Erstaunen

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Der deutsche Edelmann schien entsetzt. Einerseits über das geschehene Gemetzel des Hinterhaltes der Polen - darüber hinaus auch, dass der bereits zum Todesschuss entschlossene Bogenschütze mit seinem finsteren Blick letztlich doch den Pfeil nicht abgeschossen hatte.

Doch das allergrößte Entsetzen des Ritters spiegelte sich wieder, als Larno ihm von Angesicht zu Angesicht ansah und ihn aufforderte, sich nicht zu rühren.

Die Lichtung war vom Siegesgeschrei der polnischen Leute erfüllt.

Larno lief hastig zu seinen Kämpfern zurück, blickte auf die geschundenen toten Körper der umherliegenden Deutschen und ihrer Schlachtrösser. Hier gab es nichts mehr zu kämpfen! Larno steckte sein blutgetränktes Schwert zurück in die Scheide.

Inmitten der Leute sah er hastig in die Gesichter seiner Männer. Alle schienen erleichtert über den Ausgang des Kampfes.

„Sind alle Wohlauf?", fragte Larno laut in die Runde. „Haben wir Verluste?"

Alle sahen sich gegenseitig kurz an, auch die Nebenmänner. Einer der Speerträger zeigte seinen Nebenmännern eine klaffende und blutende Wunde am Arm, die wohl von einem Schwerthieb stammte, jedoch nicht sehr tief schien. Dann besahen sich alle die Toten am Boden- nur Deutsche lagen dort.

„Keiner?", fragte Larno lautstark in die Runde der siegberauschten polnischen Krieger.

Wieder sahen sich alle an.

„Keiner, wie es den Anschein hat!", sprach Graf Biedrow - fast ungläubig über diesen glücklichen Umstand.

„Keiner also?", fragte Larno nochmals.

„Wohl Keiner, Herr! Jedenfalls nicht auf unserer Seite.", bestätigte nun einer der Fußkämpfer- immer noch sehr aufgewühlt vom Kampf.

Larno schien ein Stein vom Herzen zu Fallen.

„Gut! So ist es gut Männer!", bestätigte Larno und begann sofort mit klaren Kommandos die Leute zu verteilen: „Gut! Dann ihr zwei- zu Pferd an den Waldrain dort hinten an der Aue. Ich muss wissen, ob noch mehr kommen, ob sie uns nachsetzen oder mit Verstärkung kommen. Ihr dort- nehmt deren Waffen! Alles, was zu tragen geht! Ihr durchsucht die Pferde. Jetzt heißt es schnell davon zu kommen, bevor sie zur Besinnung gelangen. Und Biedrow? Ihr kommt mit mir! Nimm dein Pferd mit, falls wir schnell wegmüssen!"

Larno lief nun hastig zurück zu dem Ritter, der dort eingeklemmt unter dem toten Pferd lag und winkte von dort den Grafen Biedrow heran.

Biedrow führte sein Pferd heran und stellte es neben das Pferd von Larno. Dann ergriff er auch die Zügel von Larno's Pferd und brachte beide Rösser noch näher heran. Die Pferde schnaupten von der Aufregung ebenfalls, waren aber nun etwas ruhiger.

Larno unterhielt sich augenscheinlich mit dem Deutschen. Was gab es da zu besprechen?

Biedrow machte einen langen Hals, um sich den deutschen Ritter unter dem Pferd anzusehen.

Der Deutsche hob hastig seine Arme in die Luft- wohl aus Angst, ihm könnte nun doch noch etwas widerfahren.

„Keine Sorge! Der Kampf ist vorbei! Deine Leute werden Dich schon holen!", sprach Larno ruhig auf den eingeschüchterten Ritter ein.

Biedrow war irritiert, was seine Mimik auch offen zum Ausdruck brachte.

Larno erklärte sich mit einem verhaltenen Lächeln seinem polnischen Freund und Waffengefährten: „Komm näher Biedrow. Darf ich dir vorstellen? Ritter Lukas von Draburg - meinen Halbbruder und Bruder vor Gott!"

Als Graf Biedrow vernahm, dass dieser Ritter mit Larno verwandt sein soll, bemühte er sich noch intensiver, sich das Gesicht des Mannes unter der eisernen Kettenmaske anzusehen, wenngleich dieser Mann wohl wenig Ähnlichkeit mit Larno hatte. „Dein Was? Dein Halbbruder? Wie soll ich das verstehen, Larno?"

Larno - Wege zur WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt