mir.«

Lächle ich ihr zu, nehme dankend das Glas entgegen und trinke es sofort leer.

Stirnrunzelnd beendet Clayden sein Telefonat und zieht mich bestimmend auf seinen Schoß. Kurz knurre ich ihn genervt an, was er aber gekonnt ignoriert. Immer diese besitzergreifenden Alphas!

»Jesse, du musst etwas essen. Ich will nicht, dass du mir nochmal umkippst. Meinst du nicht, das war erstmal genug Aufregung?«

»Jaja, ist ja schon gut, ich werde schon nicht Magersüchtig, jetzt entspannt euch doch alle mal!«

»Pff, das sagt sich in deiner Situation leicht!«

Kommt es von Cole, der ebenfalls mittlerweile aufgelegt hat und mich herausfordernd angrinst.

»Was soll das denn heißen?«

Frage ich verwirrt. Dass der aber auch nie in klaren Worten reden kann!

»Naja, du bist nicht gerade einfach, wenn man das so sagen darf. Angefangen mit der gemeingefährlichen Attacke gegen mich, dann rennst du weg, kippst um, rennst wieder weg, zerstörst dein halbes Zimmer, dringst in unser Hochsicherheitsgefängnis ein und haust dir dann auch noch den Kopf an, was dazu führt, dass du in einen ewigen Dornröschenschlaf fällst. Sich zu entspannen fällt einem da nicht mehr so leicht.«

Leicht angepisst räuspert sich Clayden und streichelt beruhigend meinen Arm.

Beleidigt schweigend verschränke ich die Arme und lehne mich leicht gegen Clayden, der sofort seinen Arm um mich legt.

»Wie ist denn eigentlich die aktuelle Lage? Kann mir irgendwer Mal verraten, was überhaupt passiert ist?«

Wechsle ich das Thema, sofort schlägt die allgemeine Stimmung im Raum und und alle werden Ernst.

Tine dreht sich zu ihren Töpfen und rührt eifrig in einem von ihnen herum, Cole beugt sich über einen Aktenordner und macht sich höchst konzentriert irgendwelche Notizen.

Clayden seufzt ergeben auf und dreht mich so, dass ich ihn anschauen kann.

»Also. Wie du schon mitbekommen hast, haben die Klippenwölfe uns angegriffen, wer weiß, wieso. Sie haben großen Schaden angerichtet und das zu Hause von vielen aus dem Rudel zerstört.

Alle, die ein Haus oder eine Wohnung in der Stadt haben, sind dorthin gegangen und warten auf weitere Anweisungen von mir. Alle anderen, was Mal so nebenbei gesagt sehr viele sind, müssen wir jetzt notdürftig hier unterbringen.

Letzte Nacht haben alle im Haus einen Platz gefunden, das funktioniert jetzt allerdings nicht mehr, es kam zu Streitereien und viele Möbel sind zu Bruch gegangen, man kann so viele Wölfe einfach nicht auf so engem Raum zusammen halten.

Das bedeutet, wir müssen jetzt einen Plan machen wer wo schläft, damit wir die Zeit, in der wir die Hütten wieder aufbauen müssen, so friedlich wie möglich überbrücken können.«

»Aha. Das heißt, selbst wenn ich dir jetzt den heftigsten Korb deines Lebens verpassen würde müsste ich immernoch auf dir herumsitzen weil wir so wenig Platz haben?«

Frage ich schleimig und mit einem provokanten Lächeln.

»Das wäre zumindest mein erster Korb, Schätzchen«

Grinst er selbstverliebt und jegliche Farbe weicht aus meinem Gesicht. Clayden streicht mir liebevoll eine lose Strähne aus dem Gesicht und streichelt meinen Rücken.

»Weil ich noch nie einem Mädchen so nah gekommen bin wie dir«

Beendet er leise seinen Satz und schaut mich verliebt an.

Mit einem Lächeln streiche ich ihm durchs Haar, woraufhin er leise anfängt zu schnurren. Seine haselnussbraunen Augen strahlen Ruhe und Zufriedenheit aus und würde er mich nicht festhalten wäre ich wohl verträumt vom Stuhl gerutscht.

»Hrmmm...«

Leicht genervt räuspert sich Cole und klopft ungeduldig mit seinem Stift auf dem Tisch herum.

»Ist ja schon irgendwie süß, euer rumgekuschel oder was auch immer das sein soll, aber knapp 100 Wölfe warten darauf, dass ihnen gesagt wird wo sie die nächsten Wochen oder Monate wohnen werden!«

»Jajaja, gönn mir doch Mal zwei Minuten Pause!«

Murrt Clayden ohne den Blick von mir zu wenden.

»Würde ich ja, wenn die Lage nicht so verdammt ernst wäre. Also...?«

Ein bisschen verlegen rutsche ich von Claydens Schoß und setze mich im Schneidersitz auf die Bank.

Cole hat ja Recht, das zu Hause des gesamten Rudels ist abgebrannt und ich tausche Liebeleien mit meinem Mate aus.

Genervt seufzend fährt sich Clayden durch sein Haar und zieht sein Laptop zu sich herüber.

»Also dann. Wir haben im Moment 25 Zimmer für jeweils zwei bis fünf Personen zur Verfügung. Unterzubringen sind insgesamt 118 Wölfe, unterteilt in 31 Familien. Das wiederum heißt, wir müssen sechs Familien ausquartieren. Außerdem müssen wir die Familien auf die beiden Stockwerke aufteilen, sodass es keine Streitereien gibt wegen Ruhestörung oder den Welpen.«

Nachdenklich verstummt Clayden und runzelt konzentriert die Stirn, während er angestrengt auf eine Tabelle auf seinem Bildschirm starrt.

»Macht es nicht am meisten Sinn die Familien mit den jüngsten Welpen nach draußen zu verfrachten? Dort können sie keinen stören«

Schlägt Cole vor, doch Clayden runzelt verwirrt die Stirn und Tine stemmt empört ihre Arme in die Seiten.

»Na hör Mal! Der Sommer neigt sich dem Ende zu und es wird kälter draußen! Die kleinen werden erfrieren!«

»Oh. Ups«

Unwillkürlich muss ich Grinsen. Würde es keine Werwölfe und somit auch keine Mates geben hätte ich mich ziemlich sicher in Cole verknallt. Er ist einfach zu süß, wenn er dumm ist.

Aber natürlich ist Clayden eine Millionen Mal süßer.

Oh mein Gott, wie konnte das passieren?? Ich hab mich ernsthaft in Clayden verliebt! In meinen Mate!

Und das schlimmste ist, dass ich nichts falsches dabei finden kann! Wo soll das noch enden?

One and a half wolves [1]Where stories live. Discover now