Von hüpfenden Giftpilzen und brennenden Malen

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Die steinernen Stufen der sich zur Eulerei hinaufwindenden Treppe waren von einem feinen Moos überzogen, das noch vom Morgentau in hellen und dunklen Grüntönen schimmerte. Die aufgehende Sonne ließ ihre immer kühler werdenden Strahlen sanft über die Ländereien von Hogwarts tasten und spendete ein herbstlich goldenes Licht.

Harry eilte mit schnellen Schritten die Treppe hinauf und ließ dabei seinen Blick über die Laubbäume schweifen, deren Blätter bereits begannen, sich orange zu färben. Trotz der Last, die er konstant auf seinen Schultern spürte, fühlte er eine innere Erleichterung, die ihm ein zartes Grinsen auf die Lippen zauberte. Der Vorsatz, nun seinen eigenen Weg zu gehen, hatte ihm großen Halt gespendet. Wie ein eiserner Ring, der sich sowohl um sein Herz als auch um seine Seele schloss und diese vor äußeren Belastungen abschirmte; der diese vor Enttäuschungen schützte. Der Schwarzhaarige hatte keinerlei Ahnung, wo sein Weg ihn hinführen würde, doch er ließ keine Zweifel zu.
„Was habe ich zu verlieren?", murmelte er, während er durch den großen Steinbogen schritt, der ihn in die runde Turmspitze der Eulerei führte.

Hedwig plusterte ihr weißes Gefieder auf, als sie ihren Herren erkannte und flog zügig auf Harry zu, um ihn schmusend zu begrüßen. Dieser fuhr sanft mit seiner dürren Hand über die Schneeeule vor ihm und flüsterte ihr eine Entschuldigung zu. Dabei zog er ein großzügig abgerissenes Stück eines Vollkornbrötchens aus seiner Tasche, das augenblicklich von sämtlichen Bewohnern der Eulerei beäugt wurde. Hedwig krächzte freudig auf und hieb direkt mit ihrem dunklen Schnabel darauf ein. Der Gryffindor beobachtete schmunzelnd, wie sie in kürzester Zeit das gesamte Stück verputzt hatte und erwartend auf die Tasche starrte, aus der er diesen Leckerbissen gezogen hatte.

„Bist du zufällig mit Ron verwandt?", lachte Harry und strich sich seine überaus zerzausten Haare von der Stirn. Nachdem die beiden noch kurz geschmust hatten, band er den Brief an die Apotheke in der Winkelgasse um das zarte Bein von Hedwig. Diese verabschiedete sich mit einem Klackern ihres Schnabels, breitete ihre glänzenden Flügel aus und erhob sich aus einem der unzähligen Fenster der Eulerei.

Der Schwarzhaarige sah ihr noch einen kurzen Augenblick hinterher, bis sie als kleiner Punkt am Horizont verschwand. Seufzend stieg er die Treppe wieder hinab und eilte über einen schmalen Pfad durch die Ländereien zurück über den steinernen Pausenhof, der zu dieser Uhrzeit noch völlig leergefegt war. Wieder im Schloss angekommen, nahm er den kürzesten Weg, der ihn direkt in die Kerker von Hogwarts führen würde. Schnaufend erreichte er das Klassenzimmer für Zaubertränke, gerade als Millicent Bullstrode, eine gleichaltrige Schülerin aus Slytherin, die hölzerne Tür hinter sich zu ziehen wollte. Kurz überlegte diese, ob sie die Tür direkt vor dem Gryffindor zuschlagen sollte. Jedoch kamen ihr aufgeschnappte Gesprächsfetzen in den Sinn, in denen es darum ging, dass Draco ebenfalls aufgehört hatte, Potter zu triezen – und mit Draco wollte sie nun wirklich keinen Ärger riskieren. So hielt sie Harry genervt die Tür auf, der ihr verwundert ein dankendes Nicken schenkte und sich nach einem freien Platz umsah.

Die übrigen Schüler hatten sich bereits gesetzt, um die Nerven des strengsten Professors der Schule nicht unnötig zu strapazieren. Die Tische standen wie gewohnt in zwei Reihen hintereinander, an diesem Tag gedeckt mit jeweils vier Kesseln. In der ersten Reihe auf der rechten Seite saßen Ron, Hermine, Dean und Neville. Links davon war ein freier Platz, direkt neben Blaise, Draco und Pansy Parkinson, die für Snape mit ihren fettigen Haaren eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellte. In den hinteren Reihen folgten Schüler und Schülerinnen aus den Häusern Ravenclaw und Hufflepuff. Aus dieser Perspektive nahm Harry zum ersten Mal wahr, wie absurd dieses konsequente Zusammensitzen der einzelnen Häuser wirkte – letztendlich verfolgten sie doch alles dasselbe Ziel, nämlich den Schulabschluss absolvieren.

„Wenn sich Mr. Potter auch erbarmen und einen Platz suchen würde, müssten wir nicht weiterhin unnötig Zeit verschwenden, die die meisten von Ihnen, mit Verlaub, hoffnungslos untalentierten Schüler, dringend benötigen.", knurrte Professor Snape, der soeben aus einer dunkeln Nische des Klassenzimmers trat und Harry versuchte, mit seinen Blicken zu erdolchen. Dieser ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und schritt gelassen auf den freien Platz am Tisch der Slytherin zu, um sich dort niederzulassen.

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⏰ Last updated: Dec 06, 2021 ⏰

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