Kapitel 15.2

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Eine ganze Weile starrte ich meine Mutter einfach nur an, ohne auch nur einen Laut über die Lippen zu bringen

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Eine ganze Weile starrte ich meine Mutter einfach nur an, ohne auch nur einen Laut über die Lippen zu bringen. Es war, als wollten sich ihre Worte nicht zu einem Satz zusammenfügen und Sinn ergeben.

»Was?« Ich blinzelte perplex.

Forschend sah ich sie an, um gleich erkennen zu können, dass sie einen Scherz machte. Doch ich suchte vergeblich nach einem Anzeichen. Ihre Miene blieb hart, genauso wie die von Maddox und das rüttelte mich aus meiner Starre. Mein Herz rutschte mir in die Hose, meine Atmung beschleunigte sich und meine Hände zitterten unkontrolliert.

»Das kann doch nicht dein Ernst sein?«, hakte ich sicherheitshalber nach, doch mir war klar, dass die Antwort sich keinesfalls ändern würde.

»Ich fürchte schon«, sagte Mum und blickte betreten auf ihre Finger. Ich sah deutlich daran, wie sie mit zitternden Händen die Serviette knüllte, dass sie diese Entscheidung nicht leichtsinnig getroffen hatte. Dennoch brachte ich es nicht fertig, meinen Ärger darüber zurückzuhalten.

»Das ist ja wieder typisch«, platzte ich heraus. Ich musste meiner Enttäuschung Luft machen und das schaffte ich immer am besten, wenn ich meine Gefühle nicht zurückhielt – obwohl es schon einige Male die bessere Option gewesen wäre.

Maddox wollte sich sofort als Vermittler dazwischenschalten, doch in meinem Ärger verbot ich ihm mit einer Handbewegung das Wort.

»Du wirst es sicher kaum erwartet haben können, endlich einen Grund dafür zu finden, nicht umziehen zu müssen, habe ich recht?«

Meine Stimme strotzte nur so vor Vorwürfen und ich funkelte meine Mutter wütend an, obwohl in meinem Hinterkopf eine leise Stimme an meine Vernunft appellierte. Ich wusste, ich tat ihr Unrecht, aber ich brauchte eine Zielscheibe. Und der Lauf meiner Waffe aus Enttäuschung war geradewegs auf meine Mutter gerichtet.

»Das ist nicht fair«, hauchte Mum und wischte sich schnell mit dem Handrücken über beide Augen. Ich spürte, wie die Reue über mein unpassendes Verhalten versuchte, sich an die Oberfläche zu kämpfen, doch alles in mir war ein einziges Durcheinander.

Es schien, als würden sich meine Emotionen gegenseitig anstacheln, nur noch stärker zu werden. Einen klaren Gedanken konnte ich nicht fassen.

»Nein, es ist nicht fair!«, rief ich, senkte aber bei den seltsamen Blicken, die uns die anderen Besucher im Saal zuwarfen, sofort meine Stimme. Ich zwang meine zu beben beginnende Unterlippe zur Ruhe. »Es ist nicht fair, dass Dad umgebracht wurde. Es ist nicht fair, dass ich sechs Jahre lang trainiert habe, um uns ein besseres Leben zu ermöglichen. Das wäre deine Aufgabe gewesen! Du bist die Mutter, nicht ich! Ihr wärt alle sicherer hier bei mir, ich könnte euch beschützen ... so wie Dad es immer getan hat.«

Meine Stimme hatte an Nachdruck verloren und war nun eher ein weinerliches Quietschen. Der sowieso schon lockere Wall aus Wut flaute ab, stürzte zusammen und hinterließ nichts als einen Haufen Trümmer. Ich hatte kaum Zeit, die neuen Gefühle zu ordnen, die nun Besitz von mir ergriffen.

Captured | Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt