- Lola -
„Was machst du denn hier, Prinzessin? Hattest du Sehnsucht nach mir?“
„Träum weiter, Bibi“, entgegne ich schmunzelnd auf Habibs grölende Begrüßung und warte geduldig, bis dieser mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen quer durch die Halle der Autowerkstatt auf mich zugeschritten ist und sich anschließend breit grinsend zu mir vorlehnt.
„Na ja, ich glaube, das wäre für uns beide eher ein Alptraum“, sagt er und zwinkert mir vielsagend zu, woraufhin ich das Gesicht verziehe und mich leicht schüttle.
„Ja, ich glaube, da sind wir uns einig.“
„Gut, also...da du ja offenbar nicht aufgrund meines unwiderstehlichen Charmes hier bist…“, ich verdrehe die Augen über den selbstgefälligen Klang in Habibs Stimme, „…gibt es vielleicht irgendetwas anderes, womit du Hilfe brauchst? Musst du wieder auf den kleinen Prinzen aufpassen? Oder brauchst du eine Fahrgelegenheit irgendwohin?“
„Das ist ganz lieb von dir, Bibi“, ich hole tief Luft, während sich meine Hand etwas fester um das Foto in meiner Jackentasche verkrampft, „aber ich möchte eigentlich nur mit Nico sprechen.“
„Mit Nico?“ Erstaunt hebt Habib eine Augenbraue. „Warum das denn?“
Bemüht mir nichts von meiner Nervosität anmerken zu lassen, versuche ich mein klopfendes
Herz mit einem Schulterzucken zu überspielen. „Warum nicht?“
„Stimmt auch wieder“, erwidert Habib und zuckt ebenfalls mit den Schultern, bevor er sich leicht von mir wegdreht, „ey, Nico! Dein Typ wird verlangt!“
Sämtliche Köpfe der arbeitenden Mechaniker drehen sich in unsere Richtung, einschließlich der von Nico, der am Ende der Halle über einer offenen Motorhaube gebeugt steht und kurz seine Stirn runzelt, als er sich aufrichtet und mich sieht.
Kein Wunder...wahrscheinlich fragt er sich, was ich von ihm möchte…
Und dass Habib hier so laut rumbrüllen muss, sodass alle anderen zu uns schauen, macht die Sache auch nicht viel besser...
Vielen Dank auch, Bibi…
Ich zwinge mich zu einem Lächeln und nicke Nico kurz zu, der die Motorhaube des Autos zuklappt und mit schlendernden Schritten auf uns zukommt, bis er schließlich neben Habib und mir stehen bleibt.
„Hey, Lola“, sagt er und wischt seine ölverschmierten Hände an einem von Flecken übersäten Stofftuch ab, welches er zuvor aus einer seiner Hosentaschen gezogen hat, „alles klar?“
„Ja, alles gut“, erwidere ich und ärgere mich über das unruhige Zittern in meiner Stimme, während mein Griff um das Foto erneut stärker wird, „und bei dir?“
„Ja, passt schon“, entgegenet Nico schulterzuckend und stopft das Stofftuch zurück in seine Hosentasche, bevor er die Arme vor der Brust verschränkt, „was gibt’s denn?“
„Ich…ähm…na ja“, stammle ich und sehe aus den Augenwinkeln, wie Habib schmunzelnd zwischen Nico und mir hin und her sieht, „können wir das…äh…vielleicht irgendwo unter vier Augen besprechen?“
„Oh, das könnte interessant werden…“
„Klappe, Bibi“, knurre ich und werfe Habib einen bösen Seitenblick zu, während Nico ein weiteres Mal mit den Schultern zuckt.
„Klar, ich wollte sowieso gleich Pause machen“, sagt er und schaut zu Habib, bevor er mit seinem Kopf hinter sich deutet, „kümmerst du dich so lange um den Wagen von Frau Elser?“
„Wenn du mir dafür nachher erzählst, was unsere Prinzessin von dir wollte…“
„Bibi!“
„Hey, entspann dich, Prinzessin. Sonst bekommst du am Ende noch Falten so kurz vor der Hochzeit.“
„Wohl eher Schürfwunden, wenn ich dir die Schelle deines Lebens verpasse, wenn du nicht gleich abhaust!“
„Okay, okay, Prinzessin. Ich bin ja schon weg“, sagt Habib grinsend und hebt beschwichtigend beide Hände, ehe er sich umdreht und gemächlich zu dem Auto am Ende der Halle schlendert, während ich zurück zu Nico schaue, der mich mit einem amüsierten Schmunzeln von der Seite betrachtet.
„Interessante Freundschaft, die ihr beide da habt“, sagt er und zwinkert mir kurz zu, bevor er mit dem Kopf zum Ausgang der Halle deutet, „sollen wir?“
„Ähm…ja, sicher“, murmle ich und folge Nico schweigend, der mit lässigen Schritten die Autowerkstatt verlässt und dessen Halle umrundet, bis er schließlich in einer abgelegenen Ecke stehen bleibt.
„Stört es dich, wenn ich…“, setzt er an und zieht fragend eine Packung Zigaretten aus seiner Hosentasche hervor, woraufhin ich mit dem Kopf schüttle.
„Nein, mach ruhig“, sage ich und beginne, von einem Fuß auf den anderen zu treten, während Nico mit geübten Griffen eine Zigarette aus der Packung hervorzieht und diese mit einem Feuerzeug aus derselben Hosentasche anzündet, „die…die wirst du vielleicht auch brauchen…“
„Wie meinst du das denn jetzt?“, fragt Nico und nimmt mit gerunzelter Stirn einen langen Zug von seiner Zigarette.
„Ich…ähm...“, ich kaue auf meiner Unterlippe und tippe unruhig mit den Fingern gegen das Foto in meiner Jackentasche, „wir…wir hatten doch gestern miteinander geredet…“
„Ja, und?“
„Na ja…also…äh…“
„Nichts für ungut, Lola, aber wenn du weiter hier so rumstotterst, muss ich Yussuf fragen, ob ich länger Pause machen darf“, sagt Nico und nimmt einen weiteren Zug, dessen Rauch er aus Rücksicht von mir weg pustet, „also, was ist jetzt? Worüber wolltest du mit mir reden?“
Anstatt Nico zu antworten, atme ich tief durch und senke für einen Moment meinen Blick, bevor ich meine Hand samt Foto aus der Jackentasche ziehe.
„Darüber“, sage ich leise und reiche Nico das Foto, der es zögernd entgegennimmt und dessen Augen sich innerhalb von Sekunden schlagartig weiten…- Zoe -
„Zouzou?“
„Hm?“
„Ich glaube, der Teller ist nicht nur trocken, sondern mittlerweile auch auf Hochglanz poliert.“
Verwundert über Maries Bemerkung blinzle ich mehrmals, bevor ich innehalte und kopfschüttelnd auf den Teller und das Küchentuch in meinen Händen schaue.
„Ähm…ja. Damit hast du vermutlich Recht, Schwesterherz“, murmle ich und stelle den Teller in einen der geöffneten Hängeschränke, während Marie kichernd den Stöpsel aus dem
Spülbecken zieht und das benutzte Schaumwasser gluckernd im Abfluss verschwindet.
„Warum warst du denn diesmal in Gedanken?“
„Ich war doch gar nicht…“
„Zouzou“, Marie verdreht die Augen und wirft mir einen spöttischen Blick zu, „das kannst du meinetwegen deinem Friseur erzählen, aber nicht mir, okay? Dafür kenne ich diesen Kein-Anschluss-unter-dieser-Nummer-Blick viel zu gut. Also, raus mit der Sprache. Was beschäftigt dich? Etwa dein gestriges Treffen mit Robert?“
Was?!
Vor Schreck lasse ich beinahe das Glas, nach welchem ich als nächstes gegriffen habe, fallen und schaue mit weit aufgerissenen Augen zu meiner
Schwester.
„W-Woher…w-woher weißt du das denn?“
„Von Lola“, erwidert Marie schulterzuckend, so als wäre es die selbstverständlichste Antwort der Welt, und stemmt demonstrativ eine Hand in die Hüfte, „warum hast du mir eigentlich nichts davon erzählt? Hm?“
„W-Weil…w-weil es nicht wichtig ist…“
„Ach nein?“
„N-Nein!“, stammle ich und beginne das Glas mit energischen Bewegungen
abzutrocknen, „mich würde viel mehr interessieren, warum Lola dir davon erzählt hat…und vor allen Dingen wann…“
„Gestern Nacht.“
„Gestern Nacht?!“
„Ja, und jetzt lenk nicht ab, Zouzou“, sagt Marie und verdreht erneut die Augen, während ich meine Schwester ungläubig anstarre, „warum hast du mir nichts von deiner Begegnung mit
Robert erzählt? Du lässt dich doch hoffentlich nicht wieder von ihm einwickeln, so wie früher, oder?“
„Was? Ich…nein, natürlich nicht! Ich liebe Lola! Und wir heiraten bald! Das würde ich für nichts und niemanden aufs Spiel setzen!“
„Gut, dann bin ich ja beruhigt“, sagt Marie und nickt zufrieden, während sie sich gegen die Küchenanrichte hinter ihr lehnt, „sonst hätte ich nämlich nicht nur arg an deinem Verstand und meiner Menschenkenntnis gezweifelt, sondern hätte obendrein auch noch Lola angelogen, als ich ihr versichert habe, dass du sie liebst und mit Robert abgeschlossen hast.“
Was?
Heißt das, dass…dass Lola nach unserem gestrigen Gespräch doch noch Zweifel hatte?
Zweifel an meinen Worten?
Und an meiner Liebe?
Mein Hals schnürt sich zusammen und mein Herz sinkt etwas, während ich wie in Trance das abgetrocknete Glas in den Küchenschrank stelle.
War sie deshalb noch so spät wach?
Weil sie nicht wusste, ob sie meinen Worten Glauben schenken kann?
Aber…warum?
Wir…wir vertrauen doch einander…zumindest dachte ich das immer…
Aber…was ich auch nicht verstehe…
„Warum warst du eigentlich so spät noch wach, Marie“, frage ich und drehe meinen Kopf stirnrunzelnd zu meiner Schwester, deren Gesicht mit einem Mal unsichere Züge annimmt.
„Ich…ähm…na ja…“
Ein abruptes Klingeln schneidet Marie das Wort ab und lässt mich zum Küchentisch schauen, auf dem mein Handy vor sich hin brummt und summt.
Ob das Lola ist?
Sie wollte doch jetzt eigentlich um diese Zeit mit diesem Nico sprechen…und sie war so nervös heute Morgen beim Frühstück…
Vielleicht braucht sie Zuspruch…oder ein offenes Ohr…oder einfach nur mich…
Ein tiefes Gefühl der Sehnsucht macht sich in mir breit und ich trete mit wenigen Schritten an den Küchentisch heran, seufze jedoch enttäuscht auf, als ich auf das wild blinkende Display schaue, bevor ich den Anruf annehme.
„Ja? Was ist, Mona?“
„Na, vielen Dank für diese überschwängliche Begrüßung, Süße. Da fühlt man sich doch gleich willkommen“, höre ich Monas trockene Stimme am anderen Ende der Leitung und seufze erneut auf.
„Entschuldige, bitte“, murmle ich zerknirscht und atme tief durch, „also, was ist los?“
„Wo bist du gerade?“
„Ähm…“, von der Frage leicht irritiert lasse ich meinen Blick durch den Raum gleiten, „…zusammen mit Marie in meiner Küche…warum?“
„Perfekt!“, sagt Mona, wobei eine gewisse Zufriedenheit in ihrer Stimme mitschwingt und ich glaube sogar zu hören, wie sie leise aufkichert, „dann bewegt euch bloß nicht weg. Romy wird in etwa zehn Minuten bei euch sein und auf die Zwillinge aufpassen. Oder sind die beiden bei Lola?“
„Nein, die haben es sich auf dem Balkon gemütlich gemacht, aber…“
„Sehr schön“, unterbricht Mona mich, deren Kichern diesmal etwas deutlicher zu hören ist, „dann wartet wie gesagt bitte bis Romy da ist und wenn sie dann ankommt, wird sie euch eine Adresse geben, zu der ihr bitte fahrt. Ich erwarte euch beide dann dort, okay?“
Was?
Wie?
Hä?
„Nein, nichts ist okay“, entgegne ich und schaue hilflos zu Marie, die mich mindestens so verwirrt anstarrt, wie ich mich fühle, „was soll diese Geheimniskrämerei, Mona? Wieso soll ich mit Marie zu irgendeiner Adresse fahren, wo du dann wartest? Und was soll da überhaupt sein?“
„Ein Yogastudio...“
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Hochzeit Auf Französisch (Lola & Zoe - Band 3) (girlxgirl; wedding)
Romance- Fortsetzung zu „Liebe Auf Französisch" und „Weihnachten Auf Französisch" - Man sagt, dass die Hochzeit der schönste Tag des Lebens ist. Was einem jedoch niemand sagt, ist die Tatsache, dass bis zu diesem besagten schönsten Tag des Lebens eine Me...