Kapitel 44

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Peter

Peter stand in der Mitte seines Ankleidezimmers und betrachtete das Chaos um ihn herum. Auf dem Boden lagen verschiedene Kleidungsstücke verstreut. Seine Mutter hatte ihm Diener geschickt, die sich um ein angemessenes Aussehen kümmern sollte, doch Peter hatte sie empört fortgeschickt.

Er hatte seine eigene Vorstellung, was angemessen war.

Allerdings konnte er sich nicht entscheiden. Was war die perfekte Kleidung für den skandalösen Anlass des Abendessens? Sollte er dort lieber unauffällig erscheinen, oder schillernd?

Er hielt verschiedene Hemden vor sich und sah seine Hosen, Vesten und alles andere durch. Schließlich entschied er sich für eine Mischung aus unauffällig und schillernd. Er zog eine graue Stoffhose, ein weißes Hemd und eine graue Veste mit Knöpfen aus Perlmutt an. Dazu natürlich die Kette seiner Schwester. Glänzende Schuhe durften nicht fehlen. Sein Haar band er mit einem silbernen Schleifenband zusammen, da es nun endlich lange genug dafür war. Zufrieden betrachtete er sein Spiegelbild und machte dann noch ein paar seiner eigenen Armbänder um.

Perfekt!

So konnte er sich sehen lassen.

Es war genug, um seine Eltern zu verärgern, aber zu wenig, dass sie ihn versuchten zu zwingen, etwas anderes anzuziehen. Und seine Wahl war schillernd genug, um bei dem skandalösen Besuch einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen.

Den Rest seiner Kleidung ließ er auf dem Boden liegen. Diener würden es später aufräumen. Dann war es Zeit für das Abendessen. Seine Eltern erwarteten ihren Gast im Esszimmer, wo sie bereits Platz genommen hatten. Beide waren in Schwarz gekleidet. Seine Mutter trug zu ihrem schwarzen Kleid blutroten Schmuck und sie hatte ihre Haare zu einem strengen Dutt hochgesteckt.

Als Diener ihren Gast hereinbrachten hätte Peter ihn beinahe mit offenem Mund angestarrt. Er war Friedrichs Ebenbild, nur dass sein Haar rötlich war und nicht dunkelbraun, wie das Haar seines Vaters. Die Augen seiner Mutter verengten sich und sie warf ihrem Mann einen giftigen Blick zu, bevor sie ihren Gast an den Esstisch bat.

„Vielen Dank, dass Ihr mich eingeladen hat", sagte der junge Mann mit einem freundlichen Lächeln. „Vielleicht sollte ich mich vorstellen?" Er verbeugte sich tief, bevor er sich an den Tisch gegenüber von Peter setzte und musterte die Familie mit dem Blick einer lauernden, giftigen Schlange.

„Sicher. Das wäre ein guter Anfang", zischte die Königin. Sie versuchte nicht einmal ihre Wut zu verbergen.

„Meine Mutter hat mich nach meinem Großvater und meinem Vater benannt. Ich heiße Torsten Friedrich Neu. Meine Mutter ist Anneliese Neu, die bis vor kurzen hier gearbeitet hat. Ich bin bei meinem Onkel aufgewachsen, da meine Mutter mich, durch ihre Arbeit hier, nicht selbst aufziehen konnte." Torsten lächelte Peters Eltern selbstgefällig an.

„Anneliese? Dieser Name ist mir nicht bekannt...", sagte die Königin. Im Schloss arbeitete sehr viel Personal, daher war es unmöglich alle Namen zu kennen. Dennoch betonte sie dies übertrieben. Als ginge es um eine unwichtige Person. Aus der Sicht seiner Mutter war sie dies vermutlich auch.

Peter betrachtete seinen Halbbruder, denn das war er eindeutig. Torsten war ihm unsympathisch. „Das war sicher schwer, nicht bei der eigenen Mutter aufzuwachsen?"

Torsten fixierte Peter mit seinen Augen, als wäre er eine Maus, die Torsten fressen wollte. „Nein, die Familie meines Onkels war immer freundlich zu mir, doch er ist vor einigen Monaten verstorben... Meine Mutter hat mir erst vor kurzem erzählt, wer mein Vater ist. Sonst hätte ich früher Kontakt zu Euch aufgenommen. Ich wollte immer wissen, wer mein Vater ist."

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt