19

26K 1.5K 83
                                    

„Lillian. Lillian, komm schon. Wir sind da", werde ich von Mike wachgerüttelt und öffne blinzelnd meine Augen.

Inzwischen ist es hell draußen, weswegen ich mir geblendet eine Hand vor mein Gesicht halte. Ich sitze in einem der schwarzen Range Rover meiner Familie neben Mike. Quentin ist weit und breit nirgends zu sehen. Das Auto steht vor unserer Villa in Chicago und um uns herum steigen bereits die Anderen aus ihren SUV's aus.

Wie ich hier her gekommen bin? Keine Ahnung, das letzte woran ich mich erinnern kann ist, dass ich im Privatjet Ohnmächtig wurde und...

Oh mein Gott!

Moira ist verschwunden. Spurlos verschwunden.

„Los, steig aus", öffnet Mike meine Tür. Er muss wohl in der Zwischenzeit um den Wagen herumgelaufen sein, „Ansonsten wird dein Bruder wieder sauer."

Ich greife mit meiner rechten Hand nach dem Haltegriff des Autos und steige vorsichtig aus. Ich fühle mich noch etwas schwummrig und allgemein unwohl. Als ich auf dem festen Boden stehe, wird mir kurz schwarz vor Augen, dass blinzle ich aber schnell wieder weg.

Reiß dich zusammen, Lillian! Mahne ich mich selbst.

Als ich an meinem Körper herunter schaue, stelle ich stirnrunzelnd fest, dass mir wohl jemand die Handschellen abgenommen und eine Jacke angezogen hat. Kritisch schaue ich zu Mike, der mich bloß unschuldig angrinst. Ich erinnere mich an seine kleine Rede von gestern und bin irgendwo doch erleichtert, dass nicht alle mich im Stich gelassen haben. Scheinbar stehen die meisten der Männer noch auf meiner Seite und werden zu mir halten.
Auch erinnere ich mich an Quentins Drohung, dass die Hochzeit wohl heute stattfindet. Scheiße!

Gemeinsam mit meinem neuen Verbündeten laufe ich auf das große Eingangstor unserer modernen Villa zu und trete hinter Mike ein.

„Wo sind meine Schwestern?", frage ich den Blonden, kaum beginnt er die Treppe hinauf zu gehen.

„In ihren Zimmern. Quentin hat ihnen verboten dich zu begrüßen. Du wirst sie auf der Hochzeitsfeier kurz sehen können."

„Ernsthaft?", schnaube ich sauer und folge Mike die Treppe hoch in mein Zimmer.

„Dein Kleid liegt hier", erklärt er mir und deutet auf einen grauen Kleidersack, der auf meinem Bett liegt, „In einer halben Stunde kommt eine Stylistin um dich fertig zu machen. Die Trauung startet in zwei Stunden. Dein Bruder erwartet von dir bedingungslose Kooperation und ich rate dir ebenfalls dazu. Du willst nicht wissen, mit was Quentin gedroht hat. Tue uns allen einen Gefallen und stell deinen Stolz und deine kämpferische Natur für heute ab. Wir werden eine Lösung für all das hier finden, aber davor müssen wir herausbekommen was mit deinem Vater und Moira los ist. In Ordnung?"

„In Ordnung", seufze ich ergeben. Mike hat Recht, es ist sinnlos sich jetzt quer zu stellen, da mein Bruder eindeutig am längeren Hebel sitzt. Und wer weiß, was für Folgen eine Weigerung hätte.

„Geh am besten kurz duschen und warte dann auf Kylie, die Stylistin. Wir sehen uns später", verabschiedet sich der Gleichaltrige von mir und verlässt mein Zimmer.

Wie Mike mir geraten hat, laufe ich in das angrenzende Badezimmer, streife mir die Klamotten ab und steige unter die Dusche. Ich wasche mich gründlich und spüle vor allem mein Haar mehrmals aus. Als ich mich endlich sauber und wieder etwas besser fühle, verlasse ich die Duschkabine und wickle mich in ein trockenes Handtuch ein. Meine mittellangen blonden Haare kämme ich vorsichtig mit einer Bürste durch und als sie mir geordnet, in glatten Linien, über die Schultern fallen, bin ich zufrieden und lege die Haarbürste zurück auf die Ablage.

Zurück in meinem Zimmer mustere ich neugierig den Kleidersack. Wer das Kleid wohl ausgesucht hat? Mein Bruder oder doch mein Zukünftiger?

Ich trete an mein Bett und öffne vorsichtig den Reißverschluss. Zum Vorschein kommt ein wundervolles weißes Kleid. Wow! Ich hole das Kleid aus der schützenden Hülle und bestaune es in seiner vollen Pracht. Es ist bodenlang und hat vorne regelmäßige Spitzeneinsätze. Außerdem ist es trägerlos und hat einen freien Rücken, ziemlich provokant - aber wunderschön! Ich liebe es. Natürlich werde ich das vor Quentin nicht zugeben, aber das Kleid ist ein absoluter Traum.

Vor dem Bett steht noch ein paar Schuhe, mit schwindelerregend hohen Absätzen. Sie sind ebenfalls weiß und glitzern ziemlich heftig - ein echter Hingucker! So kann ich wenigstens mit Style zu meiner Zwangshochzeit erscheinen.

Als ich das Kleid neben den Kleidersack auf mein Bett lege, traue ich meinen Augen kaum. Das ist jetzt nicht ernst gemeint. Ich habe wohl die Unterwäsche übersehen. Wobei Unterwäsche das falsche Wort ist, Dessous würde eher passen. Denn vor mir liegt ein Set weißer Spitzendessous, die halb durchsichtig sind und nichts der Fantasie überlassen. Oh mein Gott! Entsetzt starre ich diesen Hauch von Nichts an. Das kann ich doch nicht tragen?!

„Klopf, Klopf", ertönt eine viel zu hohe und gekünstelte Stimme vor meiner Tür. Das kann nur meine Stylistin Kylie sein. Wunderbar.

„Komm rein", rufe ich ihr zu und ziehe das Handtuch um meine Brust herum etwas fester.

Die Tür öffnet sich und eine braunhaarige Frau mit wilden Locken und einem fast schon irren Lächeln betritt mein Schlafzimmer: „Ah, da ist ja die glückliche Braut!"

Glücklich? Wohl eher nicht.

„Na dann. Legen wir mal los!", meint sie und mustert mich von oben bis unten, „Schätzchen, du bist ja noch gar nicht angezogen! Hopp, hopp!"

Ich muss es mir verkneifen die Augen zu verdrehen und antworte nur: „Die Auswahl der Unterwäsche sagt mir nicht zu."

„Das steht gar nicht zur Debatte. Es wird darauf bestanden, also zieh das jetzt an", gibt Kylie genervt von sich, „Los. Wir haben einen knappen Zeitplan."

Jetzt ebenfalls genervt werfe ich der Frau einen giftigen Blick zu, schnappe mir die Unterwäsche und das Kleid vom Bett und verschwinde in meinem Badezimmer. Ich kann es mir nicht verkneifen einfach aus Prinzip laut den Schlüssel im Schloss herum zu drehen.

Ich kann diese Frau jetzt schon nicht leiden.



Denkt an den ⭐️ ! <3

Wer ist aktuell euer Liebling? ^^

Forced Love | ✓Where stories live. Discover now