Burg Liubusua

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So zog denn das polnische Heer weiter auf dem nördlichen Elbe- Ufer mit dem Strom gehend. 

Nach zwei Tagen kam auf der Gegenseite schon die Burg Meißen in Sichtweite- ein Anblick den Larno noch in Erinnerung hatte. Hier in Meißen war es, wo er sich noch einmal von seiner Liebsten verabschieden konnte- damals, als Nerin vor Jahren am Hafen hier zurück an die väterliche Burg abreisen musste und sie sich zuletzt fest umarmen konnten. 

Doch damals waren es Friedenszeiten und die Lande sicher.

Nun beherrschte Krieg und Not die Gegend und kaum ein Gedanke an die Liebste durfte hier verschwendet werden.

Die Burg Meißen auf ihrem Bergsporn gab ein unbeschreibliches Bild von der anderen Elbeseite aus gesehen. Unantastbar. Uneinnehmbar. Wie ein Adlerhorst, weit oben über dem Flusslauf der Elbe.

Und? Ja auch hier war die Elbe über deren übliches Bett hinaus in die Ebenen hinein gelaufen! Es schien sich Larno's Vermutung mehr und mehr in Gewissheit zu verändern.

Westlich von Meißen lagen die Kähne am anderen Ufer verzurrt- Kähne, die das Heer der Deutschen im üblichen Falle hätte überholen können über die Elbe. nun jedoch waren die Kähne ungeordnet dort drüben. Die Besatzungen der Boote suchten, die Kähne mit Ochsen mehr an Land zu ziehen.

Und die Polen? Ihr Heer verharrte einen Tag am anderen Ende der nassen Niederung in einem Feldlager- dort, wo es die Deutschen sahen.

Am nächsten Morgen brach man das Lager hier schnell ab und zog weiter nach Nordwesten- jetzt hinauf auf den Kamm und dort auf dem Plateau entlang. So lange, bis man sich einer riesigen Höhenburg auf dem Kamm gegenüber sah, welche zusätzlich noch von einer wiederhergestellten zweiten Burg auf einem Nebenfels über der Elbe geschützt wurde.

Burg Liubusua!

Als Larno bei diesem guten Wetter die Burg erblickte und ihre Wehrhaftigkeit zu sehen bekam, da fiel ihm unverhofft eine Geschichte ein, die ein älterer Knecht auf Burg Genea erzählt hatte, um dort die Leute bei der Arbeit abzulenken:

"...Auf einem Berg an einem wilden Flusse, vormals dicht mit Bäumen besetzt, bebauten Riesen den Berg und gründeten dort eine Burg, die sie nach einem Bache, der nördlich von derselben fließt nannten. Als die Riesen verschwanden, so blieb deren Burg. Und der König nahm sich die Burg als die seine- und mit einer Besatzung und Festungswerken, wie sie jetzt üblich sind, versah er die Burg als fest Heimstadt. Von da aus unterwarf er die Umliegenden und zwang sie ihm Zins zu zahlen. Der König fühlte sich sicher in der Burg der Riesen. Doch die Leute waren die Not und der Steuern überdrüssig. Man wollte den König vertrieben sehen. Auch die Burg der Riesen belagerten die Leute lange und brachte die Einwohner, nachdem der König heimlich geflohen waren, zur Übergabe. Die Burg aber wurde von jenem Tage an, wo sie nach Verdienst mit Feuer zerstört wurde, nicht wieder bewohnt. Wenn der boshafte, feige König aber während seiner Regierung, wie viele behaupten, hier unrechtmäßiges Besitztum an sich gerissen hat, so möge ihm Gott in seiner Gnade verzeihen. Dieser Besitz ging an der Burg der Riesen verloren!"

Da man die Burg der Riesen erwähnte seinerzeit- hier hatte man das Gefühl, dass Burg Liubusua an vielen Textstellen des Erzählung des alten Mannes das Urstück war und Modell gestanden haben muss.

Ein kompletter Bergkamm - hoch über der Elbe und zu Teilen mit sehr felsigen Steinabbrüchen zur Elbe hin- bebaut und von langen Palisadenzäunen umschlossen, die auf einem hohen aufgeschütteten Wall spitz dem Himmel zugewandt waren. Ein großes Torhaus war leicht zurück gesetzt in dieser Palisade. Seine Einnahme war unter Opfern möglich. Drinnen mehrere Häuser- viele Menschen. Einige drängten in den hinteren Bereich der Burg, wo ein zweiter Wall zu erkennen war. Doch ging es nach der Senke indem Plateau wieder leicht aufwärts zu dem hinteren Wall und dortigem Torhaus. Allerdings verlor sich der Blick darauf, was wohl dahinter kam. Etwas tiefer liegend und auch abgesetzt lag dort das eigentliche Herz der Burg Liubusua- die nördliche Kernfeste der Burg, welche nur über einen schmalen Pfad durch Tal und einen Bach erreicht werden konnte. Der Bach war zugleich die Wasserquelle für die Burg.

Larno - Wege zur WahrheitWhere stories live. Discover now