Kapitel 4

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Kapitel4

Taemin war ein wahres Musikgenie. Schon im frühen Alter war er in der Lage gewesen komplizierte Kompositionen fehlerfrei auf dem Klavier zu spielen. Mit fünf Jahren hatte er mit Gitarrenunterricht begonnen. Mittlerweile konnte er unzählige Instrumente spielen, liebte das Tanzen und war auch im Singen definitiv talentierter als ich. Gut, dass war auch nicht allzu schwer. Zwar teilte ich seine Leidenschaft zur Musik, doch ich war nicht annähernd so talentiert. Hätte Taemin mir nicht damals das Klavierspielen beigebracht, könnte ich nur mit meinem „Bongo-Spiel-Talent" angeben.

Ich ließ meinen Blick über die Klaviatur wandern. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich daran dachte, wie gerne ich damals mit Taemin gespielt hatte. Tae hatte sich neben mich auf den länglichen Hocker gesetzt und ich spürte seinen Blick auf mir. Meine Finger fanden den Weg zu den Tasten und bereits der erste Ton gab mir das Gefühl endlich wieder zu entspannen. Endlich das Drumherum, all die Probleme und Sorgen zu vergessen.

„Spiel etwas", forderte der Ältere mich mit ruhiger Stimme auf. Ich biss mir kurz auf die Lippe, ging in meinem Kopf alle Lieder, die ich jemals auf einem Klavier gespielt hatte, durch und begann schließlich eine Melodie zu spielen, Es überraschte mich, dass ich „River flows in you" noch immer fehlerfrei spielen konnte. Doch es bereitete mir ein Gefühl der Ausgeglichenheit. Eine tiefe Freude. Mit dem Verstummen des letzten Tons begann Tae zu applaudieren, was mich grinsen ließ. Das hatte er immer gemacht, wenn wir Beide gespielt hatten. Dramatisch legte ich mir eine Hand auf die Brust und deutete eine Verbeugung an. Auch er grinste breit und legte mir die Hände auf die Schultern.

„Du bist jedenfalls nicht schlechter geworden. Ich glaube gegen dich kann ich einpacken!"

Ich begann zu lachen und boxte ihm liebevoll gegen die Schulter.

„Rede keinen Mist. Du bist mit Abstand der Beste am Klavier den ich kenne! Komm, jetzt spiel du mir etwas vor", entgegnete ich und machte ihm noch etwas mehr Platz auf dem Hocker. Er warf mir einen kurzen, geschmeichelten Blick zu, bevor er mehr in die Mitte des Hockers rutschte und seine Finger auf die Tasten legte. Es dauerte einen kurzen Moment, bevor ich die Melodie erkannte. Ich musterte den 19- Jährigen, der voll und ganz auf das Spielen konzentriert war. Sein Gesicht wirkte entspannt und seine Augen folgten seinen Fingern. Ich erkannte wie er sich etwas auf die Unterlippe biss, dann aber doch wieder von ihr abließ. Darauf bedacht nicht seinen Arm anzustoßen, lehnte ich mich vorsichtig gegen ihn, was er mit einem kurzen Lächeln zur Kenntnis nahm. Ich spürte seine Bewegungen, als ich den Kopf auf seine Schulter legte. Seine Arme waren angespannt und ich spürte selbst die kleinsten Bewegungen seiner Finger, die bis zu seiner Schulter heraufzogen. Mit einem Lächeln schloss ich die Augen und lauschte der instrumentalen Version von „I need u". Langsam aber sicher wurde mir klar, wie sehr ich Momente wie diese vermisst hatte. Momente, in denen ich einfach bei Taemin war, seine Nähe spürte und mich nicht alleine fühlte. Er gab mir so oft das Gefühl willkommen zu sein.

Wichtig zu sein. Zumindest für ihn.

Und genau das brauchte ich gerade.

Die letzten Wochen waren beschissen gewesen und ich konnte nicht sagen, wann ich mich das letzte Mal so gut gefühlt hatte.

Die Last, der Schmerz, die Trauer.

Alles schien für einen Moment von mir abzufallen. Taemin beendete das Lied, doch blieb in der Position.

„Ich bin froh dich zu haben, Taemin", hauchte ich, in der Hoffnung, dass er es hörte.

Seine Bewegung ließ mich, mich zu ihm drehen. Ich begegnete seinem Blick, der einen liebevollen Ausdruck angenommen hatte. Dann schloss er mich in seine Arme und legte seinen Kopf auf meine Schulter.

Feels like home - Eric und KaiWhere stories live. Discover now