Reise nach Ostrow

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Die Weiterreise ging nunmehr zur Herzogenburg Ostrow im Lednica- See, eine Rückreise für den Sohn des Herzogs, eine Reise ins Ungewisse für Nerin und Stanielub. Da sich der in Geleit befindliche kleinere Tross auf festen Straßen bewegen konnte, kamen sie zügig voran.

Nerin hatte sich mit Kontakten bereits zu Bischof Heico zurückgehalten, nur einmal dessen Einladung zum Abendmahl auf der Reise angenommen. Ähnlich verhalten gab sie sich nun auch gegenüber Herrn Miezko Lambert.

Auf der Reise zur Burg Ostrow war auch Posen zu passieren. Hier wollte Herr Miezko wenigstens eine Übernachtung haben, bevor es weiterging. Die Stadt kam um die Mittagsstunde bereits in Sicht.

Hier war es auch, wo sich der Sohn des Herzoges erstmals zu Pferde neben die langsam dahinfahrende Kutsche seiner Schwester kam und das Gespräch suchte.

„Gute Dame?", sprach Miezko, sein Pferd zügelnd und auf gleicher Höhe der Kutsche haltend. „Gute Dame? Hört ihr mich? Könnt ihr mich verstehen?"

„Ja, junger Herr. Ich kann Euch verstehen. In eurer Schwester Prinzessin Reglindis Begleitung hatte ich auch polnisch zu reden.", antwortete Nerin durch das verhangene Fenster der Kutsche nach draußen.

„Sehr gut! So berichtet mir bitte von Reglindis. Auch mir stand sie nahe. Geht es ihr gut? Steht ihr der Ehebund mit Hermann von Meißen so, dass sie damit auskommt?"

„Herrin Reglindis ist über die Ehe zu Herrn Hermann sehr glücklich. Dies ist nicht nur versichert von ihr, man kann es ihr auch ansehen. Doch wünscht sich eure Schwester vielleicht mehr ruhige Zeit mit ihrem Gemahl. Sie müssen viel reisen und sind zuweilen, wie auch derzeit, ab und an auf verschiedenen Wegen und Orten unterwegs."

„Reglindis war schon immer auf Reisen. Das brachte unser Leben mit sich. Mein Vater war ebenfalls oft unterwegs."

„Ich verstehe, mein Herr."

„Der Bischof sagte mir, ihr seid Dienerin von Reglindis an der Burg Strehla zuletzt?"

„Ja, Herr."

„Ward ihr auch schon dort, als meines Vater Heer den Ort brandschatzte?"

„Nein."

„Ich habe auch nur davon gehört. Vater brachte viele Leute von dort mit nach Polen- als Gefangene. Die Burg jedoch blieb seinerzeit verschont, da sie im Besitz von Reglindis war. In seinem Zorn hat er sich daher gezügelt, auch die Burg anzünden zu lassen."

„Ich vermag es nicht, darüber zu urteilen, Herr. Es steht mir nicht zu.", gab sich Nerin zurückhaltend.

Miezko Lambert fragte weiter. „Wisst ihr, junge Dame, meiner Mutter ist auch sehr daran gelegen, etwas über Reglindis zu erfahren. Denkt ihr nicht, dass es ein durchtriebener und falschzüngiger König wie Heinrich II. vielleicht in den Sinn kommen könnte, dies zu seinem Vorteil zu nutzen und Unfrieden zu schaffen?"

Nerin bemerkte einen scharfen und auch unangenehmen Beigeschmack der Worte des Herzogssohnes. Auch wenn sie nicht antworten wollte, so hatte sie das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. Doch sollten ihre Worte von dem unterschwellig gemachten Verdacht weglenken.

„Ihr denkt, der deutsche König macht falsche Versprechen? Mein Herr, habt ihr nicht gerade erst vor zwei Tagen einen Vertrag mit seinem Siegel erhalten?"

„Einer Dienerin meiner Schwester sollte wohlbekannt sein, dass man sich in Zurückhaltung und Ergebenheit gegenüber höhergestellten Personen zu üben hat. Und einer schlichten Dienerin sollte es- schon ihres gering zu schätzenden Platzes- nicht erlaubt sein, derlei Abwägungen in den Raum zu stellen! Also? Wer seid ihr wirklich?", sprach Miezko fordernd. „Kutscher? Ihr haltet mir sofort den Wagen an! Sofort!"

Larno - Wege zur WahrheitWhere stories live. Discover now