Kapitel 55 - Ein schwerer Weg

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Die Welt war zu Ende, die Sterne explodiert und alle Hoffnung war verloren. Ich weinte nicht. Ich schrie auch nicht. Da war einfach nichts mehr in mir da. Ob es sich so nach dem Kuss eines Dementors anfühlte? Mein Körper tat, was er tun musste, um zu überleben... zu existieren. Mehr nicht. Und nichts war mehr wichtig.

Von fern her drangen Stimmen zu mir, stürmten Bilder auf mich ein. Doch sie schienen nicht das geringste mit mir zu tun zu haben. Ich saß einfach nur da und wartete auf den Tod.

"Kim, wir müssen hier weg. Ich höre Schritte. Das könnten Todesser sein." Harry rüttelte mich, versuchte sogar, mich mit Gewalt auf die Beine zu ziehen, doch ich ließ mich einfach wieder nach unten sinken.

"Geh nur. Sollen sie doch kommen", erwiderte ich leise.

"Glaubst du vielleicht, dass hätte Draco gewollt?", fragte er wütend.

Seine Wut und Dracos Name brachten den Schmerz zurück und ich verfluchte Harry Potter. Zornfunkelnd sah ich ihn an und zischte: "Geh und rette deine verdammte Welt. Du hast alles, was du dafür brauchst!"

Die Schritte waren zu nah, um noch davonzulaufen. Fluchend zog Harry seinen Zauberstab, ließ ihn allerdings erleichtert wieder sinken, als Ron, Ginny und Luna um die Ecke bogen.

"Du hast es gefunden!", jubelte Ron, während er auf das Diadem in Harrys Hand sah.

Ginny, die mit einem Blick erfasst hatte, dass etwas nicht stimmte, war sofort zu mir gerannt. "Was ist mit dir? Bist du verletzt?"

"Draco...", sagte Harry nur und die Art wie er es sagte, bedurfte keiner weiteren Erklärung.

Schockstarre bei den anderen. Selbst Ron schien um Worte verlegen, obwohl ich ihn hasserfüllt ansah und nur darauf wartete, dass er etwas sagte, das mir Grund gab, ihn anzugreifen.

"Es ist die Schlange", sagte Harry mit schleppender Stimme, als müsste er sich zwingen, weiter zu sprechen. "Sie ist der letzte Horkrux."

Ron stöhnte. "Auch das noch. Er hat sie immer bei sich, oder?"

Harry nickte. "Wir müssen sofort los. Kann jemand bei Kim bleiben?"

"Wage es ja nicht, in meiner Anwesenheit über mich zu sprechen, als wäre ich ein unmündiges Kind, Harry Potter!", zischte ich ungehalten.

Früher hatte ich geglaubt, Draco brächte die Dunkelheit in mir zum Vorschein, doch jetzt begriff ich, dass es immer schon seine Abwesenheit gewesen war. Er war das Licht gewesen und wie eine Erblindete erkannte ich das erst jetzt, da man es mir genommen hatte.

"Es gibt da noch eine wichtige Sache", mischte Ginny sich ein und sah zu Luna.

Erst jetzt, da sie vor trat bemerkte ich, dass sie eine Flasche mit einer Art silbrig waberndem Faden in den Händen hielt. "Das hat mir Professor Snape gegeben. Er wollte unbedingt, dass du es sofort zum Denkarium bringst, Harry."

"Snape?", schnappte Harry. "Warum sollte ich das tun?"

"Dasselbe habe ich sie auch gefragt", erwiderte Ron.

"Ich finde, Harry sollte sich das ansehen", sagte Ginny. "Snape hätte uns angreifen können. Was er nicht getan hat."

"Ginny, der Mann hat Dumbledore getötet", sagte Harry, mühsam beherrscht.

Ich folgte ihrer Unterhaltung voller Desinteresse. Erst bei Harrys Worten kam ich wieder zu mir. Weil sie mich an die Nacht auf dem Astronomieturm erinnerten. Und an alles, was danach kam. Sie erinnerten mich daran, wie viel jede Entscheidung zum Gelingen und Scheitern des Ganzen beitragen konnte. Wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Draco hatte sich dafür entschieden, mir zu helfen, diese Welt zu retten. Wenn ich den Plan jetzt nicht weiter verfolgte, trat ich seine Loyalität mit Füßen.

Der Zauber um Draco MalfoyWhere stories live. Discover now