Kapitel 7

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Für einen kurzen Moment setzte mein Herz aus, als ich auf eine kleine Lichtung sah. Nichts von einer Quelle war zu sehen. Ich konnte mich mit dem Weg doch nicht geirrt haben...oder? Verunsichert sah ich mich um, doch ich war mir ziemlich sicher, dass sie hier hätte sein müssen.

Auf der Lichtung befand sich eine Trauerweide mit einer Bank, auf der jemand saß. Selbst von weitem konnte ich Lan Zhan erkennen. Bevor ich auf ihn losging, wappnete ich mich innerlich auf seine distanzierte Art.

"Lan Zhan." Langsam hob er den Kopf an und musterte mich. Vielleicht sollte ich einfach ihn fragen, ob es hier eine Quelle gab.

"Ihr habt hier doch eine kalte Quelle?! Aber ich kann sie einfach nicht finden." "Warum suchst du sie?" Wie jedesmal wenn er seine Stimme erhob, entspannte sich mein ganzer Körper. Lässig ließ ich mich neben ihn fallen, sodass sich unsere Oberschenkel berührten.

"Ich will sie mir angucken." Sein Blick ruhte wieder auf dem Buch, das er in einer seiner schlanken Hände balancierte. "Du bist kein Clan-Mitglied." Tatsächlich hätte ich nicht gedacht, dass es so schmerzhaft sein würde, das aus seinem Mund zu hören, doch ich schluckte es herunter und hakte weiter nach.

"Warum? Dürfen etwa nur Clan-Mitglieder sich eure Quelle angucken?" Seine braunen Augen trafen auf meine und das erste Mal hatte ich das Gefühl wieder etwas in ihnen erkennen zu können, auch wenn ich nicht definieren konnte welches Gefühl es war. Trotzdem freute ich mich.

"Ja. Nur Clan-Mitglieder." Provokativ hielt ich den Augenkontakt. Goldenen Sprenkel. Seine Augen hatte eigentlich keine goldenen Sprenkel und trotzdem fielen mir genau diese jetzt so intensiv auf. "Willst du mich dann nicht fragen, warum ich von der Quelle weiß?"

Wenn es tatsächlich eine Quelle gab und diese nur für Clan-Mitglieder war, dann wäre es unwahrscheinlich, dass sie diese Information mit anderen teilen würden. "Weil du schon einmal da warst." Mit diesen Worten schlug er sein Buch zu und erhob sich.

Also war ich tatsächlich schon einmal bei der Quelle gewesen, aber warum erinnerte ich mich dann nicht mehr an den Weg? "Aber dann kannst du sie mir ja zeigen." "Nein." "Warum?" Ich verstand es einfach nicht.

Er antwortete nicht mehr auf meine Fragen, sondern ging einfach weiter. "Lan Zhaaaan~..." Bettelte ich, doch er ignorierte mich weiterhin. Kurz vor dem Jingshi hielt er inne und richtete wieder diese faszinierenden Augen, die ich so anders in Erinnerung hatte auf mich. Seine stumme Aufforderung kam sogar bei mir an und so blieb ich dort stehen, wo ich gerade war.

Würde ich ihm ins Jingshi folgen würde er mich wahrscheinlich...keine Ahnung was er dann machen würde, aber ganz sicher nicht das, was der Lan Zhan getan hätte, den ich gekannt hatte. Seufzend musterte ich das Haus, in dem er verschwunden war. Wenn mich etwas - oder besser gesagt jemand - mehr verwirrte als die jetzige Situation, dann war das Lan Zhan.

Er sah nie zu mir, war immer distanziert und ließ sich nicht auf eine Unterhaltung ein. An sich war er wie der junge Lan Zhan in dieser andere Realität, wie ich sie mittlerweile nannte, nur noch kälter...noch unerreichbarer.

Dream and RealityWhere stories live. Discover now