Am Strand

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Am Bahnhof von Kings Cross herrschte großes Gewühl. Reisende drängten aneinander vorbei, Kinder riefen und Zügen fuhren quietschend ein. Harry versuchte, ruhig zu atmen und sich auf den Druck von Severus Hand zu konzentrieren. Der Mann hielt ihn fest und zog ihn durch die Menge.

Am Morgen hatten sie sich von Remus verabschiedet, um mit dem Zug bis an die französische Atlantikküste zu fahren. Severus hatte ihm erklärt, dass sie es bevorzugten auf Muggelart zu reisen, da es schwierig war, an einen Portschlüssel zu kommen, denn das Haus der beiden lag in einer Gegend, in der nur Muggel lebten. So standen sie jetzt auf einem Bahnsteig und warteten auf den Zug. Hier waren weitaus weniger Menschen, als noch in der großen Bahnhofshalle. Harry entspannte sich etwas. Severus ließ die kalte Hand des Jungen los und sah ihn forschend an.

»Alles in Ordnung?«, wollte er wissen.

»Ja, geht schon wieder...«, sagte Harry. Im selben Moment fuhr der Zug ein. Zielsicher ging Severus auf eine Tür zu und ließ Harry zuerst einsteigen. Er führte ihn durch die schmalen Gänge, bis sie vor einem Abteil hielten.

»Hier ist es«, sagte der Lehrer und öffnete die Schiebetür. Das Sechserabteil war bis auf zwei Plätze voll besetzt. Severus setzte sich auf den leeren Platz am Fenster, während Harry neben ihm in der Mitte Platz nahm. Zu seiner linken Seite saß eine ältere Frau, die ihm freundlich zulächelte. Der Zug fuhr los und schnell ließen sie London hinter sich. Severus holte ein Buch hervor und begann zu lesen. Harry mochte es Zug zu fahren. Für ihn bedeutete es seit dem September vor einem Jahr, dass er nach Hause fuhr, weg von einem Leben voll Schmerz und Hunger.

Der Tag im Zug verging und Harry merkte, wie er müde wurde. Immer häufiger sank sein Kopf nach vorne, doch allzu schnell schreckte er wieder hoch. Snape las noch immer und hatte kaum mit ihm gesprochen, seit sie abgefahren waren. Die Dame neben Harry, die gerade erst wieder erwacht war, nachdem sie, bereits einige Stunden geschlafen hatte, sah den Lehrer missbilligend an, sagte aber nichts. Irgendwann stand Harry auf und antwortet auf Severus' fragenden Blick: »Ich muss zur Toilette!«

»Geh ich recht in der Annahme, dass der Kleine zu ihnen gehört?«, fragte die Dame leise an Severus' gewandt, um die übrigen Fahrgäste nicht zu wecken, als Harry aus dem Abteil war.

»Ja, durchaus«, antwortet dieser irritiert.

»Nun, aber sein Vater, sind sie wohl nicht!«, sagte sie nun deutlich strenger.

»Vormund«, kam es vorsichtig von Snape.

»Dachte ich mir doch. Sie scheinen keine Ahnung von Kindern zu haben. Der Junge ist todmüde, aber auf seinem Sitzplatz kann er nur schwer schlafen. Sie sollte ihm erlauben, sich bei ihnen anzulehnen. Sonst tu ich es!«, Severus war für einen Moment sprachlos. Die Dame hatte recht, Harry schien wirklich sehr müde sein, aber er hatte schlicht nicht daran gedacht, dass er in der Mitte nur schlecht schlafen konnte. So nickte Severus nur knapp und die Dame wendete sich wieder ihrem Kreuzworträtsel zu. Severus legte sein Buch beiseite und wartete auf Harrys Rückkehr. Wenige Minuten später kehrte dieser zurück und setzte sich wieder auf seinen Platz. Die ältere Dame beobachtet Severus aus den Augenwinkeln.

»Bist du müde?«, wollte Severus an Harry gewandt wissen. Der Junge sah überrascht auf und nickte zögernd. Severus zog seinen Umhang von der Gepäckablage und legte ihn auf seinen Schoß.

»Komm, leg dich hin und schlafe etwas, wir fahren noch eine Weile«, sagte er. Harry sah ihn erst überrascht an, aber als Severus vorsichtig lächelte, tat er wie ihm geheißen und legte seinen Kopf auf den Schoß des Mannes. Die Beine zog er an. Es dauerte nur wenige Momente, da war er eingeschlafen. Die Dame nickte Severus lächelnd zu.

»Wären sie vielleicht so nett?«, flüsterte er ihr zu und wies auf Harrys Umhang, der noch auf der Gepäckablage lag. Die Dame verstand sofort, stand auf, holte den Umhang und deckte Harry damit zu. Dann zog sie ihm vorsichtig die Schuhe aus und bettete seine Beine ganz auf dem Sitz. Fragend sah Severus sie an.

Mit deinen AugenWhere stories live. Discover now