Kapitel 15

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Alan sah noch ein letztes Mal traurig die Tür an, die sie ihm wenige Sekunden vor der Nase zugeknallt hatte, drehte sich dann um und ging langsam die Treppen nach unten nach draußen. Eigentlich wollte er nicht, dass es so ausartete und sie ihm dann vor den Kopf wurf, dass sie ihn nie wieder sehen will. In ihm war ein ziemlicher Schmerz und er wollte das alles nicht. Genau wie er jetzt eigentlich nicht gehen wollte, aber er beschloss ihr erst einmal Zeit zu geben um wieder runter zukommen. Vielleicht hatte sie sich in ein bis zwei Stunden ja wieder beruhigt.
An der Straße angekommen blickte er noch einmal hoch zum Fenster wo Charlotte jetzt wohl stehen musste. „Scheiße", brüllte er und trat feste gegen die nächste Straßenlaterne.

 Den Schmerz, der durch die unsanfte Begegnung mit der Laterne zu stande gekommen war, bemerkte er gar nicht weil er viel zu beschäftigt mit seinem Kummer über Charlotte in diesem Moment war. Es war als hätte ihm jemand ein Messer durchs Herz gerammt und tausend andere kleine Schnitte über seinem ganzen Körper verteilt. Er fühlte sich ebenso wie jemand der gerade ertrank und nicht mehr in der Lage war dadurch zu atmen.
Alan setzte sich ins Auto und fuhr los. Eigentlich wollte er nachhause, aber er wusste nicht wie er das alles gerade ertragen sollte. Deshalb fuhr er erst einmal ziellos durch die Stadt, dabei waren seine Gedanken permanent bei Charlotte. Bei jeder Frau, die ihr von hinten oder weitem ähnlich sah, dachte er sie ist es obwohl er eigentlich genau wusste, dass sie es nicht sein konnte. Nach einiger Zeit fuhr er auf einen Parkplatz vor einer Bar und kramte sein Handy aus dem Handschuhfach. Er wählte Charlottes Nummer mit klopfendem Herzen und hoffte, dass sie dran ging. Der Anruf ging durch, doch es nahm keiner ab. Er wartete einige Sekunden und versuchte es dann nochmals. Wieder nur die Mailbox. Enttäuscht legte er sein Handy auf den Beifahrersitz und blicke vor sich in die Leere während er mit seinen Fingern leise an das Lenkrad trommelte. Draußen hatte es angefangen zu regnen und so gingen sein Trommeln und die Geräusche der Regentropfen fließend ineinander. In Gedanken sah er Charlotte vor sich mit ihren atemberaubenden hellblauen Augen, die ihn anlächelte, mit dem bezaubernsten Lächeln was er sich vorstellen konnte. Im Gesicht eine kleine rötliche Haarsträhne, die er ihr am liebsten weg gestrichen hätte. Bei der Vorstellung fühlte er ein flaues Gefühl im Magen. Er hatte Angst. Angst, dass sie ihre Worte wirklich ernst gemeint hatte und nicht nur aus Effekt gesagt. Diesen Gedanken versuchte er sich wieder aus dem Kopf zu schlagen, aber es war als ob sich dieser eingebrannt hätte. Noch immer hallten ihre Worte in seinem Kopf und alles um ihn herum wirkte plötzlich trostlos und grau.
Er fühlte sich einsam und alleine. Alan fühlte sich komplett unvollständig und als würde irgendetwas fehlen. Er seufzte laut und senkte seinen Blick. In ihm fühlte sich alles an als ob er daran kaputt ging.

Als der Regen langsam weniger wurde, stieg er aus und betrat die Bar. Hier drinnen war es stickig und nur durch einige kleine Fenster fiel ein wenig Licht, was eine gedrückte Atmosphäre hervor rief. Es roch nach Alkohol und da es noch relativ früh am Nachmittag war, saßen nur einige wenige Menschen dort. Hinter der Theke stand ein Mann mittleren Alters, dessen Haare schon einige graue Stellen aufwiesen. Vor der Theke saßen ein Mann, der in seinem Alter sein musste und ein junger Kerl, der gelangweilt auf dem kleinen Fernseher einem Fußballspiel folgte, während er ein Bier trank. An den Wänden hingen diverse Blechschilder und Werbeplakate, die irgendwelchen Alkohol anpriesen.
Alan setze sich auf einen Barhocker, in der Nähe des älteren Mannes. Kaum hatte er sich nieder gelassen, meinte er zu dem Wirt: „Ein Glas von dem härtesten Alkohol den Sie haben." Der Wirt schaute ihn kurz komisch an und fragte dann: „Sind Sie sicher?" Alan nickte und mit einem Schulterzucken griff der Mann eine Flasche vom Regal hinter der Bar. Kurz darauf stand das Glas schon vor ihm und er setzte es an seinen Mund um alles in einem Schluck seine Kehle hinunter laufen zu lassen, was ein bestalisches Brennen verursachte begleitet von dem Geschmack einiger Kräuter, was es noch zu verschlimmern schien. Doch das war ihm in diesem Moment egal, er wollte das es seinen Schmerz den er wegen Charlotte hatte übertönte, was für einige Sekunden funktionierte. Alan seufzte einmal leise und bestellte sich dann noch einen. In der Zwischenzeit ließ er seinen Blick über den Fernseher und das Fußballspiel schweifen, doch er verlor schnell das Interesse und blickte zurück auf das Schnapsregal hinter der Bar. Als der Wirt ihm das zweite Glas hinstellte, leerte er es wieder in einem Zug und verzog sein Gesicht, weil das Brennen sich für einen kurzen Moment ein wenig schlimmer anfühlte, aber immer hin seinen seelischen Schmerz für einige Sekunden in den Hintergrund rücken ließ.
„Was schlimmes passiert, oder?", fragte eine Männerstimme neben ihm mit einem Akzent, der ihm bekannt vor kam aber in diesem Moment nicht zu ordnen konnte. Er blickte neben sich und der ältere Mann, in seinem Alter, war neben ihn gerückt. „Gib uns die ganze Flasche, Johnny", sagte dieser nun zum Typen hinter der Bar, legte einige Scheine auf den Tresen und dieser nickte.
„Ich bin Georg", stellte sich der Mann ihm vor und reichte ihm eine Hand.
Alan reichte ihm ebenfalls seine Hand und stellte sich dann ebenfalls vor: „Alan."
„Ärger mit einer Frau?", fragte ihn Georg. Beide wurden kurz abgelenkt als der Wirt ihnen die gesamte Flasche auf den Tresen stellte und beide Gläser erst einmal voll machte. „Woher wissen Sie das?", fragte Alan ihn verwirrt und betrachtete die helle Flüssigkeit in seinem Glas, welches er langsam in seiner Hand hin und her bewegte.
„Ich war dreimal verheiratet. Immer nur Ärger mit Frauen", lachte dieser und hob Alan prostend zu.
Dieser nahm nochmals ein Glas von dem Schnaps, der eigentlich unausstehlich war, doch immer hin dem Zweck diente, dass er für einige Sekunden seinen Kummer vergessen konnte. Georg redete weiter: „Egal was man sagt, es ist generell immer falsch und wenn die jünger sind und noch ihre Periode haben, sind die noch unausstehlicher. Also was hat sie getan?", fügte er noch hinzu. Alan blickte ihn kurz an und dann wieder in sein leeres Glas. Er seufzte und bemerkte die leicht benebelnde Wirkung des Alkohols, die ihn auch noch sehr offen machte.
„Mich rausgeschmissen mit den Worten, dass ich nie wieder wiederkommen soll", sagte er langsam und traurig. Georg blickte ihn mit Mitleid an und meinte dann, während er erneut ihre Gläser füllte: „Das sagen die Weiber doch oft genug. Die kriegt sich schon wieder ein. Bring ihr doch einfach nachher einen Strauß Blumen mit und entschuldige dich für das was du angeblich getan hast. Dazu vielleicht noch ein paar Pralinen, darauf fahren die Weiber sowas von ab."
„So einfach ist das nicht", antwortete Alan und setzte das Schnapsglas erneut an bevor er weiter sprach, „Ich glaube ich hab endlich meine Frau fürs Leben gefunden und jetzt einfach – puff- ich hätte niemals gedacht, dass es wirklich so weh tun kann."
Die beiden hatten inzwischen zusammen die Hälfte der Flasche geleert und Alan merkte so langsam, dass er es nicht gewohnt war so viel hartes Zeug auf einmal zu trinken.
„Das Herz, das macht es will", sagte der Mann neben ihm mit einem Blick, der ihm sein Mitleid signalisierte. Alan betrachtete ihn einige Sekunden und in seinem Kopf schien etwas zu rattern. Genau diesen Ausdruck hatte er schon mal gehört, aber ihm wollte in diesem Moment einfach nicht einfallen wo und wann und vor allem von wem.
„Das hab ich schon einmal gehört. Warum bist du hier mitten am Tag?", fragte Alan. Der Mann nahm noch einen Schluck vom Schnaps und meinte dann: „Wegen meiner Tochter. Ich hab sie seit über 10 Jahren nicht mehr gesehen und ich wollte mich für alles entschuldigen was damals passiert ist. Das ich wohl so viel von ihrer Jugend und im jungen Erwachsenenalter verpasst habe. Ich glaube ich habe damals so viel falsch gemacht. Ich weiß nicht mal ob sie mich überhaupt sehen will", sagte er.
Die beiden leerten die komplette Flasche und erzählten sich dabei von ihren Problemen mit Frauen.

Als Alan die Bar verließ war es draußen bereits dunkel und da er nicht mehr im Stande dazu war sein Auto zu fahren, beschloss er zu Fuß zu laufen. So weit war es von dem Pub bis zu seinem Haus nicht und er wollte jetzt seine Ruhe haben und nicht noch einen Taxifahrer, der vermutlich noch genau wusste wer er war.
Allerdings ging er noch kurz zum Auto und griff nach dem Handy, in der Hoffnung, dass Charlotte sich gemeldet hatte aber keiner hatte ihn angerufen. Er selbst probierte es allerdings noch einige Male bei ihr anzurufen und hinter ließ ihr auch mehrere Nachrichten auf der Mailbox, doch es nahm keiner ab. Niedergeschmettert und betrunken ließ er das Handy in seine Hosentasche gleiten. Dann machte er sich auf den Weg nachhause. Eigentlich wollte er zuerst nicht durch den Park laufen, obwohl es eine Abkürzung war, weil in diesem Park waren Charlotte und er sich zum ersten Mal begegnet. Doch dann beschloss er doch diese Abkürzung zu nehmen, weil er so schnell wie möglich nachhause wollte und sich am liebsten in sein Bett verkriechen.
Dabei kam er auch an der Parkbank vorbei und was er dort sah, ließ sein Herz brechen. Irgendjemand hatte das schöne Blumenbeet total verunstaltet und alle Blumen platt gedrehten. Es sah genauso aus wie es sich für ihn im Moment anfühlte wenn er an Charlotte dachte und das alles zerstört zu sehen machte ihn noch trauriger. Aber vor allem machte es ihn wütend, dass jemand so etwas wunderschönes zerstört hatte. Für ihn hatte dieser Ort eine besondere Bedeutung und nun war er zerstört. Er musste daran denken, dass genau wie dieses Beet vielleicht sogar seine Beziehung mit Charlotte zerstört war und bemerkte wie ihn eine unbeschreibliche Traurigkeit überkam. Er musste sich die Tränen unterdrücken. Niemals hätte er gedacht, dass ihn eine Streitigkeit mit einer Frau so hart treffen würde und nun hatte Charlotte es geschafft.
So schnell es ging wandte er sich ab und ging nachhause.

Dort angekommen ließ er sich aufs Sofa fallen und zückte diesmal sein Haustelefon, in der Hoffnung, dass Charlotte abheben würde. Doch sie tat es nicht und wieder ging nur die Mailbox dran. Erneut hinterließ er ihr eine Nachricht, diesmal eine ziemlich lange und schüttete ihr sein komplettes Herz aus, wobei er sich zusammen reißen musste weil er den Tränen nahe war.
Alan legte sein Handy neben sich und schloss die Augen, um wenige Sekunden später in einen unruhigen Schlaf zu gleiten.

Schnee von gestern [Alan Rickman Fanfiktion]Where stories live. Discover now