Geschenk oder Fluch?

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Bevor er allerdings etwas sagen konnte, kamen Isabella und Olivia dazu.
,, Geht es dir wieder besser?", wollte Olivia sofort wissen.
,, Ja, Edward konnte mich ablenken", erwiderte ich und sprang vom Sofa auf.
,, Lass uns in mein Zimmer gehen", entschied ich. Sie nickte wieder und folgte mir.
,, Du kennst Bella also schon etwas länger?", fragte ich möglichst beiläufig auf dem Weg.
,, Ja, schon etwas länger, aber wir hatten lange nichts mehr miteinander zu tun." Nachdenklich verzog sie das Gesicht.
,, Was ist?"
,, Ich möchte den Jungs nicht noch einmal begegnen. Ich weiß nicht, wieso sie mich nicht in Ruhe lassen können...", flüsterte sie und ließ den Kopf hängen.
,, Wie lange läuft das denn schon?", fragte ich und presste meinen Mund kritisch zusammen.
,, Mehrere Wochen... die Jungs gehen auf meine Schule."
,, Auf welche Schule gehst du?", wollte ich mit einer genialen Idee im Hinterkopf wissen.
,, High School in La Push, wieso?", antwortete sie lustlos.
,, Ich kenne ein paar Leute, die dort zur Schule gehen. Ich werde ihnen sagen, sie sollen etwas auf dich achten", erwiderte ich lächelnd. Ich fand meinen Plan genial.
Ich öffnete meine Zimmertür, während Liv schon ihre Bedenken äußerte.
,, Wer genau? Ich denke nicht, dass das so eine gute Idee ist. Nachher machen die mich auch noch fertig, weil sie es so lächerlich finden"
Nachdenklich trat sie in mein Zimmer, ohne es richtig zu betrachten. Glücklicherweise musste ich mir deshalb keine 'ich habe kein Bett Ausrede' einfallen lassen.
,, Nein, das sind ganz nette Jungs, wirklich! Warum sollten sie es lächerlich finden?"
Ich ließ mich, mehr oder weniger zufrieden, auf mein Sofa fallen und Olivia setzte sich neben mich.
Ich lag eher entspannt und lässig auf dem Sofa, Olivia saß allerdings steif dort, ihre Hände auf die Beine gelegt. Schnell rappelte ich mich auf und setzte mich neben sie.
,, Keine Sorge, du kannst mir vertrauen. Ich sorge dafür, dass sie Jungs dir nichts mehr tun werden", versuchte ich sie aufzumuntern und stieß sie leicht an, um die Stimmung zu lockern.
,, Versprichst du es?", bat sie leise.
Etwas unsicher überlegte ich. Versprechen waren so groß und falls ich nicht dafür sorgen konnte, dass sie sicher vor den Jungs war, dann... Es wäre sehr unglücklich.
,, Du musst es nicht versprechen, tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen sollen. Schließlich hast du mir heute schon einmal geholfen. Tut mir leid!", stotterte sie verzweifelt vor sich hin, bevor ich meine Gedanken richtig fassen konnte.
Sie sackte noch etwas tiefer in sich hinein und seufzte.
,, Ich verspreche es dir. Dir werden die Jungs nicht noch einmal etwas tun", gab ich mein Wort.
Ihr Kopf schnellte hoch und sie sah mir direkt in die goldenen Augen.
,, Dankeschön, Samantha. Ich bin dir so dankbar", schluchzte sie schon fast und war kurz davor mir in die Arme zu fallen. Was hatten die Jungs bloß bisher alles mit ihr gemacht...
,, Es ist selbstverständlich...", sagte ich, war jedoch etwas unsicher. Hoffentlich war das kein Fehler.

In den nächsten zwei Stunden wurde die Stimmung besser und ich erzählte Liv von meiner Familie. Sie hörte mir ruhig und gespannt zu. Immer wieder lachte sie über meine Erzählungen, als es um die kleinen Geschwisterkriege ging.
,, Jasper ist der ruhigste und vernünftigste der Jungs. Ich glaube, manchmal ist auch er genervt von Emmett", lachte ich und Olivia stimmte sofort mit ein.
,, Manchmal finde ich es traurig, dass ich ein Einzelkind bin. Vor allem, wenn ich solche Geschichten höre", überlegte sie laut. Sie lebte alleine mit ihrem Vater am Rande von La Push.
,, Wenn man aber keine Geschwister hat, findet man Freunde, die einem genauso wichtig werden. Ich hatte früher auch keine Geschwister", erzählte ich.
,, Früher?", bohrte sie verwirrt nach. Einen Moment stockte mir der vorgespielte Atem. Jetzt durfte ich nichts falsches sagen.
,, Ja, früher. Ich wurde von meiner Familie adoptiert. Meine Mutter starb bei einem Autounfall vor ein paar Jahren..." beantwortete ich gedankenverloren. Ich bekam Angst, als ich merkte, dass ich mich mittlerweile kaum noch an meine Mom erinnern konnte. Dass meine Kindheitserinnerungen schon lange verschwunden waren, damit hatte ich mich schon abfinden müssen, aber ich sah nicht einmal mehr das Gesicht meiner Mutter in meinen Erinnerungen. Das konnte doch nicht sein...
,, Entschuldigung, das tut mir leid", wisperte Liv und strich mir vorsichtig über den Rücken.
,, Es ist alles etwas schwierig", seufzte ich. Ich wollte meine Mutter nicht vergessen. Konnte man da nichts gegen tun?
Plötzlich wurde meine Zimmertür aufgerissen. Isabella stand in der Tür und guckte zu uns hinab.
,, Klopfen, Bella", brummte Edward, der hinter ihr auftauchte.
Ich fixierte die beiden fest mit meinen Augen.
,, Was?", fauchte ich.
,, Wir wollten fragen, ob wir Olivia mitnehmen können. Edward bringt mich jetzt nach Hause und kann Olivia bei der Gelegenheit gleich Zuhause abliefern", erklärte Isabella und trat in mein Zimmer.
Kommentare wie  'schläfst du heute mal wieder alleine' oder 'wer hat gesagt, dass du in mein Zimmer darfst', schluckte ich wieder runter und sah stattdessen zu Olivia.
,, Ist das in Ordnung?"
,, Natürlich", lächelte sie schüchtern. Vorsichtig stand sie vom Sofa auf.
Ich folgte ihnen und ignorierte dabei die warnenden Blicke von Edward, der meine Gedanken wieder mit Vergnügen verfolgt hatte.
,, Auf Wiedersehen, Samantha. Vielen Dank noch einmal", lächelte Liv und zog sich ihre mittlerweile trockenen Schuhe an.
,, Ich rufe bald an oder komme vorbei um die Klamotten zurück zu bringen", hängte sie noch dran.
,, Quatsch, behalte die Klamotten. Alice hat zu viele davon. Wir sehen uns, du hast meine Handynummer falls etwas ist", verabschiedete ich mich und sah dann dabei zu, wie alle drei in Edwards Auto stiegen und er dann los fuhr. Langsam schloss ich die Tür und griff sofort nach meinem Handy.
Ich rief Seth an und erklärte ihm alles und bat ihn, etwas auf Olivia zu achten. Er versicherte mir, dass auch die restlichen Jungs aufpassen würden. Die High School in La Push war um einiges kleiner als die in Forks, so erkannte er Olivia sogar sofort aus meinen Erzählungen.
Da wir am Ende kaum auflegen konnte, versprach er am Abend noch einmal vorbei zu kommen.

Am liebsten hätte ich mich jetzt in mein Zimmer zurückgezogen und Musik gehört aber ich wollte noch mit Rose sprechen. Ich fand sie zusammen mit Emmett im Wohnzimmer auf.
,, Hey Krümel, hast du dich von deinen Heldentaten erholt?", lachte Emmett sofort gut gelaunt.
,, Ja, ja...", entgegnete ich ihm.
,, Kommst du gleich mit jagen? Jasper, Esme und Alice kommen auch mit", fragte Emmett und stand dabei vom Sofa auf.
,, Klar", nickte ich zustimmend und Emmett verließ dann den Raum. Wie passend.
,, Na Sam", begrüßte Rose mich nun, während ich mich neben sie setzte.
,, Wie geht's dir?", fragte ich beiläufig.
,, Ganz gut. Wieso fragst du?"
,, Kann ich dich fragen, wieso du so nett zu Olivia warst?", stieß ich das Thema vorsichtig an.
,, Tust du gerade schon."
,, 'Tschuldigung."
Rose überlegte einen Moment.
,, Sie hat mich an mich selbst erinnernd. Kurz vor meiner Verwandlung passierte mir ähnliches... Carlisle hatte mich damals gerettet, als ich halb tot auf der Straße lag. Dabei wollte ich damals nur noch sterben... Ich weiß zwar nicht, was die Jungs alles mit Olivia gemacht haben aber ich hoffe, es war nicht wie bei mir", erklärte sie nachdenklich und strich sich ihre Haare hinters Ohr.
,, Das tut mir leid. Ich wusste nicht..." Ich ließ den Satz offen. Was sollte ich da sagen? Rose hatte mir bewusst die Details erspart.
,, Sie hat mir leid getan. Ich wäre am liebsten wieder aus dem Auto gestiegen und hätte die Gruppe von Schweinen verfolgt", knurrte sie und krallte ihre Finger in das Sofa.
,, Hast du das damals auch getan?"
,, Natürlich habe ich das getan. Mein Leben war perfekt, bevor es geschah. Nachdem ich zum Vampir wurde, suchte ich sie auf. Ich tötete jeden einzelnen, langsam und qualvoll." In ihrer Stimme schwankte ein gefährlicher Unterton, meine Augen wurden immer größer.
,, Bist du Carlisle nicht dankbar?", fragte ich, um uns etwas von dem Thema zu entfernen.
,, Ich war mir nie ganz sicher... Ich sehe es als Bestrafung unendlich lang zu leben."
,, Sonst hättest du Emmett aber nie kennengelernt, oder?"
,, Wahrscheinlich... Aber es gibt so viele Sachen, nach denen ich mich sehne. Abgesehen von den Kleinigkeiten wie essen und schlafen, werden Emmett und ich niemals Kinder haben können. Niemals können wir zusammen alt werden und das Leben einfach seinen Lauf lassen. Auch wird es nie Kinder geben, die Carlisle und Esme Oma und Opa nennen werden. Wenn du ein Vampir wirst, wird dir einiges gegeben, doch noch viel mehr genommen."
Sie schloss ihre Augen für einen Moment.
,, Aber du kannst für immer bei unserer Familie sein und bei Emmett!", versuchte ich sie aufzumuntern, jedoch blieben ihre Worte nicht unbemerkt. Sie hatte irgendwie recht...
,, Sam, überlege doch mal. Was machst du wegen Seth? Er altert zwar nicht solange er sich regelmäßig verwandelt, aber irgendwann wird auch er älter, weil er sich seinem Rudel anpassen wird, welches sich an einem normalen Menschenleben orientiert."
,, Das wird nicht passieren, Seth liebt mich!", hielt ich mit leicht zitternder Stimme dagegen. Rose machte das wütend.
,, Sie es ein Sam, eine Prägung ist dafür da, um möglichst starke Nachfahren zu zeugen! Es wird nicht lange funktionieren! Wärst du ihm als Mensch begegnet und nicht als Vampir, wäre alles gut aber so nicht. So wirst du irgendwann ohne ihn da stehen.", erklärte sie energisch.
Entsetzte rutschte ich ein Stück weg von ihr.
,, Warum sagst du das?", stammelte ich.
,, Ich will dir die Augen öffnen!"
,, Aber... aber unsere Welt ist doch nicht nur schlecht! Ich liebe mein Leben als Vampir!  Ich lebe doch in so einer tollen Familie, habe alles was ich brauche...Du hast immer die Wahl im Leben, wütend wegen all der Sachen zu sein, die du nicht hast oder dankbar für, all die -"
,, Mach deine verdammten Augen auf! Das alles ist kein Geschenk, es ist wie ein schrecklicher Fluch, dem du nicht entkommen kannst!", donnerte sie und ich zuckte heftig zusammen.
,, Rosalie, warum sagst du das alles?", hauchte ich und stand vom Sofa auf, um rückwärts aus dem Raum zu gehen.
,, Denk darüber nach!", rief sie mir noch hinterher.
Mein Körper zitterte vor Anspannung und ich lief blind die Treppen hoch.
,, Was ist los?", fragte plötzlich eine Stimme und nicht einmal eine Sekunde später rannte ich in jemanden rein. Es war Emmett, der jetzt mit uns jagen gehen wollte.
,, Nichts", schniefte ich und drehte mich um, um wieder runter zu laufen. Ich riss die Haustür auf und lief die Einfahrt hinab.

Ein Kampf um Respekt und Unsterblichkeit? -Die neue Cullen (Twilight fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt