Kapitel 14.3

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Auf dem Weg zu unserem Schlafblock redete Nik ohne Punkt und Komma, während ich ihm kaum zuhörte, sondern darüber nachgrübelte, ob die Entscheidung, die ich getroffen hatte, wirklich die richtige gewesen war

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Auf dem Weg zu unserem Schlafblock redete Nik ohne Punkt und Komma, während ich ihm kaum zuhörte, sondern darüber nachgrübelte, ob die Entscheidung, die ich getroffen hatte, wirklich die richtige gewesen war. Ein Zurück gab es jetzt jedoch nicht mehr. Die Chance hatte ich verwirkt, als ich vor massenhaft Zeugen den Platz in Dax' Team angenommen hatte.

Nun stand ich in meinem Schlafabteil und schälte mich aus meiner Trainingskluft, wobei ich beim Ausziehen der Hose beinahe mein Gleichgewicht verlor, mich aber im letzten Moment noch an der Leiter des Hochbettes festhalten konnte.

Sorgsam schloss ich die letzten Knöpfe der braunen Jacke, schlang dann den zugehörigen Gürtel um meine Taille und schlüpfte in die hohen Stiefel. Als ich fertig war, rückte ich gedankenverloren die Uniform zurecht. Sie passte mir wie angegossen, als wäre sie extra für mich angefertigt worden.

Obwohl die einzelnen Kleidungsstücke teilweise mit Platten verstärkt worden waren, um die lebenswichtigen Regionen des Körpers zu schützen, fühlte sich die Uniform erstaunlich leicht an. Ein wenig bewegungseinschränkend vielleicht, jedoch bei Weitem nicht so sehr, wie ich erwartet hatte.

Der Stoff, der von denselben braunen Plättchen überzogen war, die ich schon auf der Maske beim Training erfühlt hatte, war erstaunlich angenehm. Die Kleidung musste unglaublich teuer sein und mein Herz schlug höher bei dem Gedanken, dass nach sechs Jahren etwas mir gehörte, was nicht zusammengeflickt oder selbst hergestellt, sondern von solch einem Wert war.

Ich lächelte schwach, als ich merkte, wie ein befriedigendes Gefühl meinen Körper durchströmte. Anscheinend war auch ich gegen den Charme von Reichtum nicht völlig immun – so klein er in diesem Moment auch sein mochte.

Ich trat vor den Spiegel, der über dem Waschbecken hing und band meine langen Haare zu einem Knoten kurz oberhalb meines Nackens zusammen. Die etwas elegantere Frisur schien mir geeigneter für die Vereidigung zu sein als mein unordentlicher Zopf, den ich sonst immer beim Training trug. Als ich mich im Spiegel betrachtete und noch einmal – dieses Mal aus Nervosität – meine Jacke zurechtzupfte, weiteten sich meine Augen staunend.

Ich sah so ... erwachsen aus.

Die Kleidung verlieh mir eine Härte, die ich noch nie an mir wahrgenommen hatte. Sie ließ mich aufrechter stehen und ohne, dass ich es verhindern konnte, durchströmte mich eine noch verhaltene Welle des Stolzes.

Die letzten sechs Jahre hatte ich davon geträumt, diese Uniform tragen zu dürfen. Sie ließ mein eigentliches Ziel erneut vor meinem inneren Auge aufblitzen.

Ich lächelte in mich hinein, denn wie erhofft fühlte ich bei dem Gedanken an meinen Vater eine gewisse Verbundenheit. Sie schien von dem hellbraunen Stoff auszugehen, durch meine Haut zu dringen und meinen ganzen Körper zu erfassen.

Völlig in diesem Gefühl gefangen streichelte ich über die Kleidung, bis mich ein leises Klopfen schließlich zurück in die Wirklichkeit beförderte und die seltsame Präsenz meines Vaters verblassen ließ. Ein wenig erschrocken zuckte ich zusammen, entspannte mich aber gleich wieder, als ich durch den Spiegel auf Niks Gestalt sah, der gegen den Türrahmen lehnte. Auch er trug seine Uniform bereits.

Captured | Band 1Where stories live. Discover now