111. Ich hasse Entschuldigungen. Aber die hier ist ganz vielversprechend.

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 PoV: Meddi

 Unruhig hüpfte ich im Rhythmus der Musik von einem Bein auf das andere. Und nein, ich musste nicht auf Klo.

„Wolltest du nicht los?“ Ich hatte Melli gar nicht gehört. Das lag nicht daran, dass sie sich leise bewegte, sondern an meiner Musiklautstärke. Das hatte sich ohnehin als Problem heraus kristallisiert. Ich hörte alles. Vor allem Nirvana und HipHop. Bei Karsten liefen ununterbrochen seine BestOf – Mixtapes, deren Inhalt überwiegend aus den Achtzigern stammten. Oli war der Inbegriff von Reggae. Melli hörte eher dieses Pop/ Rock Zeug, was gerade in den Charts lief, auch wenn sie auf die absolut schrecklichen Lieder meistens verzichtete und Marie... Sie mochte die Lieder, die sie in Filme entdeckt hatte. Und nahm keine Rücksicht darauf, dass man nicht einfach nach irgendeinem Abba-Lied (schlimm genug, dass sie überhaupt Abba hörte) direkt mit den Beatles nachlegen konnte. Meine Meinung. Dann hatte Marie aber argumentiert, dass ich dann gefällig auch nicht Alligatoah hören durfte, weil niemand diese Musik mochte. Abgesehen von mir.

Und jetzt hatte ich eine begrenzte Stundenzahl, was meine Musik in voller Lautstärke anging. Das hatte jeder. Aber Oli und ich würden da am meisten drunter leiden.

„Ja“, druckste ich kleinlaut rum und schob mit dem Fuß den letzten Haufen uneinsortierter Klamotten zur Seite. Falls ihr euch wundert, warum ich seit sechs Stunden Videos produzierte und hin und wieder einen Müllhaufen in meinem Zimmer von einer Ecke in die nächste schob, wenn ich nicht gerade sinnlos zu „School“ von Nirvana durch die Gegend hüpfte ich schindete Zeit. Denn eigentlich hatte ich Felix versprochen heute zu ihm zu kommen. Wegen putzen und so. Und im Nachhinein („Nachhinein“ ist ein dehnbarer Begriff) hatte ich festgestellt, dass ich mich bei ihm entschuldigen müsste. Und ich hasste es, wenn ich wusste, dass ich mich entschuldigen musste. Und meistens ließ ich es. In diesem Fall konnte ich es aber nicht einfach lassen. Weil ich Felix... sagen wir, weil ich Felix vermisste. Und klar, wir hatten uns erst gestern gesehen, aber ihr wisst, was ich mit „vermissen“ meine.

 „Und warum bist du dann noch hier?“ Melli hielt sich probeweise eines meiner Oberteile, die ich im TomorrowLand angehabt hatte vor den Oberkörper.

„Das ist ja nicht mal ein BH.“ Ich nahm ihr das Oberteil weg und warf es auf den Wäschehaufen. Und doch, es war mehr als ein BH.

„Findest du, dass ich zu Felix gehen sollte?“ Melli sah mich unschlüssig an.

„Frag jemanden, der mehr als die Aufreißerseite von diesem Jungen kennt. Obwohl ich auch ohne das entsprechende Wissen sehe, dass der Gedanke an den Jungen dein Gehirn kaputt macht und dass du in deinem Inneren jemanden willst, der dich vor der Haustür von Felix absetzt.“ Ich wurde rot.

„Meinetwegen. Und was soll ich anziehen?“ Aus der Tür ertönte ein Lachen. Gott, wie ich es hasste, wenn ausgerechnet dann Kerle in der Tür standen, wenn ich ausnahmsweise Mal Mädchengespräche führte. Und vor allem hasste ich es, wenn Oli und Melli ihr perfektes Päarchenglück demonstrieren mussten. Was sie in Form eines Kusses auch taten.

 „Meddi, Meddi. Du hast ein großes und bösartiges „My favourite character died. Again.“- T-Shirt an, das wunderbar das Lebensziel deines so gehassten George R. R. Martin (*das wäre der bösartige Autor von Game of Thrones*) widerspiegelt, und dazu eine einfache weiße Hose. Hübscher wird es nicht mehr.“ Das war Oli. „Du bist nicht nackt, also passt das schon“. Immer. Ich fragte mich, wieso Melli immer noch so begeistert bei unseren Shoppingtouren mitmachte.

„Oli hat Recht. Geh zu deinem Lover. Auch wenn er ursprünglich ein Aufreißer ist. Aber du und deine Kerle waren ja schon immer besonders.“ Während sie redete, begann Melli durchs Zimmer zu laufen und stopfte in einen meiner Beutel meinen Schlüsselbund, mein Handy und mein Portemonaie. So als Hintergrundinfo, Marie war mal wieder bei ihrem Lieblingsgorilla, Karsten war gerade ins Fitnessstudio gegangen und ich wurde das Gefühl nicht los, dass die zwei mich aus offensichtlichen Gründen loswerden wollten und schon den ganzen Tag darauf warteten, dass die WG mal für ein, zwei Stunden leer war. War alles verständlich. Schließlich hatten die beiden zwei Wochen bei ihren Eltern verbracht und vermutlich ein paar Bedürfnisse hinten anstellen müssen. Nur deshalb ließ ich mich so kommentarlos aus der Wohnung schieben.

Ja, Nein, Vielleicht | DnerWhere stories live. Discover now