Kapitel 4.2

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Mir endlich die kalten Tropfen wegwischen zu können, erleichterte mich

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Mir endlich die kalten Tropfen wegwischen zu können, erleichterte mich. Die Muskeln in meinem Gesicht verkrampften sich schon, weil ich die ganze Zeit über die Augen zusammengekniffen hatte, um etwas durch das Wasser hindurch erkennen zu können, welches mir so gnadenlos ins Gesicht getropft war. Ich rang mit der nassen Jacke darum, sie endlich auszuziehen und wrang sie aus, als ich mich endlich von ihr freigekämpft hatte. Das Wasser klatschte auf den Boden und das Geräusch wurde von den Wänden des hohen Turms wiedergegeben.

Der Betonklotz war leergeräumt worden. Der Zonenschutz bestand zwar aus Wächtern, die vom Militär auf diese Posten verteilt wurden, - Maddox sagte immer, der Zonenschutz bestehe aus Idioten, denen man nur Waffen in die Hand drückte, weil sie für eine andere Arbeit nichts taugten, aber immerhin die Befehle befolgten und die Ordnung in den Zonen aufrechterhielten - doch waren sie keinesfalls gleichrangig, mit den Wächtern der Schutzeinheit von Circle.

Der Zonenschutz erhielt von der Regierung nicht annähernd so viel finanzielle und materielle Unterstützung, wie die zwei Hauptposten des Militärs (Katastrophenteam und Schutzeinheit) und so wurden die Dinge, die noch funktionierten aus dem Turm geräumt und in anderen Arealen weiter genutzt.

Der Zonenschutz war den Bürgern des dritten und vierten Rings also gar nicht so unähnlich, das wusste jeder. Sie hungerten auf gewisse Weise ebenso wie wir; zwar nach Materialien, aber sie hungerten. Akzeptieren wollten diese Wächter es trotzdem nicht. Aber das war nicht mein Problem. Solange sie mich und meine Familie in Ruhe ließen, konnten sie sich gern wie Könige aufspielen. Sollten sie sich doch selbst belügen.

Ich legte meine Jacke auf den Boden, setzte mich drauf, lehnte mich an die kalte Wand und starrte an die hohe Decke. Wäre ich doch lieber umgekehrt und hätte noch einen Tag mit dem Training gewartet. Doch ich wusste, wie schnell sich die Kondition verschlechtern konnte.

Vor ein paar Jahren hatte mich heftiges Fieber mehrere Tage ans Bett gefesselt. Die Zeit, die ich damals mit Liegen verbringen musste, hatte mir mein Körper übelgenommen und der erste Lauf nach meiner Genesung, war für mich überaus anstrengend und kräftezehrend gewesen. Das Nichtstun konnte meine Chancen auf den Wächterjob so schnell zu Fall bringen, dass ich mich nicht traute, das Training noch länger auszusetzen. Vor allem jetzt nicht, wo es doch nur noch vier Tage bis zur Prüfung waren. Es war schon schlimm genug, dass mir mein Arm bereits einige Minuspunkte einbrachte, weil er nicht richtig einsatzfähig war. Doch ich klammerte mich nach wie vor an die Hoffnung, dass sich das bis zum Test noch ändern würde.

Ich sah auf die Uhr und merkte mit Bedauern, dass die Sonne in weniger als einer Stunde aufgehen würde und auch, wenn sie hinter den Wolken verborgen blieb, würde das innere Uhrwerk meiner Mutter sie rechtzeitig zum gewohnten Zeitpunkt wecken. Dann wäre es aus mit meinen Freiheiten.

Weil mich plötzlich eine kribbelnde Unruhe überkam und ich nicht weiterhin herumsitzen wollte, stand ich auf und ging die Metallstufen der Treppe hoch, die sich an der Wand entlang zu einer erhöhten Plattform schlängelte. Ein schmaler Streifen war im Beton ausgelassen worden und bildete eine Schießscharte, durch die ich nun neugierig hindurchblickte.

Captured | Band 1Where stories live. Discover now