Waldmeistereis

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Helene wurde blass.

„Ich... Wir... Das war mehr so ein Scherz als ernst gemeint. Wir wissen, dass du dein Single Leben liebst, und.... ja!" Harry lachte und winkte ab.

„Alles gut. Aber meinen Partner würde ich doch gerne erfahren!" Helene senkte den Blick und Toby schien plötzlich brennend interessiert an der Fliege, die durch den Raum flog. Dadurch wurde Harrys Aufmerksamkeit auf Draco gelenkt und er musterte ihn.

„Bist du dieser James, von dem Helene schwärmt?" Draco nickte einfach nur. Harry grinste und reichte ihm seine Hand, die Draco einfach nur anstarrte und den Blick dann wieder hob, ohne die Geste zu erwidern. All das erinnerte ihn an seinen ersten Schultag in Hogwarts, nur war er es damals gewesen, der Potter die Freundschaft angeboten hatte und Harry hatte seine Hand ausgeschlagen. Er stand ohne ein Wort auf und starrte Harry unentwegt an.

„Wieso musst du immer auftauchen und alles kaputt machen, Potter?" fauchte er und stürmte aus dem Lokal. Tränen schossen ihm in die Augen. Er drehte sich ein letztes Mal um und sah in Harrys Augen die Erkenntnis. Seine Reaktion mag vielleicht kindisch gewesen sein, doch es stimmte. Immer, wenn Harry aufgetaucht war, ging sein Leben in die Brüche. Erst in Hogwarts, wo er immer als Feind vom Auserwählten angesehen wurde und auch dementsprechend behandelt. Später dann auch in der Schlacht, die ohne ihn wahrscheinlich nie ausgebrochen wäre. Er machte Harry keinen Vorwurf, ganz im Gegenteil. Aber trotzdem war der Gedanke natürlich da. Trotzdem würde seine Mutter eventuell noch leben, wenn der Krieg nicht ausgebrochen wäre. Und jetzt auch hier in Oakstone – Er hatte Freunde gefunden, einen Job der ihm Spaß machte und fing ein neues Leben an und jetzt tauchte Potter auf. Die Wahrscheinlichkeit lag bei 99,9%, dass er noch mit Weasley und Granger Kontakt hatte. Und wenn er ihnen schreiben sollte, dass er Draco Malfoy in seinem Dorf gesehen hätte, würde Weasley tratschen. So, wie er es immer getan hatte. Und Dolohov wüsste genau, wo er war. Damit war nicht nur er, sondern auch seine Freunde in Gefahr. Potter musste einfach immer alles kaputt machen.

Und trotzdem konnte Draco es nicht leugnen: Die Gefühle für Harry, die er damals in Hogwarts gehegt hatte, waren nicht verschwunden – sie waren nur unterdrückt worden. Als er wieder in diese Moosgrünen Augen geschaut hatte, waren sie wie ein Ballon unter Wasser aufgetaucht. Schwer atmend kam Draco auf dem kleinen Markplatz an. Er lag rund drei Straßen vom Lokal entfernt. Es würde ihm schon keiner folgen. Und selbst wenn, was sollte schon passieren? Draco wusste selber, dass seine Reaktion im Lokal übertrieben war. Doch er war einfach... verzweifelt. Alleine sich das einzugestehen kostete ihm ziemlich viel Überwindung. Was sollte er jetzt tun? Sollte er überhaupt etwas tun? Er wusste nicht mehr weiter.

Vom Marktplatz bis zu seinem Zuhause war es nicht mehr weit und Draco legte die Strecke zurück, ohne sich richtig darüber bewusst zu sein, denn er war in seinen Gedanken vertieft. Er seufzte und schloss die Tür hinter sich ab. Dann machte er seinen abendlichen Kontrollgang durch alle Räume seines Hauses und legte sich dann ins Bett. Tausende Bilder huschten durch seinen Kopf. Würde jetzt alles von vorne anfangen? Würde er erneut in einer neuen Stadt neue Freunde finden müssen? Dieser Gedanke war ihm schon tausende Male durch den Kopf geschossen, doch er beunruhigte ihn immer aufs Neue. Er wusste nicht, wie er es geschafft hatte, doch er schaffte es, einzuschlafen und seinen Gedanken wenigstens für ein paar Stunden zu entfliehen.

Die nächsten Tage liefen für Draco immer gleich ab. Er stand morgens auf und machte sich ein Müsli zum Frühstück – das bekam er hin. Danach ging er zu Miss Silvers und half ihr im Laden, meistens noch über seine normale Arbeitszeit hinweg. Dann ging er nach Hause und machte sich eines dieser praktischen Fertig-Gerichte, bei denen man keine großen Kochkenntnisse brauchte. Mithilfe einer Bedienungsanleitung hatte er den Sinn eines Ofens verstanden und ernährte sich meistens von Pizzen oder Dosenessen, die er auf dem Herd (dessen Funktion er ebenfalls über eine Anleitung erlernt hatte) warm machte. Es schmeckte nicht ansatzweise so gut wie im The Deer, doch es reichte.

The DeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt