41) Mehrere Point of Views

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Wer gerne Fantasybücher liest, dem wird schon des öfteren die Erzählperspektive des mehrfachen Erzählers begegnet sein. Dies bedeutet, dass eine unterschiedliche Anzahl an Personen, auf jeden Fall mehr als zwei, jeweils aus ihrer Sichtweise erzählt und so die Geschichte vielschichtiger, verwobener und spannender macht und im besten Fall für den Leser einen Mehrwert bietet. Wie bekommt man es jedoch hin, diese Königsdisziplin mehrere Erzähler unter einen Hut zu bringen, zeitlich richtig anzuordnen, verschiedene Schreibstile zu vereinen, etc. zu meistern?

Organisation ist alles
Das wichtigste bei vielen Erzählstimmen, je mehr desto schwieriger wird es natürlich, ist, dass man als Autor, der ja die Fäden gewissermaßen in der Hand hält, den Überblick behält und zu jedem Moment weiß, was passiert. Da viele Erzähler, auch viel verlangt ist, sollte man, bevor man überhaupt ein Wort schreibt, erst einmal gründlich planen. Erstellt Charakterlisten, mit denen ihr eure Charaktere ausarbeitet, kennenlernt und charakterisiert. Mehr dazu findet ihr in Kapitel 2.
Abgesehen davon, solltet ihr auch die Handlung genau planen. Vielleicht sagt ihr euch, ihr schreibt lieber spontan und seid keine Plotter, aber es wird nur hilfreich für euch sein, eine Übersicht über die Handlung zu haben. Ansonsten wächst euch schnell alles über den Kopf! Die Handlungsausarbeitung muss dabei auch gar nicht allzu detailliert sein. Das wichtigste ist, dass ihr für jede Figur aufschreibt, was ihr passieren soll, welchen Konflikten sie begegnet und wie sie diese löst. Wenn man weiß, welche Aufgabe welcher Person zugeteilt ist, kann man anschließend ihre Handlungen für ihren Erzählstrang runterbrechen und in kleinere Teile einteilen, die dann später die einzelnen Kapitel mit den individuellen Point of Views sind.

Übung macht den Meister
Wenn ihr gerade an eurer ersten Geschichte sitzt, und beschließt, dass es eine Geschichte mit mehreren POVs sein soll, dann fragt euch wirklich, ob ihr euch das zutraut.
Zwei Erzählstränge sind das Minimum beim mehrsträngigen Erzählen, aber erfordern auch schon etwas Übung und Geschick. Von daher kann ich nur empfehlen, sich langsam heranzutasten und nicht gleich mit fünf verschiedenen POVs loszulegen. Je mehr ihr übt, desto sicherer werdet ihr, also fangt erst mit wenigen POVs an und steigert euch dann langsam.

Das Ende zuerst planen
Was auch eine gute Strategie ist, das Ende zuerst zu planen. Es mag komisch klingen, da man logischerweise immer mit dem Anfang beginnt, aber gerade beim vielen Erzählern ist es ein Kennzeichen des guten Plottens, wenn am Ende alle Erzählstränge zusammenlaufen und Sinn ergeben. Nun kommt es natürlich darauf an, was für ein Genre euer Buch ist. Ist es ein Jugendbuch mit Krimianteil und mehreren Erzählern, die alle der Mörder sein könnten, löst es sich am Ende so auf, dass man als Leser nachvollzieht, wieso wer verdächtigt wurde, wer zur Tatzeit wo war und wieso dieser Charakter dann letztendlich der Mörder ist. Bei einem Science-Fiction- oder Fantasybuch ist es oft der Fall, das die Stränge am Ende zusammenführen und sich alle Figuren an einem Ort treffen. Dort findet dann der finale Kampf beziehungsweise das Aufeinandertreffen statt.
Wenn man also die Endsituation bereits am Anfang klar vor Augen hat, hilft das ungemein, die einzelnen Handlungsstränge so hinzubiegen, dass sich am Ende alles logisch verbindet.

Charaktere so unterschiedlich wie möglich halten
Um möglichst verschiedene Erzählstimmen hinzubekommen und es zu schaffen, jeden Erzähler individuell sprechen zu lassen, hilft es, die Figuren so unterschiedlich wie möglich zu charakterisieren. Schreibt ihr aus der Perspektive von Max, der extrovertiert und laut ist, und von Tim, der extrovertiert und extrem laut ist, passiert es leicht, dass sich beide gleich anhören, der Leser durcheinander kommt, sie verwechselt, etc. Wenn aber sagen wir fünf total individuelle, ganz unterschiedliche Figuren erzählen, fällt es dem Leser nicht nur einfacher, einen Charakter zu finden, mit dem er sich identifizieren kann, sondern er wird auch die Geschichte spannender finden, da die Personen interessant sind. Man muss natürlich nicht übertreiben und die Figuren komplett überzeichnen, aber es hilft, sie so unterschiedlich wie möglich zu gestalten.
Dies bezieht sich auch auf ihre Beziehung zueinander. Es kann reizvoll sein, von vier Freunden aus vier Perspektiven zu berichten, wenn diese sich beispielsweise vieles verschweigen. Genauso gut kann es aber auch sein, von vier Personen aus zu erzählen, die in der Geschichte kaum Kontakt miteinander haben oder sogar nicht mal in der selben Stadt wohnen. Solange es Sinn ergibt, warum gerade diese Figuren es wert sind, gehört zu werden und ihren Teil der Geschichte zu wissen, ist alles erlaubt. Es gibt jedoch nichts schlimmeres, als Bücher, bei denen einige POV völlig überflüssig erscheinen, den Leser langweilen und so weiter. Das gilt es definitiv zu vermeiden! Nur weil eine Person vielleicht ein Hauptcharakter ist, braucht sie nicht zwingend einen eigenen POV. Es kann genauso gut die kleine Nebenfigur sein, die sonst nur am Rand erwähnt wird, aber eigentlich ein verdammt interessantes Leben hat.

Ich hoffe, dieses Kapitel war hilfreich für euch! Nun ist es ja schon eine ganze Weile her, dass ich dieses Buch geupdated habe, aber es werden noch weitere Kapitel folgen, denn ich habe noch einige wissenswerte Tipps für euch! :)
Schreibt gerne weitere Kapitelwünsche in die Kommentare und natürlich auch gerne eure Tipps zum Thema mehrere Point of Views!

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