- Lola -
„Möchtest du noch etwas Kaffee, Liebes?“
„I-Ich…ähm“, stammle ich und werfe einen kurzen Blick auf die noch fast volle Kaffeetasse, die ich auf meinem Schoß abstützend mit beiden Händen fest umfasse, bevor ich wieder zurück zu Layla schaue, die im Türrahmen zu ihrem kleinen Büro steht und mich mit erwartungsvollem Lächeln und aufmerksamem Blick anschaut.
Sieht so aus, als wäre ich schon wieder in Gedanken gewesen…na super…
Für einen Moment halte ich noch inne, schüttle dann aber nach mehrfachem Blinzeln den Kopf.
„Ähm…nein danke, Layla“, sage ich und versuche mich ebenfalls an einem Lächeln, welches mir sogar einigermaßen gelingt, „aber lieb, dass du fragst.“
„Immer doch, Liebes“, erwidert Layla und lacht dabei ihr glockenhelles Lachen, bevor sie auf die Dokumente in ihrer Hand deutet, „ich muss mal kurz was kopieren gehen. Also, nur dass du Bescheid weißt und dich nicht wunderst, wenn du aus deinen Tagträumereien aufwachst und ich nicht da bin.“
Während Layla mir sowohl belustigt als auch verschwörerisch zuzwinkert, spüre ich, wie leichte Wärme in meine Wangen steigt.
„Ähm…ja, äh…gut…dann nochmal danke.“
„Wie gesagt, immer doch, Liebes.“
Mit einem weiteren Zwinkern und erneutem Kichern dreht Layla sich um und wird von dem Klackgeräusch ihrer Absatzschuhe begleitet, als sie durch den Türrahmen nach draußen auf den Flur tritt und sich nach und nach von ihrem kleinen Büro und damit von mir entfernt.
Tagträumereien…schön wär’s…
Mit einem Seufzer stelle ich meine Tasse auf den Bürotisch vor mir und fahre mir mit beiden Händen durch die Haare, bevor ich mich mit geschlossenen Augen in meinem Stuhl
zurücklehne.
Auch wenn ich in der vergangenen halben Stunde mehr als einmal versucht habe, ein Gespräch mit Layla aufzubauen oder zumindest ihren Erzählungen einigermaßen zu folgen, bin ich gedanklich immer wieder abgeschweift, was Layla natürlich auch irgendwann gemerkt und mich dann mit meinen Gedanken allein gelassen hat.
Schlauer bin ich daraus bislang allerdings nicht geworden…
Stöhnend reibe ich mir mit zwei Fingern über die Augen und öffne sie mit mehrfachem Blinzeln wieder.
Wenn das wirklich stimmt, was Nico mir da erzählt hat…
Aber warum sollte es nicht stimmen?
Er weiß schließlich nicht, dass er meinem Vater sehr ähnelt…
Aus seiner Sicht war es eine ganz normale Bemerkung seinerseits, dass seine Mutter ihm immer gesagt hat, dass er seinem Vater ähnlich sieht…eine Verbindung zu meinem Vater und damit zu mir besteht in seinen Augen ja gar nicht…
Und da er ja bereits wusste, dass mein Vater nicht mehr lebt, war es für ihn vielleicht auch keine so große Überwindung mehr, von seiner verstorbenen Mutter zu erzählen, zumal wir ja auch ziemlich ungeplant auf dieses Thema gestoßen sind…
Aber…was heißt das jetzt?
Was soll ich machen?
Was ist der nächste Schritt?
Das…das sind doch bisher alles nur Spekulationen meinerseits…
Ich weiß nichts Konkretes…ich habe keinen Beweis…
Grübelnd greife ich nach meiner Tasse und nehme einen Schluck, nur um kurz darauf das Gesicht zu verziehen.
Kalter Kaffee…das auch noch…
Mit einem leichten Schütteln stelle ich die Tasse zurück auf den Tisch und schiebe den Stuhl leise quietschend zurück, um aufzustehen.
Vielleicht hilft mir ja ein bisschen Bewegung…
Gedankenverloren schlendere ich zum Bürofenster und schaue hinaus, wodurch ich einen guten Blick über den weiten Platz vor der Autowerkstatt habe, auf dem die zu reparierenden Autos in verschiedenen Reihen geparkt sind.
Langsam lasse ich meinen Blick über die Autoreihen gleiten, bis mein Blick schließlich an Nico hängen bleibt, der über die geöffnete Motorhaube eines PKWs gebeugt ist und mit einem prüfenden Blick das Autoinnere betrachtet.
Ich…ich kann immer noch nicht glauben, dass er Papa so ähnlich sieht…
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt denken, dass er es ist…erst recht aus der Entfernung, wegen der man die Narbe über seiner rechten Augenbraue nicht sieht…
Mit einem schweren Schlucken schaue ich Nico zu, der mit irgendetwas im Inneren des Autos
zu hantieren scheint, bevor er seine ölverschmierten Hände an der Arbeitshose abwischt und mit einem geübten Griff die Motorhaube des Autos wieder schließt.
Der dumpfe Knall des Autos lässt mich zusammenzucken und anschließend meine Schultern mit einem tiefen Atemzug straffen.
Ich komme nicht drum herum.
Ich muss mit ihm reden…nicht vorhandene Beweise hin oder her…es geht nicht anders.
Ich muss mit Nico reden.
Nur so bekomme ich Gewissheit…
Doch gerade, als ich mich vom Fenster abwenden und aus dem Büro und weiter nach draußen gehen möchte, sehe ich, wie der rote Sportwagen von Habibs Onkel auf den Platz vorfährt.
Verdammt!
Das gibt es doch nicht!
Danny und Habib sind zurück.
Und ich habe die perfekte Gelegenheit mit Nico zu reden mit Schockstarre und Grübeleien verschenkt.
Gleich zweimal!
Das kann doch nicht wahr sein!
Ich bin so ein Idiot!
Wütend über mich selbst stoße ich einen frustrierten Laut aus und fahre mir mit beiden Händen durch die Haare, während ich sehe, wie Habib und Danny, die in der Zwischenzeit den Wagen geparkt haben und ausgestiegen sind, zu Nico hinübergehen.
Was…was machen die beiden denn da?
Nachdenklich schaue ich dabei zu, wie Nico und Habib sich mit einem kurzen Handschlag begrüßen und Nico im Anschluss Danny kurz zunickt, der wiederum mit großen Augen und leicht geöffnetem Mund zu ihm hochschaut, bevor Habib ein paar Worte mit Nico wechselt und sich danach mit einem weiteren kurzen Handschlag von ihm verabschiedet, um mit Danny weiter auf das Autowerkstattsgebäude zuzugehen, wohingegen Nico seine Hände in den Hosentaschen vergräbt und zum Rand des Platzes in Richtung seines Motorrads schlendert.
Verstehe…wahrscheinlich kann Nico jetzt seine Pause nachholen, die er vorhin wegen Habib und Danny verschoben hat.
Aber das bringt mir auch nichts, schließlich kann ich schlecht zusammen mit Danny im Schlepptau zu Nico gehen, ihm das Foto meines Vaters zeigen und ihn dazu befragen.
Danny würde, sobald er wieder zu Hause ist, Mama von meinem Verdacht erzählen.
Selbst wenn ich ihn bitte es nicht zu sagen, würde es ihm irgendwann einfach so rausrutschen.
Und wenn Mama dann verlangen würde, Nico zu sehen …
Nein…das geht nicht…das kann ich nicht zulassen…
Nicht nach all den Fortschritten, die sie in letzter Zeit gemacht hat…
Wer weiß, am Ende ist sie sogar noch verletzt, dass Papa vielleicht auch mit einer anderen Frau ein Kind hat…auch wenn das ungeplant war und einige Zeit vor ihrer und Papas gemeinsamer Zeit gewesen sein muss…schließlich ist Nico ein paar Jahre älter als ich…
Und Nico hat ja selbst gesagt, dass es nur ein One Night Stand gewesen ist und die beiden sich nicht mal richtig kannten…
Ich hole erneut tief Luft und kaue nachdenklich auf meiner Unterlippe, während ich weiter aus dem Fenster zu Nico sehe, der inzwischen bei seinem Motorrad angelangt ist und
dessen Sitz hochklappt, um einen schwarzen Helm daraus hervorzuziehen, sich diesen aufzusetzen und den Riemen unter seinem Kinn festzuziehen.
Genauso wie Papa früher…
Schwer schluckend schaue ich zu, wie Nico sich auf sein Motorrad schwingt, es startet und gekonnt zwischen den Autorreihen hindurch und anschließend auf die Straße fährt, bevor ich ein weiteres Mal tief durchatme.
Nein…es geht einfach nicht anders.
Ich muss mit ihm reden.
Ohne Habib.
Ohne Danny.
Alleine.
Morgen…
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Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)
Romance- Fortsetzung zu „Liebe Auf Französisch" und „Weihnachten Auf Französisch" - Man sagt, dass die Hochzeit der schönste Tag des Lebens ist. Was einem jedoch niemand sagt, ist die Tatsache, dass bis zu diesem besagten schönsten Tag des Lebens eine Me...