Kapitel 8

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PoV. Lan Zhan

Hinter mir schloss ich leise die Tür. Erleichtert atmete ich aus und begab mich an meinen Arbeitstisch, wo sich auch meine Guqin befand. Selbst jetzt spürte ich noch die Blicke von Wei Wuxian, die sich mir förmlich in den Rücken gebrannt hatten. Seit einer Woche war er komplett anders.

Lag es daran, dass ich diesesmal mich hatte überreden lassen Alkohol zu trinken und nicht gezwungen werden musste? Schließlich hatte er mich morgens auch umarmt... Bei dem Gedanken an den folgenden Morgen und meine Entscheidung eine Regel zu brechen, belastete mich schon die ganze Woche. Ich hatte versucht mein Gewissen ins Reine zu bringen, indem ich mir die ganze Zeit gesagt hatte, dass er mich so oder so dazu gebracht hätte etwas zu trinken, doch das Wissen, dass ich eine Regel gebrochen hatte und nicht dafür bestraft worden war lastete noch schwerer auf mir.

Mein Blick fiel auf das Blatt. Es hatte sich an einer Stelle mit Tinte vollgesogen, da ich den Pinsel nicht weiterbewegt hatte. Ich mochte es nicht, dass ich in letzter Zeit so oft in Gedanken war. Oder besser gesagt, dass mich dieser Schüler aus dem YunmengJiang-Clan so ablenkte.

Seufzend betrachetet ich das Geschriebene. Ich könnte auch noch heute Abend die Hausaufgaben erledigen. Wie von selbst erhob ich mich und guckte scheu aus dem Fenster. Der Platz vor dem Jingshi war leer. Also war er schon gegangen.

Schnell wand ich den Blick ab und ging wieder zurück zu meinem Arbeitsplatz. Hastig sammelte ich die beschmierten Blätter zusammen und räumte sie weg.

Meine Gedanken schweiften zurück zu der Frage von Wei Ying. Erinnerte er sich wirklich gar nicht mehr an die Quelle?

Unangenehm zog die Kälte des Wassers mit in meinen Körper und betäubte den Schmerz auf meinem Rücken. Ein Geräusch ließ mich erschrocken herumfahren.

Dunkle Augen, die mich fixierten, schwarzes Haar, das er mit einem roten Band zusammengebunden hatte und von dem ihm zwei Strähnen locker ins Gesicht fielen.

„Was machst du hier?" Meine Stimme lang rau. Leise räusperte ich mich und wartete auf seine Antwort. „Lan Xichen hat mir gesagt, dass ich hierhin soll." Ein belustigtes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als er anfing sich auszuziehen. Heiß schoss mir das Blut ins Gesicht.

Hastig griff ich nach meinem Untergewand und zog es mir über, während ich mich ab wand, damit er die aufsteigende Röte nicht sehen konnte. Warum hatte mein Bruder ihm von der Quelle erzählt?

Ein überraschtes aufzischen ließ mich über meine Schulter gucken und ich sah gerade noch so, wie Wei Wuxian auf einer Stelle auf und ab hüpfte, während er sich fröstelnd die Arme um die nackte Brust schlang.

„Es wird wärmer wenn du still bleibst." Warf ich ihm zu, während ich mich aus dem Wasser rausbewegte. „Ich weiß, aber es ist sooo kalt." Nörgelte er rum.

Schneller, als ich erwartet hätte bewegte er sich auf einmal auf mich zu, bevor er seine Arme um mich schlang, nur um sich wieder abzustoßen.

„Du bist ja genauso kalt." Er war ganz und gar nicht kalt gewesen. Selbst jetzt spürte ich noch die Wärme, die von seinem Körper ausgegangen war.

„Halt einfach still." Ermahnte ich ihn und stapfte endlich aus dem Wasser und brachte damit wieder ein Stückchen Distanz zwischen uns.

Ein erschrockener Aufschrei ließ mich aber unmittelbar wieder herumfahren - diesmal nicht ganz so ruhig, wie es eigentliche meine Art war.

Der junge Kultivist aus dem Jiang-Clan hatte es tatsächlich geschafft auf den Steinplatten auszurutschen und war nun unter der Wasseroberfläche. Doch als er nach wenigen Sekunden nicht aufgetaucht war, stieg langsam Panik in mir auf.

Vorsichtig ließ ich mich wieder runter und tastete nach dem Gleichaltrigen. Weiche Haut traf auf meine, vom Wasser verschrumpelten, Fingerspitzen. Vorsichtig griff ich nach ihm und zog ihn aus dem Wasser. Hatte er es ernsthaft geschafft sich den Kopf aufzuschlagen?

Ein dünnes Blutrinsal tropfte über seine Stirn und ich ermahnte mich zur Ruhe. Mit ein wenig Anstrengung zog ich ihn an Land. Erst jetzt fiel mir auf, dass er nur noch die dünne Hose trug, die durch das Wasser geradezu durchsichtig war.

Sofort schoss mir wieder die Röte ins Gesicht und ich achtete darauf mich auf sein Gesicht zu konzentrieren. Mit einer Hand tastete ich nach dem erstbesten Hanfu und zog ihm diesen über, bevor ich ihn hochnahm und wegbrachte.

-

Überraschte Blicke folgten mir, als ich den bewusstlosen Kultivisten durchs Wolkennest trug, nur un schließlich bei meinem Bruder halt zu machen und ihn auf einer Liege abzulegen.

„Und wie ist das jetzt passiert?" Sein Blick blieb bei mir, oder besser gesagt bei meiner Kleidung, hängen. Verwirrt sah ich an mir herab, nur um festzustellen, dass ich nur mein Untergewand trug und mein Hanfu um den nassen Körper von Wei Wuxian geschlungen war. Na toll, ich hatte die Lage ja nur verbessert...

Dream and RealityWhere stories live. Discover now