Kapitel 1

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Kapitel1

Müde setzte ich mich auf einen der Barhocker und lehnte mich gegen den Tresen. Vor nicht einmal vier Stunden war die Beerdigung meiner Mutter gewesen und bei meinem Vater hielt ich es keine Sekunde länger aus. Sobald er einmal getrunken hatte, war er keine gute Gesellschaft mehr. Bevor der Barkeeper fragen konnte, hielt ich ihm meinen Ausweis entgegen.

„Einen Vodka, bitte!", bestellte ich, bevor ich den Ausweis wieder in meiner Hosentasche verschwinden ließ. Mit einem kurzen Nicken wandte er sich zu den Flaschen. Bei der Bar handelte es sich um eine kleine Halle, die gerade genug Platz für den schmalen, langen Tresen und insgesamt drei Tischgruppen bot. Es war die Art von Dorfkneipe, wo nie mehr als sechs Leute auf einmal waren. Abgesehen davon, wenn große Fußballspiele anstanden. Dann quetschten sich mehr Leute in das kleine Gebäude, als eigentlich Platz war. Da an diesem Abend kein Spiel stattfand, war es dementsprechend leer. Eine kleine Gruppe von jungen Männern saß an einem der Tische und war in ihr Kartenspiel vertieft. Mein Blick wanderte wieder zu dem jungen Barkeeper. Er schien nicht älter als mitte 20 zu sein. Mit einem ernsten Blick stellte er mir das kleine Gläschen mit der durchsichtigen Flüssigkeit vor die Nase und nickte mir zu, bevor er sich wieder abwandte. Seine Haare hatten einen hellen Braunton und ein Drei- Tage- Bart zierte sein Kinn. Das schwarze T-Shirt, dass er trug, lag eng an. Muskeln zeichneten sich unter dem dünnen Stoff ab und ließen einen durchtrainierten Körper erahnen.

Seufzend exte ich den Inhalt des kleinen Gläschens und warf dem Barkeeper einen kurzen Blick zu. Er schien sofort zu verstehen, worauf ich hinaus wollte und stand mit zwei großen Schritten wieder vor mir.

„Das Gleiche?"

Seine Stimme klang tiefer, als ich erwartet hatte. Ich nickte und murmelte ein „Danke", als sich das gefüllte Glas wieder vor mir befand.

„Schlechter Tag?", erklang eine tiefe Stimme neben mir. Überrascht drehte ich mich zur Seite und sah direkt in ein Paar tiefblauer Augen.

„Kann man so sagen", antwortete ich und musterte meinen Gegenüber, den ich zuvor nicht bemerkt hatte. Er schien Anfang 30 zu sein. Seine Haare hatten einen dunklen Ton angenommen und sein Gesicht wurde von einem kurzgeschnittenen Bart umrahmt. Allem in allem war er sehr attraktiv. Genau die Art von Mann, die ich schon seitdem ich in der Pubertät war, stillschweigend angehimmelt hatte.

„Und was verschlägt Sie an einem Dienstagabend hierher?"

„Schlechter Tag", antwortete er, wobei ein schmales Lächeln seine Lippen umspielte. Ein Lächeln, dass mich vollkommen in seinen Bann zog. Erst, als er die Lippen bewegte, fiel mir auf, dass ich gestarrt hatte.

„Wie bitte?", fragte ich und schaute zu seinen Augen auf. Ich spürte, wie die Röte in meine Wangen schoss. Er hingegen wirkte äußerst amüsiert und konnte ein kurzes, tiefes, kratziges Lachen nicht zurückhalten. Ein herzliches Lachen, dass mich zum Lächeln brachte.

„Ich habe gesagt, dass du mich nicht Siezen musst. Ich bin Eric", stellte er sich vor und hielt mir seine Hand entgegen.

Ich zögerte nicht lange und ergriff seine Hand mit den Worten: „Ich bin Kai."

„Freut mich, Kai."

Mein Blick wanderte wieder zu dem Glas vor mir. Ohne großes Zögern exte ich auch den Inhalt und wandte mich dann wieder Eric zu.

„Möchtest du auch einen?"

Er musterte mich einen Moment, wobei sich ein schiefes Grinsen auf seinem Gesicht bildete.

„Gerne."

Ich nickte und rief erneut den Barkeeper zu mir, der bei meiner Bestellung kurz die Augenbraue hob. Als ich schließlich das zweite Glas an Eric weitergab, schien der Braunhaarige beruhigter. Mit Sicherheit hielt er mich für einen von denen, die gerade volljährig geworden sind und sich beim ersten Mal so richtig die Kante gaben. Meine Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf meinen Gegenüber. Er sah mich erneut schweigend an. Das schiefe Grinsen hatte sich nicht verändert und ich stellte fest, dass seine blauen Augen eine beruhigende Wirkung auf mich hatten. Zumindest ging ich davon aus. Es bestand nämlich ebenfalls die Möglichkeit, dass der Alkohol langsam seine Wirkung entfaltete.

Feels like home - Eric und KaiWhere stories live. Discover now