Verirrt

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Es gab wundervolle Dinge die man beim ersten  Augenaufschlag, nach einer kurzen Nacht gerne sehen würde. Dazu gehörten zum Beispiel, Blumen, Sonnenschein, eine Tasse damfpender Kaffee oder das Gesicht einer geliebten Person. Was Kwanghee somit eindeutig ausschloss. Selbst wenn Kwanghee von hinten von der Sonne angestrahlt werden würde, Blumen im Haar und eine Tasse Kaffee in der Hand gehalten hätte, so wäre es doch der schrecklichste aller Anblicke den ich mir für den Morgen vorstellen konnte.
 Man konnte es mir also wahrlich nicht verübeln als meine Laune in den Keller fiel als meine Augenlider langsam aufflatterten und ich mit Schrecken beobachten musste, wie der verhasste Hochzeitsplaner die Türen so kräftig aufdrückte, dass sie mit einem schrecklichen Knall mit den Wänden dahinter kollidierten. Das Geräusch ließ auch Kai aus dem Schlaf hochschrecken und von seiner Position vom Boden aus, blickte er sich orientierungslos um.
 „Wo bin ich?“, hörte ich ihn verwirrt murmeln, ehe er seinen Kopf zur Tür drehte und in Laute fasste, was ich nur denken konnte. Er stöhnte laut und unzufrieden und lies sich zurück auf den Boden fallen. „Verschwinde“, heulte Kai in sein Kissen und ich kroch ans Bett Ende um auf den braunhaarigen hinab zu schauen. War das wirklich der Sohn eines Königs?
 „Guten Morgen Eure Hoheiten, ist heute nicht ein wundervoller Tag?“ Er ignorierte meine finstere Miene und Kais Schreie die er in seinem Federkissen ersticken ließ. Zudem die Tatsache das Kai auf dem Boden geschlafen hatte. Vielleicht musste man Kwanghee zumindest diese Diskretion zugute nehmen. Oder es war schlichtweg seine Art uns zu zeigen das wir ihn in Wahrheit nicht die Bohne interessierten.
 „Ja ich finde auch das ich recht habe“, fuhr der Kerl unbeirrt fort, stieg beim Durchqueren des Zimmers einfach über Kai hinweg und zog die Vorhänge auf. „Strahlend blauer Himmel.“ Er seufzte zufrieden. „Das Wetter hat sich wirklich gebessert, es wird hier wohl einen wundervoll warmen Frühling geben.“
 Kai schlug mit den Fäusten auf den Boden ein und mir kam der Gedanke das der sonst so stolze Prinz wohl ein schrecklicher Morgenmuffel sein musste. Was ihn widerrum irgendwie süß machte.
 „Wie dem auch sei“, richtete Kwanghee seine Aufmerksamkeit wieder zu uns. „Es wird Zeit das Sie sich auf den Weg machen.“
 Das erstaunte mich nun doch. „Was meinst du? Wo sollten wir denn hin?“
 „Ihre Flitterwochen, natürlich.“
 Ich starrte ihn an, als wäre ihm ein zweiter Kopf angewachsen. „Was? Aber...aber davon hat man uns gar nichts erzählt!“
 Der Hochzeitsplaner verdrehte die Augen. „Ich weiß selbst nicht genau weshalb, aber der König ist auf mich zugekommen und hat mir den Befehl gegeben eine solche Reise zu organisieren und dem Wunsch bin ich nachgegangen.“
 „Oh okay?“, meinte ich zögerlich, die Sache schien mir nicht ganz geheuer. „Und wo geht’s hin?“
 „An einen schönen Ort“, lächelte Kwanghee.
 Was Kwanghee für einen 'schönen Ort' hielt war umstritten, aber vor meinem inneren Auge sah ich warmen Strand, klares, blaues Wasser und warmen Wind der mir sanft durch die Haare fuhr. Es war nicht zu leugnen das der Gedanke das Schloss zu verlassen ziemlich aufregend war und dann auch noch für ein wenig Urlaub! Keine nervige Geschätsreise oder eine langweilige Audienz irgendwo am anderen Ende des Königreichs, nein, ein waschechter Urlaub! Ich konnte mein Glück kaum fassen.
 Wie neu geboren hüpfte ich aus meinem Bett, stieg achtlos über Kai, wobei ich ihm meinen Fuß in den Rücken setzte (upps) und verschwand ins Badezimmer. In Rekordzeit wusch ich mein Gesicht, putzte meine Zähne, stellte mich unter die Dusche und kämmte mir nachdem ich in Kleidung geschlüpft war, zu guter Letzt das Haar. Als ich das Badezimmer verließ, entdeckte ich Kai unter der Bettdecke des großen Doppelbettes liegen, eingerollt wie ein Igel der sich vor der Welt verstecken wollte.
 Missbilligend verzog ich den Mund, trat nahe ans Bett heran und griff nach den Rändern der Schlafdecke. Als ich an ihnen zog, spannte sich der Stoff wollte Kais Körper jedoch nicht offenbaren.
 „Lass los“, zischte ich. „Du musst aufstehen!“
 „Noch zehn Minuten“, heulte Kai doch ich schüttelte den Kopf, auch wenn er die Geste gar nicht sehen konnte.
 „Vergiss es. Du stehst jetzt auf. Wir müssen los.“
 „Nur fünf!“, schluchzte Kai und wäre ich nicht so in Aufbruchstimmung, ich hätte mich Tod gelacht über Kais kindisches Benehmen.
 „Kai!“, beschwerte ich mich und zog fester an der Decke. „Hast du Kwanghee nicht zu gehört? Wir dürfen das Schloss verlassen!“
 Kai erwiderte nichts, stattdessen war regelmäßiges Ein- und Ausatmen von ihm zu vernehmen. Ich ergriff die Möglichkeit, zog erneut fest an der Decke und Kai, der scheinbar wieder eingeschlafen war und die Decke nicht mehr fest hielt, kam unter dem Stoff hervor. Beinahe kam ich mir wie ein Magier vor, der unter einem Leintuch einen Körper herbei gezaubert hatte...
 Besagter Körper stirrte leise und drehte sich auf den Bauch. Ich seufte tief aus und raufte mir das Haar. „Das ist doch nicht dein Ernst oder?“ Ich war schon am verzweifeln als die Türen zu unserem Zimmer plötzlich aufschwangen und Taemin herein trat. Der seltsame Anblick den Kai und ich dem jungen Diener boten, lies ihn völlig kalt.
 „Kommt er wieder nicht aus den Federn?“, fragte Taemin und die Spur eines Lächelns huschte über sein schönes Gesicht. Ich blinzelte ihn mehrmals an, zu mehr als einem Nicken nicht im Stande. Wenn Taemin nicht still und ignorant war, sondern lächelte und sprach fiel einem deutlich die Ähnlichkeit die er mit Kai hatte, auf. Beide besaßen etwas anmutiges und schönes, etwas rein Königliches das Taemin selbst nach jahrelanger Unterwerfung und harter Arbeit niemals verloren hatte. Vielleicht war das ja der Beweis das Königliches Blut sich irgendwie doch von dem anderer Menschen oder Magier unterschied.
 Der junge Diener stellte das Tablett das er mit sich brachte, auf einen der zwei Schreibtische im Raum, nahm eine Tasse davon hinunter und trat an die Bettkante. Ich machte dem Diener platz, als dieser sich neben Kai setzte und ihn leicht an der Schulter rüttelte. Kai grunzte nur unzufrieden.
 „Aufwachen Jongin“, herrschte Taemin mit entschiedener Stimme an und meine Augen weiteten sich bei der Erkenntnis das Taemin Kai bei seinem echten Namen ansprach.  
 „Will nicht“, murmelte Kai weiter und Taemin musste unwillkürlich wieder lächeln. „Ich habe eine Tasse Kaffee für dich, die wird dich wach machen.“ Kai schüttelte den Kopf und Taemins Lächeln wurde breiter, plötzlich jedoch nicht mehr aus purer Freude sondern gespickt mit etwas das mir eine Gänsehaut bescherte. „Erinnerst du dich an das eine Mal an dem du nicht aufwachen wolltest, selbst als ich dich zwei Mal freundlich darum gebeten hatte.“ Kai gab keine Reaktion. „Soll ich dich wieder daran erinnern?“ Die Tasse schwebte plötzlich über Kais Körper und mit Schrecken beobachtete ich wie Taemin das Porzellan mit dessen dampfendem Inhalt leicht kippte, kurz davor die brühende Flüssigkeit über Kais Rücken zu schütten. Ein lautloser Schrei entwich meinen Lippen, doch im selben Moment rollte sich Kai zur Seite und wirkte mehr als hell wach.
 „Ist gut, ist gut, ich bin wach. Siehst du? Wach!“
 Taemin lachte jungenhaft, stellte die Tasse aufs Bett ab, damit Kai sie am Henkel ergreifen konnte. „Na also.“
 Als Taemin ging und uns ein schönes Frühstück wünschte, hatte ich ein ganz neues Bild von dem jungen Diener vor Augen. Das Tablett das er mit sich gebracht hatte, trug ich zu Bett und stellte es zwischen Kai und mich.
 „Bist du immer so am Morgen?“, fragte ich nachdem ich es mir bequem gemacht hatte und griff nach der zweiten Tasse auf dem Tablett. Diese war gefüllt mit Tee. Unverkennbar meine.
 „Ich weiß nicht was du meinst“, murrte Kai in seine Tasse hinein, während er das Getränk mit dem aromatischen Duft in großen Zügen hinunter schluckte.
 Ich verdrehte die Augen, musste aber leicht lächeln. „Natürlich.“
 Danach herrschte Schweigen, doch ich spürte förmlich wie sich die Rädchen in Kais Kopf drehten, bevor er zu formulieren wusste, was ihm auf der Seele lag. „Und sonst“, begann er vorsichtig. „Ich meine, geht es dir gut? Du weißt schon wegen der Hochzeit und...“
 Die Traube die ich gerade in meinen Mund gesteckt hatte, lag mir plötzlich schwer auf der Zunge und es fühlte sie an, als würde ich auf Steine beißen als ich versuchte den Mund frei zu bekommen. Ich versuchte zwar mir nichts anmerken zu lassen, doch Kai durchschaute meine kläglichen Versuche. Ich sah auf meine Hände hinab, von wo aus der goldenen Ring mir spöttisch entgegen strahlte. Ich hatte ihn gestern Abend vergessen vom Finger zu streifen. Ich legte die andere Hand über die beringte Hand und blickte zu Kai auf. „Mir geht’s gut und dir?“
 Der Prinz schüttelte den Kopf. „Ich hätte die Frage nicht gestellt wenn ich gewollt hätte, dass du mich belügst. Sag mir die Wahrheit.“
 Die Wahrheit war, dass ich mich noch immer elend fühlte. Auch der nächste Morgen linderte nicht den Schmerz daran, das ich manipuliert wurde, das die Hochzeit eine einzige große Lüge war und das ich Sehun aufgegeben hatte. Oder er mich. Letzteres war sogar noch schmerzhafter.
 „Kai...lass uns nicht darüber sprechen“, bat ich nun meinerseits sehr müde geworden.
 „Niemandem ist geholfen wenn wir die Sache in Schweigen begraben.“
 „Es wird sich jedoch auch nichts ändern wenn wir die Sache ausdiskutieren“, erwiderte ich und sein stoiischer Gesichtsausdruck ärgerte mich. Sah er denn nicht, dass das Thema nur Leid mit sich brachte?
 Der braunhaarige seufzte, stellte seine leere Tasse auf das Tablett und stand auf um ins Bad zu gehen. Ich sah ihm nicht hinterher als er die Türe hinter sich zu knallte.

Königlich VerliebtWhere stories live. Discover now