Kapitel 11

377 43 6
                                    

Der Raum war abgedunkelt, sodass meine Augen einen Moment brauchten, bevor ich das Innere sehen konnte. Eine kleine Kochstelle war auf der einen und eine Bettlager auf der anderen Seite. In der Mitte des Raumes saß ein älterer Mann mit überkreuzten Beinen und musterte mich.

„Ich hätte nicht gedacht das du noch einmal hier her findest." Seine Stimme klang rau und fremd. Ich war hier schonmal gewesen? „Also erinnerst du dich nicht?" Ein tiefes Lachen verließ seine Kehle und eine Gänsehaut überkam mich.

Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, so machte der Mann mir Angst. Eine starke Yin-Energie ging von ihm aus, die etwas in mir wachrüttelte. „Ich war schonmal hier?" Der Gedanke, dass ich mich schonmal freiwillig hier aufgehalten hatte machte mir eigentlich mehr Sorgen, als die Tatsache, dass der Mann nun aufstand und sich langsam auf mich zu bewegte.

„Natürlich warst du schonmal hier. Anders hättest du nicht hierher gefunden." Er trat ins Licht und ein runzliges Gesicht zeigte sich vor mir. Ich erschrak, als ich das weiße Band des Lan-Clans sah, das er um seine Stirn trug. „Beim letzten Mal wollte ich das du mich findest und dieses Mal hast du es alleine geschafft."

Mit einem zahnlosen Grinsen musterte er mich. „Und wie war dein Traum?" Eine Gänsehaut zog sich über meinen Nacken und ich stolperte einen Schritt zurück. „Es ist faszinierend wie real es ist, nicht war?"

„Ich weiß nicht wovon Sie reden." Alles in mir schrie danach umzudrehen und so schnell wie möglich wegzurennen, doch ich konnte nicht. Wie angewurzelt stand ich da.

„Oh doch, du weißt ganz genau wovon ich rede. Das Kraut hat noch nie seine Wirkung verfehlt. Am Anfang denkst du, dass du träumst nur um festzustellen, dass du wieder zurück bist. Zurück in der Realität. Zurück aus einem Traum, der deine größten Ängste und Wünsche gleichzeitig erfüllt - eine Widerspiegelung eines Lebens, wenn nur eine Entscheidung in der Vergangenheit anders ausgefallen wäre."

Mit schwirrte jetzt schon der Kopf. „Und warum sollte ich sowas haben?" Ein wildes Funkeln schlich sich in seine Augen. „Weil du mich drum gebeten hattest." Das bezweifelte ich eigentlich ganz stark, doch ich erhob keinen Einspruch. Viel zu sehr beschäftigte mich der Gedanke, dass alles nur ein Traum gewesen war.

Ich sollte ein halbes Leben geträumt haben. Ich hatte Lan Zhan in diesem Traum geliebt...ich hatte eine Zukunft mit ihm gehabt und jetzt stand ich wieder am Anfang. Ich hatte keine Ahnung, ob das was ich fühlte in diesem Traum entstanden war oder ob ich den echten Lan Zhan mochte. Es verwirrte mich unglaublich.

„Es ist faszinierend nicht war?" Ich rührte mich nicht. „Warum sollte ich Euch darum gebeten haben?" Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ich freiwillig nach so etwas gefragt haben sollte.

„Du hattest Schlafprobleme und ich habe dir mein stärkstes Kraut gegeben." „Wusste ich von der Wirkung?" Ein irres Kichern verließ seinen zusammengefallenen Mund. „Nein, sonst hätte es ja keinen Spaß gemacht." Ich musste hier weg. Das wurde mir in dem selben Moment klar, wo er mir sagte, dass ich nichts davon gewusst hatte. Das Risiko, das er etwas ähnliches tuen könnte war zu groß.

„Ich denke, ich werde dann wieder gehen." Mit einer angedeuteten Verbeugung verließ ich rückwärts wieder das Haus, bevor ich mich umdrehte und nach dem Weg guckte von dem ich gekommen war. Doch weit kam ich nicht.

Ein dumpfer Schmerz breitete sich zwischen meinen Schulterblättern aus, als ich in mich zusammensackt und ich mein Bewusstsein verlor.

Dream and RealityHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin