48. Gefühlschaos

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Joyce' Sicht:

Wir hatten eine Art Unterschlupf für die Nacht gefunden. Es war ein geschützter Ort hinter einem alten Schiffswrack gewesen. Die Temperaturen des heißen Nachmittags waren deutlich gesunken, weshalb wir uns, nicht nur wegen Lichtproblemen, ein Lagerfeuer gemacht hatten. Das nötige Holz zu finden, war erstmal Arbeit genug. Doch wenigstens knisterte das Feuer nun vor sich hin.

Es erinnerte mich an die Zeit im Labyrinth. Die Feste, die wir gefeiert hatten und an die ausgelassene Stimmung. Gedankenverloren schaute ich in die Flammen.

„Ich dachte, dass wir angeblich immun wären." sagte Minho plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken. „Nicht alle von uns. Wie's aussieht..." sagte Teresa welche bereits am Lagerfeuer lag. Ich schaute auf sie hinab. „Wenn Winston sich anstecken konnte, dann sollten wir annehmen, dass das für uns alle gilt." sagte Newt und schaute ebenfalls in die Flammen.

Die Flammen beleuchteten seine Gesichtszüge und ließen ihn trotz seiner jungen Gesichtszüge älter wirken. Ich schaute ihn leicht verträumt an, schüttelte dann aber den Kopf und brachte somit Ordnung in meinen Kopf.

„Ich hätt' nie gedacht, dass ich das mal sage, aber ich vermisse die Lichtung." sagte Pfanne neben mir. Zustimmend nickte ich. Eine einzelne Träne kullerte seine Wange hinunter. Winston war sein bester Freund gewesen. Tröstend legte ich eine Hand auf seinen Arm und stellte mich dann hin. „Wo gehst du hin?" fragte Thomas leise und schaute mich fragend an. „Ich brauche etwas Zeit für mich." flüsterte ich ebenso leise und ging davon.

Ich lief hinter den sogenannten »Unterschlupf« und setzte mich dann auf ein dort liegenden Stein. Naja, vielleicht war es auch Beton. Man kann ja nie wissen. In der Ferne sah man ganz leicht die Umrisse der Berge aufblitzen. Wir müssen bestimmt noch den nächsten Tag durchlaufen, um am Fuße des Berges anzukommen.

Missmutig legte ich mein Kinn auf das eine angezogene Knie ab und schloss kurz die Augen. „Darf ich mich zu dir setzen?" fragte plötzlich eine Stimme hinter mir.

Ich zuckte zusammen und sah dort die Silhouette von Newt stehen. Ich machte nur eine Handbewegung und drehte mich dann wieder um. Newt setzte sich neben mich, allerdings mit viel Abstand. Ich runzelte die Stirn, irgendwas war doch los mit ihm.

„Ist alles gut?" fragte ich ihn eindringlich. „Ich wollte..... mit dir über was reden." stotterte er vor sich hin.

„Ähm ok-." begann ich, wurde dann aber forsch von ihm unterbrochen. „Was läuft da zwischen dir und Thomas?" warf er mir direkt an den Kopf. Sofort drückte ich meinen Rücken durch und schaute ihn Verständnislos an. Wusste er jetzt, dass Thomas und ich Zwillinge waren? „I-Ich weiß nicht was du meinst." sagte ich verwirrt.

„Ach, tu doch nicht so." zischte er mich an. Perplex starrte ich ihn an. „Man sieht doch ganz genau, dass ihr euch nah steht. Schon allein wie er sich um dich sorgt. Sag schon, Joyce", er sagte meinen Namen ziemlich fies „was läuft da zwischen euch?!" „Gar nichts! Und außerdem, warum interessiert dich das?!" sagte ich sauer und stand auf. „Weil ich mich um dich sorge und dich beschützen will."

Irgendwie kam das ziemlich flehend rüber. Doch mit reichte es langsam.

„Verdammt Newt! Was ist denn los mit dir?! Zuerst pampst du mich wegen jeder Kleinigkeit an und jetzt sagst du, dass du mich einfach nur beschützen willst? Musst du nicht, also hör auf mich beschützen zu wollen!" zickte ich ihn wütend an. Das Maß war für mich gestrichen voll.

Er deutete hinter sich zu den anderen und stand nun ebenfalls auf. Man sah ihm an, dass er auch langsam sauer wurde. „Ach, aber er darf das, oder was? Das geht schon so seit er auf die Lichtung kam! Ständig war er da! Andauernd war er bei dir!" Gegen Ende wurde Newt richtig laut. An seiner Schläfe pulsierte eine Ader und er atmete schwer auf. Fassungslos starrte ich Newt an. Mir fehlten die Worte. Ich stöhnte auf und fasste mir an die Stirn. Das war für ihn anscheinend Bestätigung genug, da er laut schnaubte.

„Also hatte ich recht. Ihr seid echt zusammen." stachelte er weiter und wollte sich umdrehen. „Was!? Nein! Newt! Stopp! Ich bin noch nicht fertig!" sagte ich laut.

„Ich aber. Und zwar fertig mit dir." sagte er mit zusammengepressten Lippen und drehte sich dann schließlich doch um. Die Tränen kamen mir hoch und liefen mir über die Wangen. Ich biss mir auf die Lippe. Scheiße, ich durfte Newt nicht verlieren, er war mir der wichtigste Mensch.

Also erfasste ich einen Entschluss. „Er ist verdammt nochmal mein Bruder." schrie ich ihn mit verheulter Stimme an. Mir war es egal, dass die anderen uns vermutlich hörten. Abrupt blieb Newt stehen und drehte sich zu mir um. Er hatte ebenfalls Tränen auf den Wangen.

„Thomas,....E-Er ist mein Bruder. Mein Zwillingsbruder." gestand ich und krallte mich in den Stoff meiner Jackentasche. Ein Schluchzer verließ meinen Mund. Hastig drückte ich meine Hand auf den Mund um weitere zurückzuhalten und wischte mir mit der anderen die Tränen weg. Newt ging langsam auf mich zu und stand dann direkt vor mir. Ich wagte es nicht in seine enttäuschten Augen zuschauen. Ich hätte es ihnen früher sagen sollen. „Thomas, ist er wirklich dein Bruder?" fragte er mich mit belegter Stimme.

Stumm nickte ich nur, als ich plötzlich zwei Hände an meinen Wangen fühlte. Newt übte sanften Druck aus und drückte somit mein Gesicht hinauf, damit ich ihn ansehen konnte.

Er musterte mein Gesicht und blieb dann an meinen Augen hängen. Vorsichtig wischte er mit den Daumen die Tränen Reste weg.
Seine Wangen waren in dem spärlichen Licht gerötet und in seinen Augen schimmerten Tränen. „Ich hätte dir die Wahrheit sagen sollen." flüsterte ich erschöpft und verzweifelt. „Besser spät als nie." flüsterte er und ich dachte zuerst, dass er damit mein Geständnis meinte, als er plötzlich seinen Kopf zu mir runter beugte und vorsichtig seine Lippen auf meine legte.

Ich riss die Augen auf und ließ es einfach geschehen. Newt löste sich wieder von mir und schaute mich verwirrt an. „Tu-Tut mir leid. Ich ähm... hätte das nicht tun dürfen." stotterte er und rieb sich den Nacken.

„Doch. Aber wenigstens hat sich einer getraut, den ersten Schritt zu machen. Deshalb tut mir auch das jetzt nicht leid." sagte ich, nachdem ich mich gefangen hatte und zog Newt zu mir runter. Ehe er reagieren konnte, hatte ich meine Lippen auf seine gelegt und ihn näher an mich ran gezogen. Ich lächelte in den Kuss hinein. Das war mit Abstand das Beste was mir jemals passiert ist. Ich löste mich vorsichtig von ihm und drückte ihn wieder an mich. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und genoss die Nähe.

„Joyce, du weißt das ich dich liebe und unglaublich froh bin dich zuhaben. Seit du damals auf die Lichtung gekommen warst. Ich wusste, dass du dir von keinem irgendwas sagen lassen würdest, nachdem du Gally so alt aussehen lassen hast. Deshalb bin ich einfach froh, dass es jetzt raus ist." flüsterte Newt mir leise ins Ohr. Wieder spürte ich wie ich rot wurde und musste lächeln. „Newt, danke. Danke, dass du immer für mich da warst. Und du bist mir so unglaublich wichtig. Mehr als alles andere." gestand ich leise.

„Auch mehr als deinen Bruder?" fragte er mich leise. Ich verdrehte kichernd die Augen. „Thomas.... Er ist mein Bruder und die einzige Familie die ich noch habe. Natürlich liebe ich ihn. Aber genauso liebe ich Minho als Bruder. Doch du, Newt, bist so vieles mehr, als nur ein Bruder für mich. Du bist der Junge in den ich mich verliebt habe." murmelte ich.

Newt grinste mir ins Gesicht. Seine dunklen Augen funkelten. „Da bin ich aber froh." gluckste er und zog mich an sich. Mit einem seufzen kuschelte ich mich in seine Arme und lächelte in mich hinein.

Endlich hatten wir diesen Streit beseitigt. Und endlich war Klarheit zwischen uns gekommen.

𝐉𝐎𝐘 𝐢𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐀𝐙𝐄Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt