Beendet Teil 2

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Ich war mir nicht sicher wie lange ich schon so da gelegen war, den Kopf auf das Wiesenkleid gebettet, die Augen empor gerichtet, um die Sterne zu betrachten. Mein Atem ging in ruhigen, gleichmäßigen Zügen, leiser als die Melodie die noch immer in der Luft tanzte.

 „Du bist ruhig geworden“, stellte der Mann am Klippenrand fest, die Melodie mitten im Stück brutal unterbrochen. Meine Stille war Antwort und Bestätigung genug.

 Er atmete ein, als wolle er weiter summen, doch, als hätte er sich in letzter Sekunde um entschieden, entließ er die Luft mit einem leisen Zischen. „Tut mir Leid.“

 „Wofür?“, fragte ich und hatte gleichzeitig sehr wohl ein paar Dinge im Sinn für die er sich verantwortlich gemacht hatte.

 „Dafür das ich nicht bin, wen du gerne hättest.“

 Ich rollte mich zur Seite, stand wackelig auf und machte die wenigen Schritte, bis ich ebenfalls am Klippenrand zu stehen kam. Ich setzte mich neben den Silberhaarigen zu Boden.

 „Das tut mir auch Leid.“

 Ein Lächeln huschte über seine Lippen. „Du bist ehrlich.“

 „Was bringt es mir schon jetzt noch zu lügen.“

 Er summte in Einverständnis, lehnte sich auf seine Hände zurück und ließ den Kopf in den Nacken fallen.

 „Was machst du hier?“, fragte ich aus reiner Neugierde heraus, auch wenn ich mir eigentlich selbst verboten hatte jemals ein Wort mit ihm zu wechseln.

 „Das Leben genießen“, antwortete er leise. „Atmen, riechen, sehen, leben eben. Ich habe schon zu viel Zeit damit verschwendet nicht zu leben.“

 Das schlechte Gewissen das sich in mir ausbreitete, war meiner Meinung nach unbegründet, nichtsdestotrotz konnte ich nicht anders als Mitleid mit diesem Menschen zu empfinden.

 „Außerdem habe ich auf dich gewartet.“

 „Auf mich?“ Er nickte ernst. „Und wieso?“

 „Ich wollte mit dir reden.“

 Meine Augen weiteten sich in Erkenntnis. „Dann ist das kein Versehen das ich hier gelandet bin, dann hast du mich hierher gesteuert wie eine Puppe an ihren Fäden?“ Obwohl meine Stimme lauter wurde, schien der Magier sich nicht darum zu scheren.

 „Ich musste mit dir sprechen.“ Er wurde kurz nachdenklich. „Ich wollte auch mit Kyungsoo reden, doch...“ Er verzog das Gesicht. „Ich fürchte er hat Angst vor mir.“

 „Deinetwegen ist Kai gestorben“, brach es aus mir heraus und es klang deutlich wie eine Anschuldigung.

 Tao drehte den Kopf zu mir, in seinen Augen funkelten kleine Lichter. Aus keinen bestimmten Gründen empfand ich plötzlich unglaubliche Angst vor dem sichtlich jüngeren Mann. Dennoch hielt ich seinem Blick stand, sollte er mich die Klippe hinunter stoßen, dann würde es eben so sein.

 „Seinetwegen habe ich über zehn Jahre meines Lebens eingebüßt“, flüsterte er. „Immer nah genug an der Klippe zum Tod.“ Die Ironie des Ganzen, Tao am Rande des Todes, Kai der von einer Klippe in den Tod gestürzt war, und unser Treffen ausgewählt am Rande eben jener Klippe, wurde mir erst jetzt so richtig bewusst.

 Ich schwieg, denn natürlich hatte ich keine Antwort darauf, natürlich war auch mir klar, dass Taos Leben rechtmäßig das von Kai eingefordert hatte. So wie der Reflectare vor über zehn Jahren das gleiche in anderer Richtung getan hatte.

 „Ich bemitleide Kai nicht“, fuhr Tao fort, den Blick starr auf mich gerichtet. „Ich vermisse es nicht in seinem Inneren gefangen zu sein.“

Königlich VerliebtWhere stories live. Discover now