Prolog

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12 Jahre zuvor

„Komm schon Lilli, beeil dich!", fordert mich meine beste Freundin Emma nervös auf.

Wir schleichen gerade die kalten Steintreppen unseres Internats hinunter in den Keller.
Eigentlich sollten wir, wie alle anderen, in unseren Betten liegen und schlafen, aber Emma und ein paar andere hatten mich überredet, mit ihnen in den Keller zu kommen, um sich dort mit den Jungs zu treffen und abzuhängen. Diese Treffen finden scheinbar öfter statt, aber ich war bisher noch nie dabei gewesen.

Ich würde auch jetzt lieber in meinem kuscheligen Bett liegen und einen meiner Liebesromane lesen, anstatt nur in Jogginghose und Top bekleidet, nach der Ausgangssperre, durch die kalten Gänge unseres Internats zu schleichen. Falls wir erwischt werden wird das heftig Ärger geben. Wenn ich nur daran denke, dass Ms. Hecht jeden Moment um die Ecke kommen könnte, fährt mir ein kalter Schauer über den Körper.

In unserem Internat gibt es strenge Regeln und von uns wird verlangt diese einzuhalten. Laut meinen Lehrern, sollte man dies auch umsetzen können, besonders als gut erzogener Privatschüler aus erfolgreicher Familie. Da unsere Väter in nicht ganz so legale Machenschaften verwickelt sind ist der Begriff erfolgreiche Familie wohl Definitionssache. Auch wenn die einen nur Drogendealer oder Bordellbesitzer als Eltern haben, gehen hier auch Kinder von größeren Fischen, wie Waffen- oder Menschenhändlern, Auftragskillern und Mafiosi zur Schule.

Die Schule entstand, da der kriminelle Nachwuchs nicht mit gewöhnlichen Kindern zur Schule gehen sollte, somit wurde 1923 die Deadly boarding school gegründet. Der Namensgeber sollte einen Preis für den unkreativsten Titel überhaupt bekommen. Wie klischeehaft ist das bitte?

Unser Internat liegt in der Schweiz und wird von den großen kriminellen Familien beschützt und durch das Schulgeld finanziert. Mit inbegriffen sind dabei die Bestechungsgelder für die örtlichen Polizeibehörden. Es wäre sehr ungünstig, wenn unsere richtigen Namen an die Öffentlichkeit gelangen würden. Dem Internat selbst kann man jedoch nichts vorwerfen, da unsere Schule auf dem Papier ganz normal und legal ist.

Seit Jahren gehen hier die Söhne und Töchter der kriminellen Unterwelt zur Schule, so wie jetzt auch wir. Natürlich sind viele oder nahezu alle unserer Familien verfeindet und weit davon entfernt Freunde zu werden, weshalb im Internat ein Friedensvertrag gültig ist und wir Schüler nur die Vor- oder Spitznamen unserer Mitschüler wissen.

Tiefergehende Verbindungen sind verboten und werden streng bestraft. Niemand darf wissen aus welcher Familie man stammt und welchen Platz man eines Tages einnehmen wird. Auch Emma und ich führen in diesem Sinne nur eine oberflächliche Freundschaft. Anhand ihres Akzentes kann ich nur erahnen, dass sie aus Deutschland kommt.

Da unser Internat international ist, spricht jeder zusätzlich zu seiner Muttersprache, noch fließend Deutsch, Englisch und wahlweise Russisch oder Italienisch.

„Wir sind da", werde ich von Emma aus meinen Grübeleien gerissen.

Und tatsächlich, inzwischen stehen wir vor einer der vielen dicken Kellertüren und Emma hebt bereits ihre Hand, um das vereinbarte Klopfzeichen zu machen. Kurz darauf wird auch schon die Tür aufgerissen und der rothaarige Lockenkopf von Cecilia kommt zum Vorschein.

„Ah, Emma, Lilli, kommt rein!"

„Hey Celi", begrüßt Emma lächelnd das Mädchen vor uns und tritt, dicht gefolgt von mir, in den Raum.

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