10 ~ Störe ich?

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Ich schreckte mit einem unterdrückten Keuchen aus dem Schlaf auf. Meine Finger krallten sich tief in die Laken, bis meine Fingerknöchel weiß hervortraten, während sich mein Oberkörper ruckartig aufrichtete. Mein Herz raste und trommelte schmerzhaft gegen meine Rippen. Jeder Muskel meines Körpers war verkrampft und mein Atem war ein unregelmäßiges Flattern. Ich löste eine meiner Hände aus ihrer Starre und betrachtete stumm meine bebenden Finger. Vorsichtig hob ich sie an meinen Hals, wie um mich zu versichern, dass ich wieder frei atmen konnte. Ich konnte meinen eigenen Herzschlag spüren, der durch die Schlagader an meinem Hals pochte. Zu schnell. Zu hart. Zu panisch. Ich zog meine Hand zurück und sie fiel kraftlos auf die kühlen Laken. Schon wieder. Schon wieder, der gleiche Albtraum. Immer wieder. Würde es je enden?

Ich hob den Kopf und ließ meinen Blick durchs Zimmer schweifen. Die Sonne würde erst in mehreren Stunden aufgehen und die einzige Helligkeit im Raum stammte Tokyos nächtlichen Lichtern und dem schwachen, blassen Schimmer des Mondes, der sich zwischen dunklen Wolkenmassen hervorgeschoben hatte. Schweigend nahm ich die vertrauten Details meiner Umgebung in mich auf, ohne sie wirklich zu sehen.

Das Schlafzimmer von Kenshin und mir

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Das Schlafzimmer von Kenshin und mir. Meine Augen glitten zu den unberührten Laken zu meiner Rechten und widerstand dem Drang mit den Fingern über den leeren Platz zu streichen. Kenshin war nicht da. Wie so oft. Darüber war ich tief in meinem Inneren dankbar, auch wenn das scharfe, kalte Gefühl der Einsamkeit schmerzte. So war es einfacher und ich konnte es mir sparen eine Ausrede, eine Lüge für meinen schlechten Schlaf zu finden. Für die Albträume, von denen ich ihm nie erzählt hatte.

Da ich wusste, dass ich in dieser Nacht keinen Schlaf mehr finden würde, rutschte ich zur Bettkante. Meine bloßen Zehen berührten den flauschigen, dunklen Teppich, den ich mit drei Schritten hinter mir ließ. Eisigkalter Holzboden stach in meine Fersen, als ich zur Fensterfront trat und auf Tokyo herabblickte. Ein Anflug von Melancholie überfiel mich und ich lehnte meine Stirn gegen das glatte, kühle Glas. In dem dünnen Morgenmantel, den ich übergezogen hatte, verließen die letzten Reste Wärme rasch meinen Körper.

"Es ist Zeit, nicht wahr?", wisperte ich den Schatten in meinem Rücken zu, ohne eine Antwort zu erwarten. Ich würde nie eine Antwort erhalten. Ich war allein. Ich hatte niemanden, dem ich vertrauen konnte.

Ich trat ein Stück von der Scheibe zurück und fing mein schwaches Spiegelbild auf der Oberfläche des Glases auf. Verzehrt und im Schein der Lichter, wirkte meine Gestalt gespensterbleich und verwischt. Nur meine leuchtenden Augen wurden deutlich widergespiegelt. Pupillenlose, silberne Kreise. Mondgleich. Und doch nahm die nächtliche Atmosphäre ihnen diese Schönheit. Sie wirkten einfach nur kalt, leer.

Schweigend wandte ich mich ab und ließ meinen Blick erneut durch den Raum schweifen. Ich versuchte mich selbst zu sehen. Hoch oben über Tokyo, in einem Wolkenkratzer aus spiegelndem Glas, der einzig der High Society vorbehalten war, in einem teuren Apartment voller Luxus. Ich hatte alles, was sich so viele wünschten. Und doch stand ich hier. Frierend und allein, in einem Schlafzimmer für zwei. Schlaflos. Verlassen und betrogen. Ich hasste dieses Bild, doch zum ersten Mal konnte ich es um ein kleines Detail korrigieren.

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⏰ Last updated: Dec 05, 2021 ⏰

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𝐃𝐚𝐫𝐤 𝐀𝐧𝐠𝐞𝐥 ~ 𝐓𝐨𝐣𝐢 𝐅𝐮𝐬𝐡𝐢𝐠𝐮𝐫𝐨 𝐗 𝐎𝐂Where stories live. Discover now