Ein Januartag

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Jetzt haben wir Ende Januar und seit Erik aus dem Trainingslager zurück ist, ist er gesundheitlich angeschlagen. Und für mich ist es immer anstrengend ihn wieder aufzubauen, obwohl ich es liebe, für ihn da zusein. Aber gleichzeitig muss ich auch noch für meine Prüfungen lernen, zwei Hausarbeiten schreiben und Freunde und Familie habe ich auch noch. Zerreißen kann ich mich auch nicht. Zum dritten Mal diese Woche bin ich auf dem Weg nach Dortmund und ich fühle mich so ausgelaugt, am liebsten würde ich drei Tage lang durchschlafen.

Während ich wie immer warte, bis Erik mir die Tür öffnet kraule ich Helmut und stelle fest, wie gut er es hat. Im Augenwinkel sehe ich, wie eine Frau auch noch in das Haus will und halte ihr die Tür auf, was sie mit einem Lächeln abnickt. Ich freue mich auch immer, wenn man mir die Tür der U-Bahn aufhält. Trotzdem kommt die Frau mir bekannt vor. Aber da bekomme ich auch schon einen Kuss von Erik aufgedrückt und werde von ihm umarmt. Ich könnte im Stehen einschlafen und lasse mich gegen ihn sinken. "Maike, was machst du hier?", höre ich ihn fragen, löse mich ein Stück von ihm und gucke ihn erstaunt an. "Milena. Ich heiße Milena", erkläre ich ihm, sehe aber, dass er nicht mich ansieht, sondern die Frau hinter mir. Die schöne Frau hinter mir, der ich selbst die Tür aufgehalten habe.

Eriks Sicht:
Erschrocken stelle ich fest, dass hinter Milena Maike steht, die gestern bei mir übernachtet hat. Zum zweiten Mal. Ich kann regelrecht fühlen, wie sich mein schlechtes Gewissen bemerkbar macht.

Abends war ich noch mit den Jungs im Club und dann war sie wieder da, genau wie letztes Mal, nur nicht so betrunken. Vielleicht ein bisschen. Und sie ist echt nett. Allerdings wollte ich sie nachts nicht wieder alleine nach Düsseldorf fahren lassen und sie hat ja schon mal bei mir übernachtet, ohne das etwas war. Warum diesmal nicht auch. Wahrscheinlich hat sie auch meinen Beschützerinstinkt geweckt. "Hey man, du hast eine Freundin", hat Marco noch zu mir gesagt, aber was ist schon dabei jemanden nicht nachts alleine draußen rumlaufen zu lassen. Kopfschüttelnd hat er mir hinterhergeguckt, als Maike und ich zusammen nach draußen sind. "Fast ein Deja Vú", kicherte Maike bei mir im Flur und hat mich durchdringend angesehen. Mit dunklen braunen Augen, ganz anders als Milenas. "Aber letztes Mal haben wir noch geknutscht, oder?", fragte sie keck und stand direkt vor mir und drückte ihre Lippen auch schon auf meine. "Nicht", habe ich ihr zugeflüstert, aber Maike hat das garnicht interessiert und sie hat mich wieder geküsst und ist langsam mit ihrer Zunge an meinen Lippen entlanggefahren, bis ich schließlich nachgegeben habe und wir rumgeknutscht haben. Mehr auch nicht. "Jetzt ist es ein Deja Vú", hat sie mir schließlich erklärt und ist im Gästezimmer verschwunden. Unglaublich, dass sie noch wusste, wo das ist.

"Ich hab mein Armband vergessen", reißt Maike mich aus meinen Gedanken und guckt wie ein Unschuldslamm. Nachdem Maike endlich weg ist, sieht Milena mich fragend an. "Sie hat hier nur geschlafen, du weißt doch, dass wir gestern feiern waren", erkläre ich ihr und gucke sie direkt an. "Okay", antwortet Milena nur und nimmt meine Hand. Ihre Hand zittert leicht, aber als ich sie umschließe scheint sie sich ein wenig zu beruhigen. Was war heute Nacht nur mit mir los? "Glaubst du mir?", frage ich unsicher nach und sie nickt nur, was mich erleichtert aufatmen lässt. Immer noch unruhig beobachte ich sie und frage mich, wieso sie heute so still ist, bis mich ein erneutes Klingeln der Tür aufblicken lässt. "Soll ich gehen?, fragt Milena leise und sieht irgendwie traurig aus. "Ich gehe schon", sage ich liebevoll und gebe ihr einen Kuss auf den Kopf und werde kurz von ihr umarmt und frage mich, wie ich auf die Idee kam, Maike gestern mitzunehmen, wenn ich so eine tolle Freundin habe. Außerdem regt sie sich überhaupt nicht auf, sondern hört mir ruhig zu. Im Gegensatz zu dem, was mir die Jungs prophezeit haben.

"Hey", begrüßt Marco mich und schlängelt sich an mir vorbei in die Wohnung. "Alles klar?", frage ich und sehe zu wie er ungeniert Richtung Küche läuft, sich aber noch kurz umdreht. "Das frage ich dich. Man nimmt nicht irgendwelche billigen Mädels mit, wenn man eine Freundin hat", fährt er mich an und ich sehe, wie Milena hinter ihm im Türrahmen auftaucht und sich daran festhält. Auch Marco scheint sie bemerkt zu haben und guckt mich schuldbewusst an. Zum Glück habe ich ihr eben alles erklärt, zumindest die Hälfte, irgendwie. "Hi", flüstert Milena und ist blass um die Nase,was auch Marco bemerkt. Sie sieht ziemlich schwach aus, sonst würde sie sich auch nicht so verkrampft festklammern. "Sollen wir dir einen Tee kochen?", fragt Marco fürsorglich und schiebt sie weiter in die Küche, während er mir noch einen bösen Blick über die Schulter zuwirft. Heute ist er aber der Moralapostel höchstpersönlich. "Ich mache das schon", rufe ich und setze schnell Wasser für sie auf und sehe, wie sie mich vorsichtig anlächelt.

"Sie sieht erschöpft aus", stellt Marco fest, nachdem Milena schon ins Bett gegangen ist und viel langsamer als sonst Richtung Schlafzimmer gegangen ist. Ohne meine Antwort abzuwarten setzt Marco zwei weitere Fragen hinterher: "Wieso hast du diese Eine gestern mitgenommen? Was war da?" Gerade er muss das fragen. Dabei schleppt Marco die meisten Frauen von uns allen ab. "Wir haben uns geküsst", sage ich ruhig und denke daran zurück. Wahrscheinlich habe ich gestern festgestellt, dass es ein riesiger Unterschied ist, jemanden zu küssen, der einem viel bedeutet oder jemanden, der nichts bedeutet. Marco sieht mich nur kopfschüttelnd an und steht auf, um in seine Jacke zu schlüpfen. "Auf einmal steht eine Frau vor dir, die alles hat. Und du merkst das garnicht", sagt er und zieht seinen zweiten Schuh an, um sich danach im Spiegel nochmals um seine Frisur zu kümmern."Wenigstens seid ihr nicht im Bett gelandet", sagt er mehr zu sich selbst, als zu mir.

Nachdem Marco endgültig weg ist beschließe ich zu Milena zu gehen. Leise gehe ich ins Schlafzimmer und lege mich zu ihr unter die Decke und betrachte sie einen Moment. Milena sieht so unschuldig und rein aus. Sie liegt so ruhig da und atmet gleichmäßig, bis sie sich zu mir umdreht und mich ansieht. Selbst in dem abgedunkelten Raum bleibt mir das Blau ihrer Augen nicht verborgen. "Du schläfst ja noch garnicht", sage ich leise und streiche ihr die Haare aus dem Gesicht, was sie offensichtlich kitzelt, denn sie muss leise niesen. Dabei hört sie sich immer an wie eine kleine Maus. Meine kleine Maus.

"Hat sie mit dir in deinem Bett geschlafen?, fragt Milena ganz ruhig und wartet meine Antwort ab. Bitte lass sie nicht sauer auf mich werden. "Nein", antworte ich wahrheitsgemäß und spüre wie Milena unsere Hände miteinander verschränkt, und ein warmer Schauer über meinen Rücken läuft. Es ist immer wieder erstaunlich, was für eine Wirkung sie auf mich hat. "Nimmst du mich in den Arm?", fragt sie ganz leise und sieht so verloren aus, wie ich sie schon ewig nicht mehr gesehen habe. Nur am Anfang, als wir uns noch kennengelernt haben. "Natürlich. Ich bin da, okay?", antworte ich ihr und sehe, wie sich ihr Brustkorb ruhig auf und absenkt.

Der Abend, der alles verändert (Erik Durm & Marco Reus FF)Where stories live. Discover now