14 - Der Weg - Teil 3

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Er beobachtete, wie sie aufsprang und die kleinen Kerzen auf dem Kuchen verteilte und als sie seinen Blick auffing, sah er, dass sie sich darüber ärgerte, die Geburtstagskerzen verbummelt zu haben. Sie hatte es ihm perfekt machen wollen, dabei war es perfekt. Besser ging einfach nicht.

Nachdem sie die Kerzen auch angezündet hatte, gebärdete sie: „Auspusten, bitte. Und was wünschen, aber nicht verraten. Bei mir hat es gewirkt. Ich hab dieses Jahr alles bekommen, was ich mir gewünscht hatte."

Er holte tief Luft und schloss kurz die Augen, um sich einfach zu wünschen, dass er noch viele solche Tage erleben durfte, und pustete dann die Kerzen aus. Er sah in die strahlenden Gesichter um sich herum und dachte sich, dass es nicht besser kommen konnte. Er zog Emma auf seinen Schoß und drückte ihr einen Kuss ins Haar, während Uta den Kuchen endgültig anschnitt und verteilte. Perfekt. Das war es.

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Nachdem sie Kaffee getrunken und Kuchen gegessen hatten, räumten ihr Vater und ihre Mutter den Tisch ab, während Melina ihrem nicht mehr aus dem Strahlen kommenden Freund ein kleines Präsent überreichte. Der sah die beiden so überrascht an, dass ihr das Herz aufging. Das hatte er nicht erwartet. Sie hatte echt Schiss gehabt, dass er sich nicht freuen könnte. Aber damit hatte sie sich zum Glück getäuscht. Sobald er die Situation erfasst hatte, hatte ein breites Lächeln sein Gesicht erhellt und seine Augen hatten so gestrahlt, dass ihr Herz wie wild zu pochen begonnen hatte. Jetzt saß sie neben ihm und merkte ihm an, wie er sich freute. Mehr als er zeigte.

Er sagte Melina und Ben gerade, dass das gar nicht nötig gewesen sei, und diese taten den Einwand mit einem Schulterzucken ab. Er packte das Präsent aus und freute sich sehr über das letzte Album einer seiner Lieblingsbands. Sie atmete auf. Dann würden die Konzertkarten für „OneRepublic" auch nicht schlecht ankommen. Die hatte sie nämlich besorgt. Es würde ihr erstes Konzert werden und soweit sie wusste, war auch ihr Liebster nie auf einem gewesen. Diese Erfahrung würden sie also gemeinsam machen, dachte sie und beobachtete, wie ihre Mutter ihm ein Kuvert reichte. Er sah sie ebenfalls überrascht an und grinste, als ihm ein Gutschein für die Bahncard fürs Studium entgegen fiel. Die könnte er definitiv gebrauchen, sagte er und bedankte sich bei ihren Eltern. Dann reichte sie ihm das Kuvert und hielt automatisch die Luft an. Als er den Umschlag öffnete, riss er die Augen auf und sah sie ungläubig an, ehe er sich bedankte und sie zart küsste. Gefällt, dachte sie glücklich.

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Knapp zwei Wochen später hatten sie Weihnachten gefeiert. Die letzten Jahre war das für ihn ebenso wie sein Geburtstag kein Grund zum Feiern gewesen. Auch diese Tage hatte er damit verbracht, sich einzugraben und dann in Stumpfsinn zu versacken, oder er hatte gearbeitet. Er war gerne an den Feiertagen zum Dienst angetreten. Erstens hatten die Gäste immer gutes Trinkgeld gegeben und war er nicht alleine gewesen. Doch dieses Jahr sollte es anders werden. Er war überrascht, dass Emma und ihre Familie sich für die Kirche fertig machte. Es gab Gottesdienste in DGS, hatte sie ihm lachend erklärt und er hatte genickt.

‚Klar, wieso auch nicht? War eigentlich logisch, oder?', hatte er sich gemaßregelt und war ebenfalls in seine Schuhe geschlüpft.

Er konnte jetzt nicht so viel mit der Kirche anfangen, aber mit seinen Eltern hatte er auch jedes Jahr den Kindergottesdienst zu Weihnachten und Ostern besucht. Es war ihm also nicht fremd. Wie allerdings ein Gottesdienst in DGS abgehalten wurde, machte ihn dann doch neugierig. Es war schlicht ein Erlebnis gewesen. Er war zu seiner Überraschung auch nicht der einzige Hörende gewesen. Er hatte viele Eltern entdeckt, die offenbar ihrem hörgeschädigten Kind die Möglichkeit eines Gottesdienstes eröffnen wollten, selbst jedoch offenbar hörend gewesen waren. Er hatte es regelrecht in sich aufgesaugt und immer wieder die erst verunsicherten und dann erfreuten Blicke der anderen Drei aufgefangen.

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